Bei der Sozialhilfe bestimmt Ihr Wohnort, wie viel Hilfe Sie erhalten: „Es wird Ihnen nicht erklärt“

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Mitarbeiter der Stop Child Poverty Foundation sammeln Kleidung in ihrem Lager.Bild Guus Dubbelman / de Volkskrant

Brandneue Turnschuhe und eine modische Winterjacke oder ein langer, wattierter Mantel in einer Farbe Ihrer Wahl: Ab diesem Monat können Eltern aus Brunssum in Limburg mit Sozialhilfeleistungen oder geringem Einkommen im Webshop der Stop-Stiftung eine wählen kostenlos einen neuen Wintermantel und neue Schuhe für ihr Kind. Die Begeisterung ist groß: Rund 120 Eltern aus der Gemeinde haben sich bereits angemeldet.

Allerdings haben arme Familien, die ein paar Kilometer entfernt in der Gemeinde Landgraaf wohnen, keinen Anspruch auf kostenlose Winterkleidung. Und während Landgraaf und Brunssum über einen gemeinsamen Sozialdienst verfügen, der Sozialhilfeleistungen für die beiden Gemeinden bereitstellt. Sozialhilfeempfänger aus Landgraaf halten das für unfair. „Wir hören, dass dies auch das Mindesteinkommen unserer Gemeinde sein sollte“, sagt Bert Smeijsters, Direktor von ISD BOL, dem gemeinsamen Sozialdienst von Landgraaf und Brunssum. „Ein solcher Unterschied ist schwer zu erklären.“

Es ist nur ein Beispiel dafür, wie unterschiedlich Kommunen ihre ärmeren Bewohner unterstützen. Jede Kommune tut dies auf ihre eigene Art und Weise, oft abhängig von ihrer politischen Stellung und ihrem finanziellen Wohlstand. Landgraaf (37.000 Einwohner) hat beispielsweise mehr arme Einwohner als Brunssum (27.000 Einwohner) und Landgraaf ist der Ansicht, dass die Regierung dies nicht ausreichend entschädigt.

Armutspolitik

Die Wohnadresse von Mindesteinkommensbeziehern bestimmt daher, was sie von der Gemeinde erhalten, was die Frage aufwirft, ob eine solche Ungleichheit akzeptabel ist. Der Sozialminimum-Ausschuss, der sich auf soziale Sicherheit konzentriert, ist der Ansicht, dass die Unterschiede zwischen den Kommunen im Bereich der Armutspolitik zu groß geworden seien. Im Juni kam der Ausschuss zu dem Schluss, dass es für Mindestlohnempfänger immer schwieriger wird, über die Runden zu kommen, und dass zusätzliche Unterstützung, auch durch die Kommune, immer wichtiger wird. Darüber wird der Ausschuss im Folgebericht, der am Donnerstag veröffentlicht wird, weiter diskutieren.

In den letzten Jahren haben die Kommunen immer mehr für die fast eine Million Niederländer getan, die zusätzliche Unterstützung gebrauchen könnten. Zusätzlich zu den Sonderhilfen für Mindestlohnbezieher, die alle Kommunen anbieten, beispielsweise in Form eines Zuschusses, wenn die Waschmaschine plötzlich nicht mehr funktioniert, haben die Kommunen jeweils ein eigenes Angebot entwickelt. Einige Kommunen bieten beispielsweise einen Rabattpass für Sport und Kultur, eine günstige Krankenversicherung oder Geschenkkarten an. Es gibt aber auch diejenigen, die für diese Gruppe kaum etwas tun. Auffallend ist auch, dass bundesweit keine Aufzeichnungen darüber geführt werden, welche Kommune was tut.

Neben Brunssum gibt es mehrere Dutzend weitere Kommunen, die „ihr“ Mindesteinkommen haben und über den Webshop der Stop Foundation neue Kleidung für ihre Kinder bestellen. Sie können aus Tausenden brandneuer Kleidungsstücke wählen, oft aus Restposten, die sonst in der Verbrennungsanlage landen würden. Mittlerweile gehen bei der privaten, gemeinnützigen Organisation jedes Jahr rund 19.000 Bestellungen für Bekleidungspakete für Kinder ein.

