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Roula Khalaf, Herausgeberin der FT, wählt in diesem wöchentlichen Newsletter ihre Lieblingsgeschichten aus.
Während Israel sich auf eine scheinbar unvermeidliche Bodeninvasion im Gazastreifen vorbereitet, trifft eine Schar westlicher Diplomaten und Politiker in Jerusalem ein. Aber Besucher aus den USA und Europa haben eine komplizierte – und wohl widersprüchliche – Botschaft. Sie wollen Israel beim Gegenschlag gegen die Hamas voll und ganz unterstützen. Sie fordern die Israelis aber auch zu Zurückhaltung auf.
Das teilte US-Außenminister Antony Blinken bei seinem Besuch in Tel Aviv am Donnerstag mit. Eine ähnliche Ansicht wird Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, bei ihrem Besuch in Israel am Freitag vertreten.
In Brüssel herrscht eine gewisse Nervosität darüber, dass von der Leyen gerade in Israel angekommen ist, als die Regierung dieses Landes mehr als eine Million Gazaer auffordert, den Norden des Streifens zu verlassen. Es besteht die Sorge, dass die Präsidentin der Europäischen Kommission den Anschein erwecken könnte, sie befürworte Militäraktionen, die massenhaft zivile Opfer fordern – und die schnell als Kriegsverbrechen abgestempelt werden.
„Möglicherweise stehen wir vor einer massiven ethnischen Säuberung“, sagt ein EU-Diplomat. Ein anderer hochrangiger Brüsseler Beamter sagt, die EU hätte sich bereits den Forderungen des UN-Generalsekretärs an Israel anschließen sollen, das humanitäre Völkerrecht zu respektieren.
Einige in Brüssel argumentieren jedoch, dass es viel besser sei, die EU-Position den Israelis persönlich zu vermitteln – anstatt durch Posts auf X, der Social-Media-Plattform, zu kommunizieren.
Im weiteren Sinne sagen europäische Beamte, dass sie sich auf drei Hauptaspekte des Konflikts konzentrieren. Erstens die Kämpfe selbst. Zweitens, Reaktionen in der weiteren Region. Und drittens die Reaktion außerhalb des Westens. „Wir befürchten, dass wir im globalen Süden wegen dieses Konflikts einen hohen Preis zahlen werden“, sagt ein EU-Beamter.
Doch in den westlichen Hauptstädten herrscht kaum Vertrauen, dass Israel den Rufen nach Zurückhaltung Gehör schenken wird. „Sie denken, sie stehen vor einem zweiten möglichen Holocaust und kämpfen um das Überleben des Staates“, sagt der EU-Beamte. „Sie werden nicht auf uns hören.“
Europäische Diplomaten waren auch beeindruckt davon, wie wenig Interesse die israelische Regierung daran gezeigt hat, dem Leben der in Gaza festgehaltenen Geiseln – von denen einige aus europäischen Ländern stammen – Priorität einzuräumen.
Auch die weitere Region des Nahen Ostens ist ein zentraler Schwerpunkt der US-Politik. Nach Israel besucht Blinken mehrere andere Länder in der Region, darunter Saudi-Arabien, Jordanien, Katar und Ägypten. Westliche Beamte haben mit ihren ägyptischen Amtskollegen über die Möglichkeit gesprochen, dass Ägypten seine Grenze zu Gaza öffnen könnte – um Flüchtlingen die Ausreise aus dem Gebiet zu ermöglichen. Doch die Ägypter bestehen derzeit darauf, dass sie so etwas nicht tun werden. Sie argumentieren, dass sie bereits Flüchtlinge aufnehmen, die vor anderen Konflikten wie dem im Sudan fliehen.
Und sie teilen die weitverbreitete Befürchtung, dass Israel die Palästinenser, sobald es sie aus Gaza vertrieben hat, nie wieder zurücklassen wird.