Warum müssen mir stündlich die großen jämmerlichen Nachrichten unter die sorglose Nase gerieben werden?

Warum muessen mir stuendlich die grossen jaemmerlichen Nachrichten unter die

moderne Phänomene; wir sterben darin. Aber wir müssen uns das nicht immer gefallen lassen, oder? Es gibt Dinge, denen wir – nein, wir müssen – widerstehen. Diese Woche: die unausweichlichen Radionachrichten.

Katinka Poldermann

Wenn ich von zu Hause aus arbeite – und das tue ich immer – lasse ich gerne das Radio laufen. Es ist schön, ab und zu mal einen Menschen zu hören, wenn man so viel alleine ist, und am liebsten jemanden, der noch ein bisschen mit einem redet, live aus dem Studio. Während der Arbeit höre ich meistens Kink, manchmal aber auch Radio 5 oder Radio 2.

Wenn es im Studio zu viel geredet oder zu ausgelassen ist, kann ich das Radio auf einen anderen Sender schalten. Wenn blöde Musik gespielt wird: dito. Es gibt einen Teil der Sendung, der nicht vermieden werden kann: die Radionachrichten.

Jede Stunde werden die Musik und Gespräche von einer Nachrichtensendung unterbrochen. Auf allen Kanälen gleichzeitig, also kein Wegzappen. ‚Ö! Du hast sorglos Musik gehört???“, beißt mich die Nachrichtensendung. ‚Schmutziger Egoist!!! In der Ukraine werden Menschen getötet, der Meeresspiegel steigt, die Bildung bricht zusammen, und so weiter >Geben Sie hier einen Weiler in der Wallonie ein< etwas Schreckliches ist einem Kleinkind/Welpen/sehr wichtigen Baum von tausend Jahren passiert, hör mir zu! Ach ja, und ALLES wird unbezahlbar. Und in China wurde eine potenziell verheerende Covid-Variante gefunden. Es ist noch nicht sicher, aber um sicherzugehen, fangen Sie an, sich Sorgen zu machen. Kommen wir zum Schluss mit der Wettervorhersage: Es wird Scheisswetter. Tagelang und dann plötzlich ist das Wetter sehr schön, aber das passt nicht zur Jahreszeit und das müssen wir uns selbst verdanken. Schönen Tag noch und bis in einer Stunde.‘

Mir ist bekannt, dass Radiosendungen unterbrochen werden, wenn ein Geisterfahrer oder andere akute Nachrichtenmeldungen wie ein festgenommener Diktator, ein größeres Zugversagen oder eine Geiselnahme an einem belebten Ort in den Niederlanden gemeldet werden. Aber warum müssen mir die großen, jämmerlichen Nachrichten der Welt stündlich unter die Nase gerieben werden? Es reduziert das Leiden nicht, im Gegenteil.

Wenn ich Netflix schaue oder im Internet rumhänge, wird es nicht jede Stunde von Schreckensbildern unterbrochen und ich kann auf Wunsch immer noch durch die TV-Nachrichten zappen. Aber für den Radiohörer führt kein Weg daran vorbei.

Und für die Calvinisten, die glauben, dass jeder sich des Elends in der Welt bewusst sein sollte: ja, gut. Aber ich nehme es gerne zu einem für mich passenden Zeitpunkt – und zwar nicht stündlich, sondern am besten nur ein- bis zweimal am Tag. Nennen Sie es Egoismus, ich nenne es lieber den Versuch, zu funktionieren und eine angenehme Person mit einem fröhlichen Gemüt zu sein.

Die kanalweiten, stündlichen Radionachrichten werden ein Relikt aus einer Zeit sein, als wir den ganzen Tag über noch auf das Radio angewiesen waren, um unsere Nachrichten zu erhalten.

Aber wir haben auch keine Telefonzellen mehr, keine ANWB-Posten, keine Telegramme, keine Faxe, keine Gelben Seiten, keine Wählmodems und keine Telegrafengeräte.

Wenn das alles verschwinden könnte, dann müsste es auch mit den Radionachrichten klappen.



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