Die Regierung hat sich auf ein Paket von mehr als hundert Maßnahmen geeinigt, um sicherzustellen, dass die Niederlande die Klimaziele für 2030 erreichen. Das Ganze aus Regeln, Steuern und Subventionen wird rund 28 Milliarden Euro kosten und soll dafür sorgen, dass auch einkommensschwache Gruppen von der Umstellung profitieren.
„Das Paket ist ehrgeizig, fair und machbar“, sagte Minister Rob Jetten (D66, Klima und Energie) am Mittwoch in seiner ersten „Klima-Pressekonferenz“. Er möchte diese Pressekonferenzen in der kommenden Zeit häufiger abhalten, um die Niederlande ständig über alle Maßnahmen zu informieren, die die Regierung in den kommenden Jahren ergreift, um die Niederlande in eine klimaneutrale Wirtschaft umzuwandeln. „Denn die Zeit der Unverbindlichkeit ist vorbei“, betonte er. Viele der angekündigten Maßnahmen haben noch offene Enden, was später deutlich wird.
Für das Paket sei kein zusätzliches Geld vorgesehen, sagte Jetten. Die Milliarden kommen zum größten Teil aus dem bereits im Koalitionsvertrag vereinbarten Klimafonds von 35 Milliarden. Auch im Haushalt gibt es Veränderungen.
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Tjerk Gualthérie van Weezel verschreibt de Volkskrant über Energie und die Auswirkungen der Energiewende auf den Alltag.
Die zusätzlichen Maßnahmen sind notwendig, weil Berechnungen der niederländischen Umweltprüfungsbehörde im vergangenen Jahr gezeigt haben, dass die Klimapolitik der Regierung nicht ausreicht, um das eigene Klimaziel für 2030 zu erreichen. In diesem Jahr müssen die Niederlande laut Pariser Klimaabkommen im Vergleich zu 1990 55 Prozent weniger CO2 ausstoßen. Um diese Reduktion zu erreichen, hat sich die Koalition im Koalitionsvertrag darauf verständigt, eine noch stärkere CO2-Reduktion anzustreben -Emissionen etwa 60 Prozent.
Seit Ende letzten Jahres hat die Regierung verschiedene Empfehlungen herausgegeben, die zum besten und fairsten Maßnahmenpaket führen sollen. Besonders geschärft wurde diese Einschätzung nach der Veröffentlichung der sogenannten Interdepartementalen Politikforschung (IBO) zu norm- und preissetzenden Maßnahmen. Die Gruppe der Beamten in der IBO rechnet damit, dass das Kabinett insgesamt noch 22 Megatonnen an zusätzlichen Einsparungen realisieren muss – etwa 13 Prozent der derzeitigen Emissionen in den Niederlanden. Darüber hinaus stellte das IBO ein Maßnahmenpaket vor, das durch Preisanreize und Standards Emissionen reduziert.
VVD und CDA haben in den vergangenen Wochen durchaus kritisch reagiert. Standardisierung und Preisgestaltung gehen ins Portemonnaie von Haushalten und Unternehmen, und dafür gibt es in der Basis der rechten Parteien wenig Enthusiasmus – im Gegensatz zu Subventionen für nachhaltige Technik. Dennoch wurden neben erheblichen neuen Subventionen auch viele Maßnahmen aus dem IBO-Bericht in das Klimapaket übernommen. Dies sind die wichtigsten Maßnahmen pro Sektor:
Beabsichtigte zusätzliche CO2-Einsparung im Jahr 2030: 4 Megatonnen
Hauptmaßnahmen:
• Erhöhung der Beimischungspflicht für Biokraftstoffe
• 600 Millionen Euro Zuschuss zur Belebung des Gebrauchtmarktes für Elektroautos
• Zusätzliche Ladestationen
Verkehr war in den vergangenen Wochen eindeutig das komplizierteste Thema innerhalb der Koalition. In den vergangenen Jahren wurde viel mit Subventionen getan, um mehr Elektroautos auf die Straße zu bringen. Aber um die Emissionen des niederländischen Verkehrs wirklich erheblich zu reduzieren, ist eindeutig mehr erforderlich. Das Autofahren zu verteuern ist dann ein logischer Schritt, aber gerade der VVD wollte das nicht. Auch dort stieß eine Erhöhung der Luftverkehrsteuer auf Widerstand. Diese Maßnahmen sind nicht enthalten.
