Warum der neue Chelsea-Besitzer Geld und jahrelanges Engagement hinwirft

Warum der neue Chelsea Besitzer Geld und jahrelanges Engagement hinwirft


Chelsea-Besitzer Todd Boehly (rechts) amüsiert sich an der Stamford Bridge, der Heimat von The Blues.Bild Getty Images

Unter dem russischen Oligarchen Roman Abramovich war man es gewohnt, beim FC Chelsea Geld auszugeben, doch im Vergleich zum neuen Besitzer Todd Boehly war er immer noch geizig. Der amerikanische Milliardär gibt so viel aus, dass sogar Chelsea-Trainer Graham Potter auf die Bremse tritt. „Wir können nicht weiter Spieler anziehen.“

Fünfzehn Neuzugänge sind in dieser Saison bereits an der Stamford Bridge angekommen und haben mindestens 490 Millionen Euro an Ablöse- und Leihsummen gekostet. Dies wird durch Boni erhöht. Noch nie hat ein Klub so viel ausgegeben, Manchester Citys 317,5 Millionen Euro 2017/18 sind ein Hungerlohn. Vielleicht wird es bald mehr, denn Chelsea hofft, Enzo Fernández noch vor Ablauf der Transferfrist am Dienstagabend von Benfica trennen zu können. 120 Millionen Euro soll der Argentinier kosten.

„Niemand weiß genau, wie es ihnen mit dem neuen Besitzer geht“, sagte ein überraschter Liverpool-Manager Jürgen Klopp, „wie sie so viel Geld ausgeben können.“ Er ist sicherlich nicht der einzige Konkurrent, der sich das fragt.

Langfristige Verträge

Die Antwort liegt zumindest teilweise in einem weiteren auffälligen Aspekt der Transfers: der langen Vertragslaufzeit der neuen Spieler. So verpflichtete sich beispielsweise PSV-Spieler Noni Madueke für 7,5 Jahre für den Verein aus London, genauso lange wie Andrey Santos und Malo Gusto. Benoit Badiashile und David Fofana hielten es bei 6,5 Jahren, aber Mykhailo Mudryk könnte sogar bis 2031 bleiben.

Diese 8,5 Jahre Mudryk machen es Boehly leichter, jetzt viel Geld auszugeben. In der Abrechnung werden diese Kosten nicht alle sofort erfasst, sondern über die Vertragsdauer verteilt. Je länger die Verträge, desto geringer die jährliche Abschreibung.

Chelsea-Besitzer Todd Boehly wird vor der laufenden Saison von zwei Neuzugängen flankiert: Denis Zakaria (l) und Pierre-Emerick Aubameyang.  Bild Getty Images

Chelsea-Besitzer Todd Boehly wird vor der laufenden Saison von zwei Neuzugängen flankiert: Denis Zakaria (l) und Pierre-Emerick Aubameyang.Bild Getty Images

Wie wichtig das ist, zeigt Mudryks Beispiel. Die Ablösesumme zu Shakhtar Donetsk kann mit Boni 100 Millionen Euro erreichen. Bei einem Fünfjahresvertrag, bisher bei vielen Klubs Standard, macht das eine Abschreibung von 20 Millionen pro Jahr. Da dieser Vertrag 3,5 Jahre länger läuft, sinken die jährlichen Kosten auf unter 12 Millionen.

Boehly scheint vom amerikanischen Baseball inspiriert zu sein, einer Welt, die er gut kennt, weil er auch 20 Prozent der Los Angeles Dodgers besitzt. So unterschrieb der niederländische Nationalspieler Xander Bogaerts kürzlich für elf Jahre bei den San Diego Padres, der längste Baseball-Vertrag hat sogar drei Jahre mehr.

Finanzielles Fairplay

Die Beschmierung hat aber auch mit den neuen Financial-Fairplay-Regeln zu tun, die ab diesem Jahr gelten. Dabei ist der Umsatz der Clubs führend. Vereine dürfen nur einen bestimmten Prozentsatz ihrer Einnahmen für Transfers, Vermittlungsgebühren und Gehälter ausgeben. Dieses Jahr liegt die Grenze bei 90 Prozent, nächstes Jahr bei 80 und ab 2025 bei maximal 70 Prozent.

Was Chelsea helfen wird, ist, dass die Spieler mit langen Verträgen alle jung sind. Von den Wintereinkäufen ist der 22-jährige Mudryk der Älteste. Mit seinem Gehalt von 113.000 Euro pro Woche kann er wohl über die Runden kommen, aber es liegt deutlich unter dem etablierter Stars. Ein weiterer Vorteil: Bei so langen Verträgen verlassen die Spieler seltener ablösefrei das Haus.

Das Risiko besteht darin, dass der Klub deutlich vor 2031 genug von dem Spieler hat. Und der Spieler ist seines Gehalts nicht müde. Dass das möglich ist, weiß ausgerechnet Chelsea: Winston Bogarde hat zwischen 2000 und 2004 nur neun Spiele bestritten, seinen Vertrag aber zum Frust des Vereins komplett ausgesessen. „Diese Welt dreht sich um Geld, also nimm es, wenn dir Millionen angeboten werden“, sagte Bogarde.

Neue Maßnahmen

Das ist der Grund, warum die UEFA laut Tageszeitung Die Zeiten, unter Berücksichtigung neuer Maßnahmen. Vertrag hin oder her, die Abschreibung sollte in fünf Jahren erfolgen. Diese Regel würde nicht rückwirkend gelten, sodass Boehly dieses Winter-Transferfenster einfach fortsetzen kann.

Es könnte der Beginn eines neuen Kurses sein, bei dem es darum geht, Talente länger an den Verein zu binden. So wie zuvor Real Madrid. Früher kam jedes Jahr ein neues ‚Galactico‘ hinzu, jetzt versucht der Klub, Spieler so früh wie möglich zu holen. Im Durchschnitt bleiben diese Spieler mehr als fünf Jahre, die längste aller europäischen Topklubs, bei Chelsea sind es jetzt nur noch drei Jahre.

Möglich ist aber auch, dass Boehly in der nächsten Transferperiode einen anderen Weg geht. Potters Worte zeigen, dass Chelsea unter dem neuen Besitzer ziemlich sucht. Ihm zufolge haben sich in kurzer Zeit „zu viele“ Menschen mit der Einkaufspolitik beschäftigt. Das ist kein Rezept für kurz- oder langfristigen Erfolg. Es muss stabiler werden.“



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