Stiftung Verstappen aan Zee vs. Rust aan de Kust: „Kritik an F1 wird in der Kirche in Zandvoort beschimpft“

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Zandvoort wird erneut von der Formel 1 dominiert. Der Fußballverein Terrasvogels in Santpoort hat die Felder in einen Campingplatz umgewandelt, um das Vereinsbudget aufzubessern. Naturliebhaber prangern den „verdammten Lärm“ an.

Robert Misset

Trotz eines Regengusses meldeten sich an diesem Donnerstagmorgen zwei italienische Frauen strahlend in der Cafeteria des Fußballvereins Terrasvogels in Santpoort-Süd. Nicht um dort Fußball zu spielen, sondern um auf dem vom Verein eigens für Besucher des Formel-1-Wochenendes in Zandvoort eingerichteten Campingplatz einzuchecken.

Den beiden Italienern wird auf dem Feld 2 des Amateurclubs das „Racetent“ 82 für zwei Personen zugewiesen. Er hofft, an diesem Wochenende ein Stück vom Wahnsinn um Weltmeister Max Verstappen abzunehmen. Von Freitag bis Sonntag besuchen täglich 105.000 Zuschauer die Rennstrecke von Zandvoort. Im Dorf selbst ist es nahezu unmöglich, eine bezahlbare Unterkunft zu finden.

Über den Autor
Robèrt Misset ist Wirtschaftsreporter für de Volkskrant und schreibt hauptsächlich über Einzelhandel und Gastronomie. Zuvor war er mehr als dreißig Jahre lang als Sportreporter tätig.

Letztes Jahr hat Terrasvogels mit einem Experiment für 150 Besucher die Gewinnschwelle erreicht. In diesem Jahr sind bereits bei der dritten Auflage des F1-Rennens in Zandvoort alle hundert Zelte für 310 Fans ausverkauft. Damit hofft der Verein nun auch etwas zu verdienen. Vorstandsvorsitzender Paul Vessies träumt bereits von 5.000 bis 10.000 Euro.

Das Highlight des Campingplatzes sind acht Luxuszelte inklusive Luftmatratzen, Kissen und Schlafsäcken, in denen sechs Personen vier Nächte lang übernachten können. Kostet 1.250 Euro für das Wochenende. Die günstigste Variante ist ein Zelt für zwei Personen für 230 Euro.

Terrasvogels, ein bescheidener Fünftligist, hat während der Corona-Pandemie, als auch die Fußballwettbewerbe geschlossen wurden, schwere Zeiten hinter sich. „Ohne die Unterstützungsmaßnahmen der Regierung hätten wir es nicht geschafft“, sagt Vessies. Die Einnahmen aus dem Campingplatz bilden einen willkommenen Puffer.

Das Restaurant des Campingplatzes Terrasvogels wird gerade gebaut.Bild Guus Dubbelman / de Volkskrant

„Entertainment-Vergeltung“

Somit profitiert auch Terrasvogels von der „Max Mania“. Zandvoort ist in den kommenden Tagen Verstappen aan Zee, und das bringt Geld ein. Auf Wunsch von Zandvoort und der Leitung des Großen Preises der Niederlande untersuchte die Fachhochschule Breda im vergangenen Jahr die wirtschaftlichen Auswirkungen.

Für den Großen Preis der Niederlande wurden in Zandvoort 10,7 Millionen Euro ausgegeben, in der Metropolregion Amsterdam weitere 21,5 Millionen. Die Mehrausgaben der über 300.000 Besucher beliefen sich auf 61,3 Millionen Euro, davon 25 Millionen in Zandvoort.

Nur die Gemeinde Zandvoort selbst war nicht viel klüger. 4,1 Millionen Euro hat der Stadtrat in den vergangenen drei Jahren in die Unterbringung der Formel 1 investiert. Die Vorteile waren gleich Null. Eine Erhöhung der Kurtaxe um 30 Cent auf 3,30 Euro pro Person hat nicht geholfen. „Im Sommer sind die Hotels und Pensionen in Zandvoort ohnehin schon voll, es gibt faktisch keine zusätzlichen Einnahmen“, sagte Bürgermeister David Moolenburgh (CDA).

