Mehr Reparatur und Wiederverwendung, längere Lebensdauer: Brüssel will die Wegwerfwirtschaft abschaffen

Mehr Reparatur und Wiederverwendung langere Lebensdauer Brussel will die Wegwerfwirtschaft


Ein Sneaker-Laden in Amsterdam. Bei der Herstellung von Schuhen ist in puncto Nachhaltigkeit eine Welt zu gewinnen.Bild ANP / Harold Versteeg

Die Corona-Pandemie hat Unternehmen und Verbrauchern vor Augen geführt, dass die europäische Wirtschaft von importierten Rohstoffen lebt. Die russische Invasion in der Ukraine macht die Abhängigkeit von importiertem Gas schmerzlich deutlich. Dies, gepaart mit Europas Ziel der Klimaneutralität bis 2050, zwingt uns dazu, „unser Wirtschaftsmodell neu zu erfinden“, so die Kommission.

Da das Design eines Produkts 80 Prozent der möglichen Umweltschäden bestimmt, ist dies laut Kommission der Schlüssel zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Die neue Ökodesign-Verordnung, die die Kommissare Timmermans (Green Deal), Breton (Binnenmarkt) und Sinkevicius (Umwelt) am Mittwoch vorstellen, soll der Wegwerfwirtschaft ein Ende bereiten.

Das von der Kommission vorgeschlagene Rahmengesetz ermöglicht es, verbindliche Mindestanforderungen an die Lebensdauer fast aller Produkte (außer Lebens- und Futtermittel) sowie an deren Reparatur- und Aufrüstbarkeit festzulegen. Darüber hinaus wird es Beschränkungen für die Verwendung von Chemikalien geben, die das Geräterecycling, den Energieverbrauch und die Umweltverschmutzung durch die Verpackung begrenzen. Die Kommission strebt außerdem (wo möglich) einen Mindestanteil an recycelten Rohstoffen in einem Produkt an.

All diese Nachhaltigkeitsinformationen werden auf dem Etikett oder in einem digitalen Pass platziert, damit die Verbraucher bewusste Entscheidungen treffen können. Die Kommission will ein Verbot falscher oder verschleiernder Angaben wie „grün“, „umweltfreundlich“ oder „gut für die Umwelt“. Für den Übergang zu einer nachhaltigen Gesellschaft „brauchen wir dringend neue Wege, wie wir Produkte entwerfen, herstellen und verwenden“, so die Kommission in ihrem Vorschlagsentwurf.

Kühlschränke und Staubsauger

Dabei baut es auf den bestehenden Ökodesign-Regeln für den Energieverbrauch auf. Jeder kennt die Energieetiketten für Kühlschränke, Waschmaschinen und Staubsauger. Die Kommission schlägt nun vor, das Anforderungspaket über den Energiebereich hinaus zu erweitern und auf die überwiegende Mehrheit aller Produkte anzuwenden. Da das neue Rahmengesetz frühestens 2024 in Kraft tritt, will die Kommission in der Zwischenzeit die bestehenden Rechtsvorschriften stärken.

Die Textilindustrie ist laut Timmermans eine Branche, in der dringender Handlungsbedarf besteht. Abgesehen von Vorschriften zum Brandschutz und zum Einsatz von Chemikalien gibt es kaum Vorschriften für die Herstellung von stark umweltbelastender Kleidung. Außerdem wird viel Kleidung weggeworfen. Mindestanforderungen an das Recycling würden hier sehr helfen. Auch bei der Herstellung von Baustoffen und Schuhen gibt es in puncto Nachhaltigkeit eine Welt zu gewinnen.

Die Kommission will rasch gegen den Müllstrom alter Smartphones, Tablets und Laptops vorgehen. Benutzer sind frustriert darüber, wie schnell ihre Geräte kaputt gehen, veraltet sind und nicht aktualisiert oder repariert werden können. Verbindliche Regeln für Lebensdauer, Reparierbarkeit, Upgrades und Wiederverwendung sollen dies ändern. Die Kommission legt in Absprache mit Unternehmen und Verbraucherorganisationen und nach einer Folgenabschätzung fest, welche Vorschriften für welche Sektoren gelten.

Auffallend ist die Absicht, die Vernichtung nicht verkaufter Ware einzuschränken. Unternehmen müssen offenlegen, wie viele dieser veralteten Produkte (Kleidung, Telefone, Fernseher) sie jedes Jahr als Abfall entsorgen. Die Kommission erwägt ein Vernichtungsverbot, wenn diese Zahlen nicht schnell genug sinken.



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