Der Wissenschaftler Kim Putters nähert sich mit seiner neuen Position als SER-Vorsitzender zunehmend der Praxis

Der Wissenschaftler Kim Putters naehert sich mit seiner neuen Position


Kim Putters, der neue Vorsitzende des Sozial- und Wirtschaftsrates.

Putters ist Wissenschaftler und Professor für Governance im Gesundheitswesen in Rotterdam. Er war auch Mitglied des Senats für die PvdA. Putters wurde berühmt, als er 2013 Leiter des Amtes für Sozial- und Kulturplanung wurde. Dieser untersucht, wie es in den Niederlanden kulturell und sozial zugeht.

Wie sich herausstellte, waren Putters in dieser Rolle Volkskrant, der einflussreichste Niederländer. Er machte die Chancenungleichheit in den Niederlanden zum Kernthema der SCP-Forschung. Putters selbst ist ein Beispiel für Emanzipation. Als Sohn eines Binnenschiffers stieg er von der Realschule auf die Universität auf, und das gewährt er jedem: die Möglichkeit, sich mit seinen Talenten zu entfalten.

Daraus entstanden hochkarätige Publikationen. Handelt die Regierung immer noch als Hüterin der Schwachen? So stellte der SCP 2019 fest, dass das Teilhabegesetz für die Menschen, für die es gedacht ist, nicht richtig funktioniert hat, etwa Menschen, die von klein auf behindert sind und deshalb keine Arbeit finden.

Als SCP-Direktor wurde Putters bereits 2017 Mitglied des Sozial- und Wirtschaftsrates. Der Rat besteht aus drei Gruppen mit Vertretern der Gewerkschaftsbewegung, der Arbeitgeber und unabhängigen Experten, den Kronmitgliedern. Die Kronenmitglieder werden vom Kabinett ernannt, aber der SCP, das Central Planning Bureau und die De Nederlandsche Bank entsenden trotzdem einen Delegierten. Darüber hinaus ernennt das Kabinett erfahrene ehemalige Politiker und Wissenschaftler zu Kronmitgliedern.

Herz des Polders

Der SER ist die Verkörperung des holländischen Poldermodells. Seit 1950 berät der Rat zu verschiedenen Sozial- und Wirtschaftspolitiken. Die Idee ist, dass eine gemeinsame Analyse eines Problems, gefolgt von einer einstimmigen Empfehlung zur Lösung, unterstützt von den Sozialpartnern und den unabhängigen Kronmitgliedern, eine Unterstützung für eine erfolgreiche Kabinettspolitik darstellt.

Die Praxis ist oft widerspenstiger. In der Politik werden SER-Empfehlungen mitunter als Diktat interpretiert, wodurch die Rechnung über den Zaun in die Staatskasse geworfen wird. Nehmen Sie den Rat zur Reform des Behindertenrechts aus dem Jahr 2002. Das ging doch schief, als das Kabinett die Details verschärfte und die Gewerkschaftsbewegung trotzdem – vergeblich – vergeblich auftauchte. Sie führte 2004 zur größten Gewerkschaftsdemonstration aller Zeiten.

Das war auch der Beginn einer frostigen Phase im Verhältnis zwischen der Gewerkschaftsbewegung einerseits und den Arbeitgebern und dem Kabinett andererseits. Das Poldermodell wurde wiederholt für fast tot erklärt. Das Koma dauerte bis 2013. Dann brauchte das Kabinett Rutte II die Unterstützung der Gewerkschaftsbewegung und der Arbeitgeber für die Reformpläne, um den Niederlanden aus der Finanzkrise zu helfen.

Auch die anderen Lager hatten Gründe, sich wiederzusehen. Die vom FNV angeführte Gewerkschaftsbewegung steckte aufgrund ständiger interner Streitigkeiten über die Zukunft der Renten in der Krise. Und die Arbeitgeber wollten Ruhe und politische Stabilität in wirtschaftlich turbulenten Zeiten.

Hammers Vermächtnis

Obwohl diese Vereinbarung über die Reformen 2013 außerhalb des SER geschlossen wurde, hat sie die Beziehungen beeinflusst. Der Beginn des wirklichen Durchbruchs innerhalb des Rates war die Ernennung der PvdA-Abgeordneten Mariëtte Hamer zur Vorsitzenden. Sie begann als Meeting-Tigerin und entpuppte sich als äußerst erfolgreiche Vorsitzende. Es gelang ihr nach und nach, wegweisende, einstimmige Ratschläge zum Rentensystem und zu den Regeln rund um die Arbeit – den Arbeitsmarkt – zu verabschieden. Die fieberhaften Polderberatungen zu Corona und der Umgang mit den wirtschaftlichen Folgen taten ein Übriges: Der Polder funktioniert wieder.

Das ist das Vermächtnis, das Putters bald finden wird, wenn er sein Amt offiziell antritt. Sein Vorteil ist, dass er die letzten fünf Jahre als Kronmitglied selbst erlebt hat. Er kennt die Proportionen, weiß, worauf er sich einlässt. Und er kennt die Themen. Tatsächlich werden alle Themen, zu denen er am SCP geforscht hat, am SER wieder diskutiert. Von Chancenungleichheit und den Folgen der Coronakrise über den Wohnungsmarkt, die Energiewende, Bildung, die Erdbebenschäden in Groningen bis hin zum Sozialhilfeskandal.

Dazu passt wunderbar die Motivation, die Putters aus dem SCP mitnimmt, immer um die eine Frage kreisend: Funktioniert die Regierung noch als Hüterin der Schwächsten, der Verwundbarsten in der Gesellschaft? Kannst du ihnen noch einen Schubs in den Rücken geben?

Was ihm einen Streich spielen kann, ist die wirtschaftliche Situation. Das Verhältnis zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ist aufgrund des angespannten Arbeitsmarktes und der himmelhohen Inflation bereits angespannt. Wenn das eine Zeit lang so bleibt und das Kabinett die Kaufkraft nicht unterstützt, drohen horrende Lohnforderungen der Gewerkschaftsbewegung. Dann steigt automatisch die Spannung im SER-Gebäude und Putters vermittelnden Qualitäten wird bald viel abverlangt.



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