Was passiert, wenn holländischer Boden billigen amerikanischen Träumen zum Opfer fällt

Was auch immer die Polizei heute tut die Klimarebellen wissen


Toine Heymans

Bauen, bauen, bauen, genehmigen oder nicht, bis das Gelände wie eine Marskolonie am tiefen Abend leuchtet. Es gibt keine stolzen Schilder mit den Namen von Bauunternehmern, Architekten oder Eigentümern, nichts, was die Aufmerksamkeit auf sich zieht, außer dem Gebäude selbst: Hohe, anthrazitschwarze Schuppen, umgeben von den geschäftigen Playmobils der Bauarbeiter und ihrer Maschinen. Kräne, Muldenkipper, Lastwagen, Bulldozer auf Straßenplatten, alles bleibt hinter dem zurück, was geschaffen wird.

So entsteht auf niederländischem Boden ein weiterer anonymer amerikanischer Traum. Baue, baue, baue wie nirgendwo sonst, die Lagerhallen werden bald voller Server sein. Aus dem Wieringermeer sprießt ein Rechenzentrum nach dem anderen, fruchtbares Terrain mit flachem Land, kühlem Klima, billigem Wasser und genügend Windkraft, dazu eine begeisterte Kommunalverwaltung, die nett und schnell mit Genehmigungen umgeht und sich auch sonst gerne duldet.

Hier ist der Kampf ums All längst gewonnen.

Der Agriport A7 liegt wie ein Meteorit in der Landschaft und trägt amtliche Ortstafeln, obwohl er sich in Privatbesitz befindet. Tausende Hektar ehemaliges Ackerland, das vom Familienunternehmen Hiemstra entwickelt wurde, das einst mit Kartoffeln begann. „Wir gehen von Gelegenheit zu Gelegenheit“, sagte Anton Hiemstra im Volkskrant.

Das erste Rechenzentrum von Microsoft am Agriport A7 in der Nähe von Middenmeer.Bild Freek van den Bergh / UK

Jetzt ist es eine riesige, stille Stadt geworden. Gartenbaubetriebe befinden sich in endlosen Gewächshäusern mit rotem und violettem Licht. Es gibt ein Hotel für Wanderarbeiter, dem ebenfalls zu Unrecht eine Genehmigung erteilt wurde. Es sind zwei Rechenzentren in Betrieb und vier oder fünf weitere sollen folgen. Es ist, als hätte sich dieses Terrain, wie das Internet, von der Realität gelöst.

Es gibt keine Wegweiser zu den Tech-Fabriken, aber das Google-Rechenzentrum befindet sich auf Google Maps: ein langgestrecktes, blindes, blau umrandetes Gebäude, das von oben wie ein langgestreckter Mikrochip aussieht. Die digitale Revolution ist ebenso eine industrielle, mit Rohren und Gerüsten aus dem 19. Jahrhundert, Silos und Tanks und mattschwarzen Schornsteinen wie denen von Dampflokomotiven.

Nur: kein Leben zu sehen. Nichts bewegt sich. Die Zufahrtsstraße ist gesichert wie Alcatraz, und hinter den schwarzen Toren ist ein kleiner Parkplatz mit einer Handvoll Autos sichtbar – dort arbeiten kaum Menschen, nur Maschinen.

Vier Kilometer entfernt – es ist endloses Terrain – beginnen die Microsoft-Gebäude. Auch dieser Name ist nirgendwo zu sehen, nicht einmal im Kleingedruckten an der doppelten Sicherheitsschleuse. Alles im Code: Unit 570, AMS06, AMS12 – das bezieht sich auf Amsterdam, wo sich die AMS-IX befindet, 40 Minuten entfernt, eine Fahrt umsonst für Amerikaner.

Acht hohe Hallen mit seriöser Stromversorgung. Die Rechenzentren beziehen die Hälfte des Stroms aus dem nahe gelegenen Windpark, der eigentlich den „Haushalten“ versprochen wurde. Sie bekommen kühlendes Wasser mit Vorrang, auch wenn es führen mag zu einem Mangel.

Dies ist der große Verkauf von Land, Wasser und Strom an gesichtslose amerikanische Konzerne, die niemals die Verantwortung für etwas anderes als ihre eigenen Konten übernehmen. Die ihre Data Warehouses mit „einer praktischen Sale-and-Leaseback-Konstruktion“ günstig halten, so der NRC der viel darüber recherchiert hat„über Luxemburg steuerstrukturiert“.

Dieselbe Zeitung stellte fest, dass das im Bau befindliche neue Microsoft-Rechenzentrum auf der anderen Straßenseite fehlte eine Stickstoffgenehmigung. Das wurde mit einem schnell behoben Toleranzentscheidung. Nun, Genehmigungen: Auf seiner Website erklärt Agriport A7 selbst, wie es funktioniert: „Die enge Zusammenarbeit zwischen der Regierungsorganisation und Agriport BV führt zu sehr kurzen Verfahren“ und: „Die Gemeinde Hollands Kroon ist sehr kooperativ und wird ein Projektteam ernennen Vorbereitung des Genehmigungsantrags mit den neuen Unternehmen“.

Schade für den Landwirt mit Stickstoffproblem oder den Bürger mit Dachgaube, sie bekommen keine Sonderstellung. Hier kommen Träume ins Spiel. Die Provinz will das schöne Wieringermeer in ein ‚ländliche Energiezentrale‚ machen, ist in der ‚Energie Vision‚, natürlich mit einer Wasserstoffanlage.

So expandiert die Marskolonie weiter, als hätte sie einen eigenen Willen, die Ländereien sind bereit und warten.

Bauen, bauen, bauen, auch am Wochenende und nachts – die Rohbauten neuer Data Warehouses stehen schon stolz da, als wären sie auf einen Schlag aus der Wolke gelandet. Hubarbeitsbühnen, Betonmischer, Greifer, Bagger, es geht mit aller Kraft und in großer Eile, denn ehe man sich versieht, ist der Traum vorbei.



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