Wichtigste Maßnahme zur nachhaltigeren Gestaltung des Luftverkehrs scheitert: Beimischungspflicht von 14 Prozent vom Tisch

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Ein KLM-Flugzeug füllt sich mit Kerosin.Bild ANP

Die Bedeutung von nachhaltigem Kerosin, auch bekannt als nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) kann kaum überschätzt werden. Die Luftfahrt muss nachhaltiger werden, doch das Fliegen mit Batterien oder Wasserstoff ist vorerst keine Option. Flugzeuge, die jetzt vom Band laufen, verfügen immer noch über Düsentriebwerke, die Kerosin verbrennen. Das Mischen von SAF mit normalem Kerosin ist daher der einfachste Weg, Umweltvorteile zu erzielen.

Im Jahr 2019 schloss die Regierung eine Vereinbarung mit der Luftfahrtbranche ab. Daraus ergäbe sich eine Beimischungspflicht von 14 Prozent SAF im Jahr 2030 – dies im Rahmen des Pariser Klimaabkommens. Die CO2-Emissionen in den Niederlanden müssen bis 2030 auf etwa 11 Megatonnen pro Jahr reduziert werden. Für die Zukunft hatte das Kabinett noch größere Ambitionen: Im Jahr 2050 müssten in den Niederlanden nur noch SAF betankt werden. Diese Maßnahmen würden die Niederlande zu einem „Vorreiter in Europa“ machen, sagte das Ministerium.

Über den Autor
Ashwant Nandram ist Wirtschaftsredakteur von de Volkskrant. Er schreibt viel über Luftfahrt und Schiene. 2020 gewann er den Journalistenpreis de Tegel.

Nun scheint es, dass das Kabinett auf die Maßnahme verzichtet. Die Niederlande verlangen von Fluggesellschaften ab 2030 nicht mehr, 14 Prozent nachhaltiges Kerosin zu verwenden, sagt ein Sprecher des Ministeriums für Infrastruktur und Wasserwirtschaft (I&W). de Volkskrant. Diese Entscheidung wurde Ende April auf Geheiß der Europäischen Kommission getroffen. Europa hat kürzlich eigene Maßstäbe, die weniger progressiv sind. So müssen Airlines im Jahr 2030 nicht mit 14 Prozent, sondern nur noch mit 6 Prozent SAF tanken.

Die Niederlande sollten nicht zu schnell vorgehen, sagt ein Sprecher der Kommission. „Es muss eine geben gleiche Wettbewerbsbedingungen Sind.‘ Das Kabinett kann jedoch „nach anderen Wegen suchen, um die Produktion und Verwendung von SAF zu fördern“.

Werden die Niederlande das Klimaziel von 11 Megatonnen CO2 im Jahr 2030 noch erreichen? Dazu will das Ministerium nichts sagen. Stefan Grebe, Forscher am CE Delft, nennt die Machbarkeit „zweifelhaft“. Das wird nun hauptsächlich von der Kapazität von Schiphol abhängen. „Schiphol wurde vom Kabinett angewiesen, die Anzahl der Flüge auf 440.000 zu reduzieren.“ Wenn das passiert, werden auch die Emissionen sinken. Dann erreichen wir die CO2-Ziele auch ohne die 14-Prozent-Beimischungspflicht.“ Allerdings ist es noch lange nicht sicher, dass der Flughafen schrumpfen wird.

Das Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft gibt an, weiterhin 14 Prozent anzustreben. Sie hofft beispielsweise, dass die Fluggesellschaften aus eigenem Antrieb nachhaltigeres Kerosin nutzen. KLM und Transavia sagen, dass sie es tun werden; im Jahr 2030 werden sie „weltweit 10 Prozent SAF“ befeuern. Andere Unternehmen sind zurückhaltender.

Easyjet sagt, es werde „auferlegte SAF-Vorgaben“ befolgen. Corendon gibt an, dass die Menge an nachhaltigem Kerosin, die es verwenden wird, „von der Gesetzgebung, der Verfügbarkeit und den Kosten von SAF abhängt“. Vor allem Letzteres bremst die Nachhaltigkeit des Sektors: Das günstigste SAF ist zwei- bis dreimal so teuer wie normales Kerosin. TUI konnte nicht antworten.

Der ehemalige Minister Lodewijk Asscher, Vorsitzender des Sustainable Aviation Table – einem Beratungsgremium zwischen der Regierung und der Luftfahrtindustrie – bezeichnet die Abschaffung der 14-prozentigen Beimischungsverpflichtung als „sehr schlechte Nachricht“. „Hier geht es um den wichtigsten Weg, den CO2-Ausstoß zu reduzieren.“ Wir sollten nicht langsamer werden, sondern beschleunigen. „Die Dringlichkeit wird eher größer als kleiner.“

Dennoch seien die europäischen Standards ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, sagt Rico Luman, Verkehrsökonom bei ING. „Kraftstoffproduzenten zögern seit Jahren, größere Investitionen in SAF-Anlagen zu tätigen. Schließlich ist der Einsatz noch nicht verpflichtend. Die Industrie kann derzeit 1 Prozent des weltweiten Kerosinverbrauchs decken. „Wir hoffen nun, dass wir schnell wachsen können, um der künftigen Nachfrage gerecht zu werden.“

ZWEI ARTEN VON SAF

Es gibt zwei Arten von nachhaltigem Kerosin. Das erste – und derzeit beliebteste – ist Biokerosin. Es wird aus Bratfett und tierischen Fetten hergestellt. Es ist relativ erschwinglich: „nur“ zwei- bis dreimal so teuer wie Kerosin. Allerdings ist das Fliegen mit Biokerosin im großen Maßstab unmöglich: Es gibt viel zu wenig Biomasse.

Das vielversprechendste SAF ist synthetisches Kerosin. Es ist sogar sauberer als Biokerosin und man kann endlose Mengen davon herstellen. Das Problem: Man braucht nachhaltige Energie, etwas, das fast jeder Sektor nutzt. Zudem ist es etwa siebenmal so teuer wie Kerosin. Noch sind Produktionskapazitäten für synthetisches Kerosin kaum vorhanden.



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