VVD, angeführt von Yesilgöz, bewegt sich nach rechts: Alle Bälle stehen auf Migration und Sicherheit

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Der Vorsitzende des Wahlprogrammausschusses der VVD, Christophe van der Maat, wird am Freitag den Entwurf des Wahlprogramms der VVD an den Parteivorsitzenden Eric Wetzels und den Parteivorsitzenden Dilan Yesilgoz-Zegerius übergeben.Bild David van Dam / de Volkskrant

Es ist kein Zufall, dass die ersten fünfzehn Seiten des neues VVD-WahlmanifestDie am Freitag vorgestellten Gesetzesentwürfe widmen sich fast ausschließlich einer strengeren Asylpolitik. Erst auf Seite 55 werden die für Linkswähler so wichtigen Wahlthemen ausführlich besprochen: Klima und Stickstoff.

Die Botschaft der kürzlich ernannten Parteivorsitzenden Dilan Yesilgöz war daher nach Erhalt des Programms glasklar: Die Liberalen gehen ihrer Meinung nach mit einem harten rechten Ton in die Wahl und stehen voll und ganz hinter dem Thema was das vorherige Kabinett stürzte: Migration. Eine strengere Sicherheitspolitik gehört ebenfalls zu den Prioritäten. „Um in Freiheit leben zu können, müssen Grenzen gesetzt werden“, sagt Yesilgöz.

Diese Wahl ist hauptsächlich das Ergebnis einer kalkulierten Überlegung im VVD. Die Liberalen gehen davon aus, dass genügend Wählerpotenzial für einen noch rechtsgerichteteren Kurs vorhanden ist, als ihn der frühere Parteichef Mark Rutte eingeschlagen hat. Das Vertrauen darin ist so groß, dass Yesilgöz Mitte August sogar die Tür zum PVV offen ließ; eine Tür, die Rutte seit Jahren verschlossen hält. So gesehen bewegt sich die von Yesilgöz angeführte VVD nach rechts.

8-jährige Flüchtlingsmädchen

Obwohl die VVD seit dreizehn Jahren an der Macht sei, vermerken die Liberalen in ihrem Wahlprogramm „Geben Sie Raum. Grenzen definieren‘ dass die Migrationspolitik jetzt ein Chaos ist. „Migration findet bei uns gerade statt. „Andere bestimmen, wie viele Menschen in unserem Land Platz haben.“ Laut VVD hat dies zu einer „Situation nahezu ungehemmter Einwanderung“ geführt, die die Niederlande nicht bewältigen können. „Es hat den Wohnungsmangel erheblich verschärft und einige Stadtteile und Dörfer mit Wanderarbeitern überschwemmt.“

Auffallend ist, dass der VVD im Wahlprogramm betont, dass eine strengere Migrationspolitik auch für die Flüchtlinge selbst besser sei. Es gebe einfach zu wenige Häuser und Einrichtungen, um allen die Einreise ohne Grenzen zu ermöglichen, meint die Partei. „Daher hat ein 8-jähriges Mädchen, das heute als Flüchtling in die Niederlande kommt, keine vernünftige Chance, Ingenieurin, Krankenschwester, Polizistin oder Ministerin und VVD-Leiterin zu werden.“ Das ist es, was wir wollen sollten“, schreibt der VVD. Der Hinweis auf das 8-jährige Mädchen ist eine persönliche Notiz von Yesilgöz, die etwa im gleichen Alter mit ihrer Familie als türkischer Flüchtling in die Niederlande kam.

Die Lösung besteht aus Sicht des VVD darin, die Zügel fest anzuziehen. Der VVD möchte den Zustrom von Asylbewerbern und Arbeitsmigranten reduzieren und sicherstellen, dass sich nur eine kleine Gruppe von Menschen dauerhaft in den Niederlanden niederlassen kann.

So will die Partei beispielsweise alle Asylgenehmigungen zunächst befristet machen: drei Jahre für politische Flüchtlinge und ein Jahr für Kriegsflüchtlinge. Für den VVD wird es daher ein „Zwei-Status-System“ geben. Nicht jeder erhält nach einigen Jahren automatisch das Recht, die niederländische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Auch die VVD will Flüchtlinge abschrecken, die sich hier aufhalten, indem sie alle Einschränkungen erlässt, „die im Rahmen der EU-Richtlinien möglich sind“, etwa eine Wartezeit für die Einreise von Familienmitgliedern und eine strikte Abgrenzung der „Kernfamilie“. Ziel sei es, die Niederlande als Endziel weniger attraktiv zu machen, schreibt der VVD. Sollten die zustrombegrenzenden Maßnahmen scheitern, will der VVD auf europäischer Ebene strengere (eigene) Grenzkontrollen und einen vorübergehenden Asylstopp durchsetzen.

Rechte und linke Zusammenarbeit

Der VVD hofft, dass diese strenge Asylpolitik bei rechten Wählern so erfolgreich sein wird, dass sie am 22. November in der Wahlkabine nicht auf rechte Alternativen zurückgreifen. Ernsthafte Konkurrenten sind diesmal neben PVV und JA21 auch BBB und New Social Contract.

Auch der rechte Wähler wird, so hofft der VVD, von der vorgeschlagenen strengen Sicherheitspolitik beeindruckt sein. Der VVD will Kriminelle härter bestrafen und die Streitkräfte stärken. Alle Jungen und Mädchen sollten zum Freiwilligendienst einberufen werden. In Schweden hat eine solche Initiative bereits zu Tausenden von Registrierungen beim Verteidigungsministerium geführt. Schließlich hofft die VVD, den (Mitte-)Rechtskonkurrenten den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem sie auf sozialer Sicherheit beharrt, so wie es beispielsweise Pieter Omtzigt tut. Es ist nicht länger die Absicht, dass Niederländer mit einem durchschnittlichen Einkommen „am Ende des Monats denken: Werde ich es schaffen?“

Auch auf der linken Seite des politischen Spielfeldes lässt der VVD die Tür offen. Der VVD befürwortet laut Wahlprogramm weiterhin eine ehrgeizige Stickstoffpolitik. Die Partei will alles tun, um die Stickstoffemissionen zu reduzieren, doch dieses Mal wird sie keinen Zwang anwenden, wie ihre eigene Ministerin Christianne van der Wal zuvor befürwortet hatte. Das ist in gewisser Weise eine Niederlage für sie. Auch das Jahr zur Erreichung aller Ziele wird nicht mehr auf 2030, sondern auf 2035 festgelegt.

Auch der VVD befürwortet eine ambitionierte Klimapolitik: Die Liberalen setzen sich für die Erreichung der Pariser Klimaziele ein, bis 2050 „klimaneutral zu leben“. Daran muss die Energiebranche auch im Jahr 2035 glauben. Die linke Kombination GroenLinks-PvdA wird dagegen nichts einzuwenden haben. Der Stolperpunkt wird dabei sein, dass der VVD den Bau von vier großen und mehreren kleinen Kernkraftwerken befürwortet. Aber mit ein wenig Verhandeln könnte es gelingen, eine Einigung mit den linken Parteien zu erzielen.



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