Die Kinder sind immer die Spulen von Männern mit einem großen Ego

Die Kinder sind immer die Spulen von Mannern mit einem
Joost Zaat

Das Bild auf einem der ersten Fotos aus dem Ukrainekrieg verschwindet nicht von meiner Netzhaut: In einem Luftschutzkeller stehen zwei Reihen Mädchen, die Hände um die Knie geschlungen. Einer trägt grüne Socken, eine Farbe, die an alte Trabants erinnert, gesprenkeltes Braun, altmodische Schuhe. Würden sie noch leben? Sind ihre Mütter, Großmütter und Tanten noch da? Und ihre Väter und Onkel, kämpfen sie? Haben sie Brot? Wurde ihre Umgebung bereits in eine Mondlandschaft gebombt? Würden sie ihren kleinen Schwestern und Brüdern Lieder vorsingen? Vielleicht singen sie ein Kindergedicht dazu Osip Mandelstamauch wenn das ein polnischer Russe war, der vom früheren russischen Diktator ermordet wurde:

„Mit mir auf dem Mond

Isst du jeden Tag Waffeln,

Prinzessin, komm mit

An meinen Waffeltischen!

Es gibt kein Brot auf dem Mond,

Aber Waffeln jeden Tag!‘

(Osip Mandelstam. Übersetzung Robbert-Jan Henkes)

Es sind immer die Kinder, die die Spulen von Männern mit einem großen Ego und einer Sehnsucht nach Zeiten sind, die nie da waren. Es sind immer Menschen ohne Stimme, die in verrückten Plänen zerstampft werden. Dort, in Syrien, Afghanistan, im Jemen, in der Sahelzone … Und ja, obwohl das Ausmaß ganz anders ist, passiert es auch hier. Unsere Ego-Menschen haben in den vergangenen Jahrzehnten keinen Krieg geführt, aber sie haben Sozialhilfesysteme, Bildungsreformen, Dezentralisierungen der Jugendfürsorge, Teilhabegesetze erdacht.

Diese führen auch zu einem kaum aufzuholenden Leben von Kindern in geschlossenen Jugendeinrichtungen, bei Kindern aus der Kindergeldaffäre, den 220.000 Kindern, die in Armut aufwachsen, Kindern mit fehlerhafter Schulberatung. Dieser Nachteil wirkt sich auf ihre Gesundheit und ihre Lebenserwartung und später sogar auf die ihrer Kinder aus.

Nächste Woche könnt ihr abstimmen und euren Kindern eine Stimme geben. In Kommunen geht es nicht um Krieg oder Pandemie (nicht vergessen, es gibt noch eine), sondern um Jugendhilfe, Bildung, Wohnungs- und Armutspolitik. Ich habe mir die Wahlleitfäden einiger Gemeinden angesehen, in denen ich manchmal als Hausarzt arbeite. Diese Äußerungen betrafen zwar Zwarte Piet, Feuerwerksverbote, ob Boas verwendet werden sollten oder nicht, Ladenöffnung am Sonntag, eine autofreie Innenstadt, Windmühlen, eine Fähre.

Und hier und da gibt es auch eine Aussage zum Zuverdienen im Sozialhilfegesetz und Geld für die Jugendpflege (nicht mehr zahlen, als die Kommune vom Staat bekommt). Mein Appell hier vor ein paar Wochen, dass die Kommunen Politik für die Grundversorgung und die öffentliche Gesundheit machen sollten, war nicht so einflussreich, dass er zu einer Position in den Abstimmungsleitfäden führte. Und Bildung wurde auf ein Schulessen reduziert. Es bleibt kaum etwas anderes übrig, als den ganzen Schnickschnack in den Wahlleitfäden zu entfernen und zu schauen, welche Parteien in Ihrer Gemeinde tatsächlich für die Zukunft Ihrer Kinder planen. Alle Ego-Männer abwählen.

Mein Sohn schickte ein Foto meiner Enkelin, die den Sonnenuntergang in ihrem tropischen Meer beobachtete. Inmitten unendlicher Sorgen und Ängste werde ich mich vorerst mit diesem Hoffnungsschimmer begnügen.

Joost Zaat ist Allgemeinmediziner



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