Mit großen Teleobjektiven durfte der „Abschaum des Felsvorsprungs“ Geert Wilders aus der Ferne fotografieren

Mit grossen Teleobjektiven durfte der „Abschaum des Felsvorsprungs Geert Wilders

In der Rubrik „Image Makers“ wird untersucht, wie ein Foto unsere Sicht auf die Realität beeinflusst. Diese Woche: ein PVV-Fraktionsraum voller Teleobjektive, um die Distanz zum großen Gewinner zu überbrücken.

Merel Bem

Am Donnerstagmorgen traf der „Abschaum vom Sims“ rechtzeitig zum Kuchen ein. Die Seifenblasen waren fertig, von der Decke hingen blau-weiße Luftschlangen und neben einer großen quadratischen Sahnetorte mit Früchten stand eine stolze niederländische Flagge. Und da war auch Geert Wilders. Strahlend betrat er den Raum, wo seine Parteifreunde mit Applaus auf ihn warteten und wo sich auf der anderen Seite, mit einem Meer von Weite dazwischen, die Presse versammelt hatte, Teleobjektive bereit.

„Abschaum von der Kante“ – das sind Wilders‘ eigene Worte. Er twitterte sie im Juni 2015 als Reaktion auf die Nachricht, dass acht von zehn Journalisten Aggressionen erlebt hätten. „Journalisten sind – mit einigen Ausnahmen – nur Abschaum vom Sims“, lautete seine Botschaft. Es könnte sein, dass die Journalisten, die mehr als zwei Jahre später anwesend waren, um seinen Wahlsieg zu dokumentieren, zufällig diese „Ausnahmen“ waren.

Aber was spielte das jetzt schon für eine Rolle? es war eine Party. Der rechtsextreme Politiker, der bemerkenswerterweise Premierminister für alle Niederländer sein möchte, warf seine Arme in die Luft und ließ sich freudig fotografieren. In einem Video, das NOS-Geschichten Im Pressegespräch betonte er noch einmal, dass niemand Angst vor ihm haben dürfe.

„Wow“, dachte der Fotograf Sem van der Wal, als er sich umsah, bevor die Presse den Haager Fraktionssaal betreten durfte. Er registrierte Dutzende Kameras von nationalen und internationalen Medien sowie von großen Nachrichtenagenturen wie Reuters und Getty. Später machte er das Foto oben. „Es kam mir wie eine besondere Zeit vor“, sagte er am Donnerstagabend am Telefon.

Es ist. Auf jeden Fall würde ich es begrüßen, wenn Fotografen bei Pressemomenten häufiger die Kamera aufeinander richten würden. Dabei entstehen oft gute Bilder, die immer etwas über das politische Theater aussagen, das wir alle den ganzen Tag verfolgen.

Auf diesem Foto fallen beispielsweise sofort die großen Linsen auf. Diese seien notwendig, um den Raum zu überbrücken, sagt Van der Wal. Zwischen den Journalisten und ihrem Motiv lagen etwa 20 Meter, eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme für den seit Jahren bedrohten Wilders. Wenn die Presse Fragen stellen durfte, mussten die Journalisten dies fast schreiend tun. Wilders schneidet dann den Kuchen an. Insgesamt dauerte es etwa zehn Minuten.

„Fotografisch gesehen“ war das laut Van der Wal eine schöne Arbeit. Später an diesem Tag besuchte er die VVD, die Partei, die 24 Sitze gewann und gleichzeitig deutlich verlor. Da waren ganz unterschiedliche Emotionen. Die Presse durfte ganz nah ran. Van der Wal machte ein biblisch anmutendes Foto von Parteichefin Dilan Yesilgöz: Schön beleuchtet und in einer schwarzen Glitzerjacke sitzt sie am Tisch, die Journalisten strömen herbei und beugen sich wie eine Dornenkrone über ihren Kopf. Kein Überschwang, sondern eine straffe Bildgebung.

Die Fotos, die während Wilders‘ Kuchenmoment aufgenommen wurden, unterscheiden sich in der perspektivischen Herangehensweise. Trotz der Teleobjektive entschieden sich die meisten niederländischen Fotografen dafür, nicht hineinzuzoomen und die Geräumigkeit der Szenerie hervorzuheben: Wilders jubelt aus der Ferne, ganz am anderen Ende des mit Luftballons und Fahnen geschmückten Partyraums. Diese Fotos sind Teil einer fotografischen Tradition, die man durchaus als typisch niederländisch bezeichnen könnte: ein paar Schritte zurücktreten und das Ereignis in seiner Umgebung festhalten, alles klein und ein bisschen albern machen.

Es gab auch Fotografen, die ihr Teleobjektiv verwendeten. Der Fotograf der Nachrichtenagentur Reuters vergrößerte den Moment nach dem Anschneiden der Torte. Wilders leckt sich vor schwarzem Hintergrund den Finger. Der PVV-Leiter blickt dem Fotografen direkt in die Linse.



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