In der Rubrik „Bilder“ wirft die Filmkritikerin Floortje Smit einen Blick auf die zeitgenössische visuelle Kultur.
Wes Anderson ist ein Regisseur, der niemals enttäuscht. Man kann seine Arbeit mögen oder hassen, aber man bekommt immer genau das, was man erwartet. Visuelle Witze, symmetrische, ultrastilisierte Dekore, in denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint, eine auffällige Farbpalette, unterkühlte Dialoge und eine Starbesetzung, die niemals lächelt. Ein neuer Anderson ist immer frisch und vertraut.
Natürlich gibt es noch mehr Regisseure mit einer ausgeprägten Handschrift – zum Beispiel den Franzosen Michel Gondry oder den Finnen Aki Kaurismäki – aber die des Amerikaners Anderson erfreut sich dank des Internets immer größerer Beliebtheit. Sein fester Stil, den er seit 25 Jahren schleift und poliert und der sich wie eine große Ode an ein Leben vor dem Internet anfühlt, erweist sich als perfekt für die digitale Welt. Seine Sets scheinen für Instagram gemacht zu sein, wo Farb- und Symmetriefetischisten versuchen, seine Rahmung nachzuahmen. Zunehmend Tiktoker benutzen sein Stil, das eigene Leben zu romantisieren: Ava Williamslässt zum Beispiel eine langweilige Zugfahrt wie ein Anderson-Abenteuer aussehen, inklusive Zwischentitel im Takt der Musik von Alexandre Desplat. Tischler Josh Rimmey zeigt seine Arbeit à la Anderson, natürlich mit einem Zettel mit Punkteplan darauf und einer Draufsicht auf seine Werkzeuge, schnurgerade angeordnet.
Eigentlich ist es so einfach: Kamerawinkel fixieren, ausdruckslos mit Kniestrümpfen und Spencer davor stehen, Musik von Desplat darunter schneiden, Untertitel mit Zeitangabe und voilà, Millionen Aufrufe. Deshalb wird ein Unternehmen, das ein KI-Tool bewerben möchte, den Computer nutzen gefälschte Trailer gemacht für Filme wie Krieg der Sterne, Der Herr der Ringe Und Harry Potter, aber Regie führte Wes Anderson. Dann gibt es Bill Murray als Gandalf und Hogwarts ist plötzlich rosa.
Und doch ist es nicht Anderson. Wenn Sie alle Elemente in einer Reihe anordnen, handelt es sich nicht um eine Addition. Etwas fehlt. Nicht nur bei den computergenerierten Filmen, sondern auch bei den menschlichen Nachahmern.
Das wurde in Cannes deutlich, wo ein echter Anderson Premiere hatte: Asteroidenstadt. Es gibt ein Diner in Bonbonfarben und mit Comic-Kakteen. Eine gelangweilte Scarlett Johansson spricht durch ein perfekt symmetrisches Bungalowfenster mit einem stoischen Jason Schwartzman. Tilda Swintons Figur heißt Dr. Hickenlooper. Es findet ein Split-Screen-Telefonat statt.
Warum das jetzt besser ist, ist nicht ganz klar. Konkurrenz muss Anderson also nicht fürchten, doch etwas anderes Ärgerliches wurde deutlich: Durch den Online-Exzess droht auch bei einem Film vom Meister der Spaß an der Formel etwas einzubüßen.