Rutte setzt beim Sturz des Kabinetts auf rechts, aber es gibt keine Garantien

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Mark Rutte auf dem Weg zur Krisensitzung am Mittwoch.Bild David van Dam

Die Idee, dass Mark Rutte sein eigenes Kabinett wirklich in die Luft jagen würde, glaubten seine Koalitionspartner Sigrid Kaag, Wopke Hoekstra und Mirjam Bikker letzte Woche lange Zeit nicht. Schließlich hat keiner der Parteichefs auf den ersten Blick ein Interesse an Wahlen. Rutte IV war erst anderthalb Jahre alt und eine Wahlurne würde für keinen von ihnen unbedingt positiv ausfallen.

Natürlich war es keinem der Parteiführer entgangen, dass der VVD-Kader in den letzten Monaten zunehmenden Druck auf Rutte ausgeübt hat, die Asylpolitik zu verschärfen. Aber dass es für den Premierminister eine so große Sache wäre?

Doch in weniger als fünf Tagen geschieht das Undenkbare. Plötzlich herrscht am Binnenhof eine regelrechte Krise. Insbesondere wegen eines vom Premierminister selbst gelegten Feuers. Derselbe Mann, der sich in all den Jahren zuvor immer als Meister im Löschen von Bränden, beim Schlichten von Streitigkeiten und beim Glätten von Falten erwiesen hat.

Großes Risiko

Und jetzt ist da noch das große Wagnis von Rutte. Er hat sein eigenes viertes Kabinett zusammenbrechen lassen, in der Hoffnung, im Gegenzug ein besseres, rechtsgerichteteres Kabinett zu bekommen. Es ist ein riskanter Schritt, den viele amtierende Regierungschefs vermeiden würden, aber aus Sicht der Liberalen steckt darin eine gewisse Logik.

Die Frage ist, ob das Durchwursteln dieses Kabinetts etwas für den VVD bringen würde. Natürlich hätten die Liberalen in den schleppenden Verhandlungen über Asyl, Stickstoff, Klima und Steuern noch einmal Wasser in den Wein gießen können. Aber Rutte hat diesen Kampf mit der Linken schon seit einiger Zeit hinter sich. Was hat er davon? Für Erinnerungen an die Zeit, als er eine Politik machen konnte, „an der sich die rechten Niederlande die Finger lecken konnten“, muss er auf Rutte I (2010-2012) zurückgreifen.

Darüber hinaus bestand innerhalb der VVD eine gute Chance, dass das Kabinett in absehbarer Zeit doch noch stürzen würde. Schließlich handelte es sich nicht um eine starke Allianz. Die CDA ist aufgrund interner Auseinandersetzungen um die Führung und der Stickstoffpolitik seit einiger Zeit ins Wanken geraten, und es fällt D66 schwer, ihre Abneigung dagegen zu verbergen. Rutte kann, wenn er sein Bein steif hält, für seine eigenen Anhänger zumindest als der Mann in die Wahlen gehen, der notfalls bis zum Tod für klassische rechte Steckenpferde wie eine strengere Asylpolitik kämpfen wird.

Neues Spielfeld

Offenbar glaubt nicht nur Rutte, sondern auch der VVD, dass ihm im Wahlkampf erneut ein Trick gelingen kann. Aber wie sicher ist das wirklich? Zum ersten Mal seit dreizehn Jahren ist das politische Spielfeld wieder völlig offen. Der VVD wird wie immer hoffen, dass auf der linken Seite ein starker Gegner auftaucht (wie Job Cohen im Jahr 2010, Diederik Samsom im Jahr 2012 und Sigrid Kaag im Jahr 2021), mit dem er einen Kampf um die Torentje austragen kann. Bisher hat es für ihn gut geklappt. Doch anders als früher zeichnet sich nun auch auf der rechten Seite ernsthafte Konkurrenz ab.

Dort warten Pieter Omtzigt und BBB-Vorarbeiterin Caroline van der Plas. Obwohl Omtzigt noch keine eigene Partei hat, arbeitet sie seit Monaten im Hintergrund daran, den Grundstein für eine Bewegung zu legen, aus der sich diese entwickeln könnte. Es ist nicht unvorstellbar, dass Omtzigt diesen Prozess beschleunigen und so zu einem ernsthaften Gegner Ruttes werden wird. Wenn er letztes Jahr in den Meinungsumfragen berücksichtigt wurde, erzielte er – genau wie Van der Plas – Spitzenwerte.

Und selbst wenn Rutte diesen Kampf gewinnt, muss er die Formation fürchten. Sicher ist, dass die beiden rechten Rivalen nicht mit Rutte als Premierminister regieren wollen und wohl auch mit ihnen in den Wahlkampf gehen werden. Dies gilt auch für die neue Kombination aus PvdA und GroenLinks, die hoffen, gemeinsam genügend Stimmen zu bekommen, um die Gegenbewegung auf der linken Seite anzuführen. Und so gibt es noch mehr Parteien, für die Rutte ein Hindernis darstellt. Die Mehrheit der Kammer ist der Meinung, dass Rutte gehen sollte. Laut einer aktuellen Umfrage von Heute einer Das Gleiche gilt, zumindest derzeit, für die meisten Niederländer.

Beispielsweise gehen nicht nur Rutte, sondern auch die VVD ein großes Risiko ein, indem sie eine neue Wahlurne erzwingen. Die gute Nachricht für die Wähler ist, dass der Ausgang der Wahlen zum ersten Mal seit Jahren überraschend ausfallen könnte, nach der politischen Stagnation bei den Wahlen 2021. Das bedeutet aber auch, dass es für die Liberalen furchtbar schiefgehen kann. Ein Albtraumszenario für die VVD ist, dass die Partei nach den Wahlen erneut dazu verdammt sein wird, mit D66 und ChristenUnie oder – um Himmels willen – der „linken Wolke“ von Klaver und Kuiken zusammenzuarbeiten, die beide eine noch mildere Asylpolitik durchsetzen wollen. Dann ist Rutte noch weiter von zu Hause entfernt. Sollte die VVD unerwartet nicht zur größten Partei werden, ist das Drama für die Liberalen sicherlich unkalkulierbar: Ruttes Rückzug aus der Politik scheint unausweichlich.

Als wahrer Optimist weist Rutte vorerst alle Weltuntergangspropheten zurück. Kurz nach dem Sturz seines Kabinetts am Freitagabend machte er erneut ein Foto vor dem Torentje und lächelte breit lächelnd mit wartenden Studenten. Ein ahnungsloser Passant würde denken: Er freut sich darauf. Auf die Frage, ob er bei den Wahlen erneut antreten werde, antwortete er laut und deutlich: „Wenn ich mich jetzt entscheiden müsste, wäre die Antwort: Ja.“



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