Ich schaffe es scheinbar nicht, das Plastik loszuwerden. Aber warum lassen wir den freien Markt nicht für uns arbeiten?

Ich schaffe es scheinbar nicht das Plastik loszuwerden Aber warum
Marcia Luyten

Slum in Kampala. Nach trockenen Wochen voller Staub waren die Wolken endlich reif. Ein warmer Regen trommelte auf die Wellblechdächer. Auf das Signal wurde gewartet: Aus allen Häusern liefen Menschen auf die Straße. Kinder lachten, spielten, duschten. Frauen schleppten Mülltonnen zur Entwässerung zum Hauptkanal. Dort warfen sie ihren Müll über den Bach. Unter Jubel flogen bunte Plastikklumpen den Hügel hinunter.

300.000 Jahre Homo Sapiens führten zum plastischen Menschen. Nach 1950 besteht das Leben aus Plastik. Wir setzen uns darauf, hüllen uns und unser Essen darin ein, so wie die meisten anderen Dinge auch. Plastikschuhe, Plastik in Cremes und manchmal denkt man beim Anblick der Hochglanzpapiere und Sterne: wir Sind schon fast aus Plastik.

Nicht nur von außen. Unser Körper enthält winzige Plastikteile, bis hin zur Plazenta. Der Effekt ist unbekannt. Doch 2019 platzierten Forscher der UMC Utrecht Mikroplastik zusammen mit menschlichen Immunzellen in einem Kulturglas. Die Immunzellen starben. Medizinforscherin Nienke Vrisekoop: „Es könnte sein, dass das Gleiche in unserem Körper passiert.“

Über den Autor
Marcia Luyten ist Journalistin und Kolumnistin für de Volkskrant. Luyten präsentiert Außerhalb des Gerichts und arbeitete sechs Jahre in Afrika. Sie schrieb unter anderem auch Das Glück Limburgs und die Biografie Mutterland, die frühen Jahre von Máxima Zorreguieta. Kolumnisten haben die Freiheit, ihre Meinung zu äußern und müssen sich aus Gründen der Objektivität nicht an journalistische Regeln halten. Lesen Sie hier die Richtlinien von de Volkskrant.

Jährlich werden etwa 300 Millionen Tonnen Kunststoff produziert. Wie ich im ugandischen Slum gesehen habe, entsorgen unzählige Slums ihren Müll. Ins Wasser oder auf Mülldeponien eingeleitet. Jedes Jahr treiben Millionen Tonnen ins Meer. Meeresschildkröten fressen weiße Säcke, weil sie einer Qualle ähneln; Jedes Jahr sterben mehr als hundert Millionen Tiere an den Folgen von Plastik. Die Produktion wird in den nächsten zehn Jahren um 40 Prozent steigen.

Für fast alle Kunststoffformen ist Recycling die höchstmögliche Kreislauflösung. Meine Vorstellung, dass biobasiertes Plastik problemlos in die Biotonne gelangen kann, erweist sich als Unsinn. Untersuchungen bei Ocean Cleanup zeigen, dass beispielsweise aus Zuckerrohr hergestellter Kunststoff die gleichen Eigenschaften aufweist wie aus Erdöl hergestellter Kunststoff. Das bedeutet: Es verfällt nicht. Und nur ein kleiner Teil der biologisch abbaubaren Kunststoffe kann der Natur zurückgegeben werden. Der Großteil davon muss in einer Fabrik zerlegt werden.

Nach Jahren voller Begeisterung beim Trennen von Plastikmüll war Niels Waarlos Bericht in der Samstagszeitung ernüchternd. Ein großer niederländischer Kunststoffsortierer geht bankrott. Recycelter Kunststoff scheint sich nicht zu verkaufen. Neues Plastik ist deutlich günstiger – und ist in den letzten Jahren auch stark im Preis gefallen. Dieses sogenannte „Neuplastik“ ist zudem einfacher zu verarbeiten. Veolia hat kürzlich eine große Recyclingfabrik in Deutschland geschlossen. Auch der verpackungsfreie Online-Supermarkt Pieter Pot machte dicht: nicht profitabel – obwohl er noch im Neustart steckt. Albert Heijn experimentiert mit Zapfhähnen, bei denen Kunden Müsli, Nüsse und Couscous in Gläser füllen. Statt fünfzig solcher Automaten installierte der größte Supermarkt nur fünf.

Die EU gibt an, eine Kreislaufwirtschaft anzustreben, doch die Nachfrage nach recyceltem Kunststoff war seit Jahren nicht mehr so ​​gering. Nicht mehr als 15 Prozent des europäischen Plastiks werden wiederverwendet. Die Erklärung lautet immer: Es gibt zu wenig Anreize, auf neues Plastik zu verzichten.

Das ist der Anreiz eines freien Marktes, in dem Produzenten und Verbraucher den niedrigsten Preis und den höchsten Gewinn wählen. Das ist der Anreiz eines freien Marktes, in dem die tatsächlichen Kosten auf die Natur – also auf uns selbst – abgewälzt werden. Der Anreiz ist so stark, dass wir Umweltverschmutzung und Vergiftungen für selbstverständlich halten. Da sich gezeigt hat, dass der Kommunismus nicht funktioniert, gibt es keine andere Möglichkeit, als die Kontrolle über den Markt zurückzugewinnen. Dieser starke Anreiz wird sich langfristig positiv auf unser Wohlergehen auswirken, wenn wir Neuplastik stark besteuern. Die Einnahmen aus dieser Tox Tax, einer Giftsteuer, können als Subvention für recyceltes Material verwendet werden. Damit wird die Recyclinganlage für Investoren interessant. Immer noch anregend.



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