Nach einem harten Kampf beim Großen Preis der Niederlande wurde für diese Ausgabe eine zusätzliche „Unterhaltungsgebühr“ eingeführt. Dadurch werden die Tickets um 3 Euro teurer. Beispielsweise bringen die 315.000 Rennbegeisterten mehr als 9 Tonnen ein, was die 1 Million Euro, die die Gemeinde ausgegeben hat, fast ausgleicht.

Bürgermeister Moolenburgh weist vor allem auf die wirtschaftlichen Auswirkungen hin, die dazu führen, dass die Formel 1 in Zandvoort groß geschrieben wird. „Die Unterstützung ist groß, überall im Dorf sieht man die schwarz-weiß karierten Rennflaggen. Am Badhuisplein entsteht ein Hotel. Ich sage nicht, dass es ohne die Formel 1 nicht passiert wäre. Aber es hilft.‘

Besucher des Campingplatzes Terrasvogels schauen sich ihr Zelt an.  Bild Guus Dubbelman / de Volkskrant

Besucher des Campingplatzes Terrasvogels schauen sich ihr Zelt an.Bild Guus Dubbelman / de Volkskrant

„Fossile Party“

Nicht jeder ist überzeugt. Karel van Broekhoven von der Stiftung Rust aan de Kust stellt fest, dass die Vorteile die Nachteile nicht überwiegen. Nehmen wir einfach nur die Lärmbelästigung. Dabei geht es ihm nicht so sehr um die Formel 1, sondern um den „enormen Verbrauchslärm“ im Rest des Jahres. „Die Strecke wird nicht nur während der Formel 1 intensiv genutzt. Es ist einfach so, wie der Wind ist. Es wird wieder Ohrstöpsel sein und überleben.‘

Im Juli entschied der Staatsrat, dass die Naturgenehmigung für den Circuit Zandvoort nicht mehr Stickstoffemissionen als zulässig verursacht. Dennoch nennt Van Broekhoven die Formel 1 eine „fossile Partei“, die sicherlich Auswirkungen auf die Umwelt hat. „Aber Kritik an der Formel 1 ist in der Kirche in Zandvoort ein Fluch.“

Karim el Gebaly, Vorsitzender von GroenLinks im Gemeinderat von Zandvoort, vermutet, dass die Mehrkosten weit über den budgetierten 1 Million Euro liegen. „Zum Beispiel wurde für 500.000 Euro eine Sonderstraße vom Boulevard zur Rennstrecke gebaut. Trotz meiner Nachfrage habe ich nie eine Quittung dafür gesehen. „Außerdem gibt die Gemeinde viel mehr für den Einsatz von Ordnungskräften aus.“

Verstappen sei ein Segen für Zandvoort, sagt Bürgermeister Moolenburgh. Die Formel 1 hat dem 17.000-Einwohner-Dorf mehr Reiz verliehen. Die Touristensaison wurde verlängert. „Wir sehen mehr Amerikaner, die aus Amsterdam nach Zandvoort kommen, weil sie das Dorf aus der Formel 1 kennen. Dieses Bild ist unbezahlbar.“

Auf dem Campingplatz Terrasvogels sagt ein britisches Paar, sie seien extra wegen der Formel 1 in die Niederlande gekommen, nicht aber, um ihren Landsmann Lewis Hamilton zu ermutigen. ‚Zu übermütig,zu eingebildet.‘ Nein, sie vergöttern „Max“. Sie übernachten gerne in einem Zelt auf einem Fußballplatz, um die „einzigartige Atmosphäre“ beim Rennen in Zandvoort zu erleben. Terrasvogels-Vorsitzender Vessies reibt sich wenige Stunden nach der Eröffnung des Campingplatzes die Hände. „Ich habe bereits Essens- und Getränkemarken im Wert von 600 Euro verkauft.“



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