Was die Rechte oft macht: linke Positionen parodieren und dann sehr vehement dagegen sein

Was die Rechte oft macht linke Positionen parodieren und dann
Thomas Högeling

Dilan Yesilgöz fügte am Freitag hinzu Auf 1 ihr erstes großes Interview als VVD-Parteivorsitzende. Moderator Sven Kockelmann wollte gleich ein Missverständnis aufklären: Es sei reiner Zufall, dass auch der ehemalige VVD-Fraktionschef Klaas Dijkhoff am Tisch saß. Er wurde vor Wochen zusammen mit Gert-Jan Segers eingeladen, über ihren Podcast zu sprechen. Natürlich kann man so etwas nicht stornieren.

Als Yesilgöz mit trockenen Augen feststellte, dass Existenzsicherheit ein „klassisches VVD-Thema“ sei, lächelte Dijkhoff kurz und hielt dann klugerweise den Mund. Einen Tag zuvor machte WNL-Moderator Rick Nieman keinen Hehl aus seiner Bewunderung für Mark Rutte. Er hatte ein Fragment aus dem Jahr 2012 mitgebracht, in dem Rutte Emile Roemer über die Erhöhung des Selbstbehalts belogen hatte. Nieman fand das „unglaublich klug“.

Wenn ich Auf 1 Schauen Sie, ich habe oft das Gefühl, dass ich eine Parodie auf eine Talkshow sehe. Und tatsächlich ist das wahr. Um das zu verstehen, müssen wir in die 1990er Jahre zurückgehen. Ich würde gerne glauben, dass der öffentlich-rechtliche Sender damals eine überwiegend progressive Handschrift hatte. Ich beschäftigte mich immer noch hauptsächlich mit Duos wie Carlo & Irene, Rembo & Rembo und Samson & Gert, aber ein Kind konnte auch ahnen, dass Sonja Barend, Marcel van Dam, Jack Spijkerman und Hanneke Groenteman nicht vor rechten Sympathien überströmten. Fernsehmacher mit einer anderen Weltanschauung empfanden den damaligen Tenor zweifellos als erdrückend. Ich möchte dem nicht oder zumindest wenig Abbruch tun.

Aber heute Morgen habe ich meine ersten grauen Haare entdeckt. Das bedeutet, dass meine Kindheit definitiv sehr lange her ist. Und in der Zwischenzeit ist viel passiert. Seit der Ermordung von Pim Fortuyn im Jahr 2002 ist die NPO immer rechtsextremer geworden. Das begann mit der Selbstkorrektur innerhalb der Vara, die nicht immun gegen Schuldgefühle war. Pauw und Witteman hatten große Angst davor, als Linke angesehen zu werden, und luden nach Herzenslust rechte Gäste ein. Auch linke Politiker gerieten ins Visier.

Jeroen Pauw, der später alleine weitermachte, kann es sich immer noch nicht verkneifen, uns zu sagen, dass er wirklich kein klassischer Vara-Mann ist. Erst diese Woche hat er es geschafft Auf 1 Er sei ein großer Fan von Rutte, während er Anfang des Sommers Renze Klamer einlud, noch einmal zu erklären, dass er Frans Timmermans für das Amt des Ministerpräsidenten für ungeeignet halte.

Diese unabhängige Haltung führte zu guten Talkshows, reichte aber bei weitem nicht aus, um das Image der linken NPO zu korrigieren. Vor allem die populistische Rechte schrie immer wieder, es sei eine Hochburg der Linken, ein Propagandakanal, auf dem der rote Teppich für gute Menschen ausgerollt werde, die widerspruchslos gehen dürften. Dieses Image blieb hängen und so gab es genügend Unterstützung für neue Sender, die ein Gegengewicht zur linken Dominanz bilden mussten. Zuerst Powned und WNL und später die Schande namens Ongehoord Nederland.

Aber das war noch nicht das Ende. Die Kritik an der angeblich linken NPO hielt an und wurde immer mehr zur Karikatur. Als würde jeden Tag ein leidenschaftliches Plädoyer gegen den weißen Mann, für den Islam und für die Unterdrückung von Unternehmern laut. Es ist das, was die Rechte oft tut: linke Positionen zu parodieren und dann sehr vehement dagegen zu sein: „Sie sind doch gegen Ausgrenzung, nicht wahr?“ Warum schließen Sie PVV-Wähler aus?‘, ‚Wenn es nach links ginge, hätten wir bald einkommensabhängige Trottel.‘ Das sollten wir nicht haben.‘

Die WNL-Sendungen von Auf 1 sind keine Reaktion auf das, was wirklich vor sich ging, sondern auf die Karikatur, die daraus gemacht wurde. Und das bedeutet in der Tat, dass wir uns mehrmals pro Woche eine Parodie einer Talkshow ansehen.



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