Es werden immer mehr Fälle von Gewalt und Sexualdelikten an Schulen gemeldet und auch die Schwere der Gewalt nimmt zu

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Kinder auf einem Spielplatz in Den Haag.Bild Lina Selg

„Man sieht, dass sich das Klima an den Schulen verhärtet“, sagt Joke Schuur, Koordinatorin der vertraulichen Besichtigung. „Die Rede ist nicht von einem Kratzer am Knie, sondern von Verletzungen, die einen Arztbesuch erfordern, etwa einer Gehirnerschütterung.“ Es beginnt oft mit Mobbingverhalten. Und wenn das nicht gelöst wird, kommt es in manchen Fällen zu körperlicher Gewalt. „Das sind ernstzunehmende Berichte.“

Im vergangenen Schuljahr habe die vertrauliche Aufsichtsbehörde aufgrund der bei ihrer Telefon-Hotline eingegangenen Meldungen insgesamt 2.152 Akten angelegt, heißt es in einem am Montag vorgelegten Bericht der Aufsichtsbehörde. Das sind 409 Dateien mehr als im vorangegangenen Schuljahr und immerhin 856 mehr als im Schuljahr 2020–2021.

Über den Autor
Irene de Zwaan ist Reporterin für de Volkskrant und schreibt über Jugendkultur und Bildung

Schulleiter, Administratoren, Lehrer und Eltern können sich mit Meldungen zur Sicherheit von Schülern und Studierenden an die vertrauliche Aufsichtsbehörde wenden. Die vertraulichen Inspektoren der Bildungsinspektion sind nicht an der Wahrheitsfindung beteiligt, sondern haben die Aufgabe, Reporter über die zu ergreifenden Maßnahmen bei Zwischenfällen in der Schule zu informieren und zu beraten.

Die meisten Akten (992) der Geheimdienstaufsicht des letzten Schuljahres betrafen psychische Gewalt zwischen Schülern. Dazu gehören schweres Mobbingverhalten und das Versenden von Nacktfotos. Auch zu körperlicher Gewalt (560), sexueller Belästigung (318), sexuellem Missbrauch (152) und Diskriminierung (116) gingen mehr Meldungen ein als in den Vorjahren.

Gesellschaftliche Diskussion

Dieser Anstieg bedeute nicht unbedingt, dass es immer mehr Vorfälle an Schulen gebe, betont Joke Schuur. Die nun größere Bekanntheit der Meldestelle der Geheimdienstaufsicht und die gesellschaftliche Diskussion über grenzüberschreitendes Verhalten – etwa durch die TV-Übertragungen etwa Die Stimme – kann auch dazu beitragen, häufiger als bisher zu berichten.

Darüber hinaus zeigen mehrere Studien, dass die Corona-Pandemie große Auswirkungen auf das soziale Wohlbefinden der Studierenden hatte. Schuur: „Möglicherweise haben die Schulen aufgrund der Hektik der Umstellung vom digitalen auf den Sportunterricht zu wenig Rücksicht auf den sozialen Kontext genommen, in dem sich die Kinder während der Pandemie befanden.“

Die Vertrauensprüfer stellen in ihrem Bericht fest, dass die Meldungen zunehmend auch Schüler unter 13 Jahren betreffen. Jede dritte Akte zu sexuellem Missbrauch stammt aus dem Grundschulbereich. Auch Grundschüler sind in den Berichten über psychische und physische Gewalt überrepräsentiert. „Früher ging es bei diesen Akten hauptsächlich um Ziehen und Schieben“, heißt es in dem Bericht. Doch im vergangenen Frühjahr ergab die Inspektion eine Verschiebung hin zu den Unterkategorien Missbrauch oder schuldhafte Körperverletzung.

Waffenbesitz

Es gibt auch eine sichtbare Verschiebung in der Schwere der Gewalt an weiterführenden Schulen. Zu den Berichten zählen schwere Körperverletzung, Androhung körperlicher Gewalt und Waffenbesitz. Auch Schulen haben 2022 diesbezüglich Alarm geschlagen. Dies führte teilweise zu weitreichenden Maßnahmen wie dem Einsatz von Sicherheitspersonal und Detektionsschleusen.

Eine relativ neue Entwicklung ist die zunehmende Zahl von Meldungen über Mobbingverhalten über soziale Medien. Laut Inspektion wissen die Schulen nicht immer, wie sie dies gut antizipieren können. Vertrauliche Inspektoren erhalten Antworten wie: „Es passiert außerhalb der Schule, es liegt also nicht in unserer Verantwortung.“

Besteht der Verdacht eines sexuellen Missbrauchs eines minderjährigen oder handlungsunfähigen Schülers durch einen Schulmitarbeiter, ist ein Direktor gesetzlich verpflichtet, dies der Vertrauenskontrolle zu melden. Stellt sich nach der Beratung heraus, dass ein begründeter Verdacht auf ein Sexualdelikt besteht, sorgt die Vertrauensinspektion dafür, dass eine Anzeige bei der Polizei erstattet wird, die den Fall weiter untersucht.

Sex-Chatten

Im vergangenen Schuljahr landeten 75 der 91 Akten zu sexuellem Missbrauch bei der Vizepolizei. Ein Jahr zuvor galt dies noch für 51 der 67 Akten. Auch hier ist ein Anstieg erkennbar.

Mitte dieses Jahres soll das Gesetz dahingehend geändert werden, dass auch Formen sexueller Belästigung (wie Sex-Chats) an Schulen unter Strafe gestellt werden. Ein neuer Gesetzentwurf, der voraussichtlich Mitte 2025 in Kraft treten wird, sieht vor, dass die Melde-, Konsultations- und Meldepflicht auch für diese Formen sexuell übergriffigen Verhaltens gelten soll.

Darüber hinaus wird das Minderheitenkriterium abgeschafft, sodass auch Schüler in der beruflichen Sekundarstufe und im Hochschulbereich besser geschützt werden.



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