Besonders Winterjacken mit Kapuze kommen in diesem Jahr sehr gut an, sagt der Vorsitzende Maurice van der Ven, der diese Initiative vor zehn Jahren mit seiner Frau ins Leben gerufen hat. „Diese Kinder, die es oft gewohnt sind, sich mit gebrauchten Kleidungsstücken begnügen zu müssen, freuen sich sehr, wenn sie diese brandneuen Klamotten bekommen.“ Er wünscht sich im Idealfall, dass alle armen Familien die Möglichkeit haben, sich für ein solches Kleiderpaket zu entscheiden. „Aber das ist Sache der Kommunen.“

Klebepflaster

Ginge es nach Landgraafs Stadtrat Christian Wilbach (GBBL), bekämen auch einkommensschwache Kinder aus Landgraaf kostenlose Kleidung. Dafür gebe es aber vorerst keine Mehrheit, sagt Wilbach, der auch Vorstandsvorsitzender des Interkommunalen Sozialdienstes ist. Eigentlich ist Wilbach der Meinung, dass Kommunen die Lücken, die der Staat hinterlassen hat, nicht schließen sollten. „Wenn die Menschen genug Geld zum Leben hätten, wären diese kommunalen Beiträge überhaupt nicht nötig.“

Die Stadträtin von Brunssum, Merle van Leusden (PvdA), stimmt dem zu. „Brunssum setzt auf eine großzügige Mindestlohnpolitik, weil es in dieser Region viel Armut gibt“, sagte sie über ihren Sprecher. „Aber es bleibt ein Heftpflaster, wenn der Staat den Menschen zu wenig Geld gibt.“ Van Leusden findet die Unterschiede in der Armutspolitik zwischen den Kommunen unerwünscht. „Die Regierung muss etwas dagegen unternehmen.“

Auch in anderen Gegenden ist das Mindesteinkommen in Landgraaf schlechter ausgestattet als in Brunssum. Geringverdiener beider Gemeinden erhalten einen Zuschuss für ihr Internet-Abonnement. Aber nur Brunsummers erhalten beispielsweise ein kostenloses Bibliotheksabonnement. Noch auffälliger ist der Unterschied im Beitrag, den die Gemeinde den Mindestlohnempfängern auf den Selbstbehalt der Krankenversicherung zahlt: Brunssummers können dafür 200 Euro erhalten, während Mindestlohnempfänger aus Landgraaf nur 90 Euro erhalten. „Eigentlich ist es bizarr, dass eine Kommune eine Entschädigung für Gesundheitskosten leistet“, sagt Wilbach. „Das sollte national geregelt werden.“

Die Unterschiede zwischen den beiden Kommunen sind für die Zielgruppe umso schmerzhafter, da die Kommunikation über das Vorhaben über den gemeinsamen Sozialdienst erfolgt. „Dann sehen Sozialhilfeempfänger aus Landgraaf auf der Website, dass die Brunsummers beispielsweise deutlich mehr Gesundheitsgelder zurückbekommen.“ Oder sie fragen mich: Warum gibt es für mein Kind keine kostenlose Kleidung, während ich in der gleichen Situation bin?“, sagt Monique van Rijt, eine ehemalige Budgetberaterin und Mitglied des Landgraaf-Arbeits- und Einkommenskundenrats. „Sie halten es für unfair, man kann es nicht erklären.“ Es sollte auch keine Rolle spielen, wo du lebst.‘

Doch keiner der angesprochenen Sozialhilfeempfänger aus Landgraaf wollte es der Presse selbst sagen. „Menschen, die Sozialleistungen beziehen, fühlen sich oft verletzlich“, sagt Van Rijt. „Sie haben Angst, dass eine kritische Haltung Konsequenzen für ihr Wohlergehen haben könnte.“



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