Die Liberalen müssen akzeptieren, dass Benzin durch eine strengere Beimischungspflicht für Biokraftstoffe teurer wird. Das koste „ein paar Cent“ pro Liter, betonte Jetten – um besorgte Autofahrer zu beruhigen. Wohl kein Zufall, dass vor dem Ministerrat am Mittwoch der feine Teil des Pakets durchgesickert ist: eine Subvention von 600 Millionen Euro, die den Gebrauchtmarkt für Elektroautos beleben soll. Die Regierung investiert zudem massiv in den Bau von Ladestationen für den Pkw- und Güterverkehr, um die wachsende Flotte von Elektroautos mit Strom zu versorgen.
Beabsichtigte zusätzliche CO2-Einsparung im Jahr 2030: 4 Megatonnen
Hauptmaßnahmen:
• Alle Bälle auf dem Agrarabkommen
• Gewächshausgartenbau im Jahr 2040 klimaneutral
Die Landwirtschaft bleibt vorerst eine der größten Unsicherheiten der nationalen Klimapolitik. Das Kabinett hält einfach an dem Ziel fest, das der Landwirtschaft bereits auferlegt wurde: eine Reduzierung um 5 Megatonnen. Mehr als 1 Megatonne konnten bisher nicht konkret geplant werden. Diese Ausarbeitung steht in engem Zusammenhang mit dem Agrarabkommen, das Minister Piet Adema (Christliche Union, Landwirtschaft) mit dem Sektor über die Stickstoffpolitik abzuschließen hofft.
Das wird ganz schön heiß, wie ein Blick in die IBO-Shows zeigt. Maßnahmen, die viel bringen, sind zum Beispiel die Reduzierung des Viehbestands und die Besteuerung tierischer Proteine. Viele rechte Wähler werden das nicht zu schätzen wissen. Kritik muss das Kabinett vorerst vor allem von links erwarten. Denn ohne konkrete Umsetzung wird die niederländische Umweltprüfungsbehörde die beabsichtigten Megatonnen höchstwahrscheinlich Ende dieses Jahres nicht einbeziehen können und wahrscheinlich zu dem Schluss kommen, dass die beabsichtigte Reduzierung immer noch nicht erreicht wird.
Eine Ausnahme bilden die Maßnahmen für den Gewächshausgartenbau. Subventionen für Wärmepumpen und Wärmenetze sowie eine CO2-Steuer pro Unternehmen erzwingen, dass die Branche bis 2040 vollständig klimaneutral ist.
Angestrebte CO2-Einsparung im Jahr 2030: 5,2 Megatonnen
Hauptmaßnahmen:
• Maßgeschneiderte Vereinbarungen mit großen Emittenten
• CO2-Zusatzabgabe bleibt länger in Kraft
• Strengere Regeln für Kunststoffe
Eine wenig bekannte Tatsache ist, dass die niederländische Industrie die Emissionen aller Wirtschaftssektoren am schnellsten reduziert. Insbesondere durch das europäische Emissionshandelssystem und steigende Energiekosten produzieren viele Unternehmen effizienter und nachhaltiger. Aber um das Ziel für 2030 zu erreichen, braucht es mehr. Um den Druck aufrechtzuerhalten, wird das Kabinett in den kommenden Jahren eine zusätzliche CO2-Steuer zusätzlich zu den europäischen Vorschriften einführen.
Ein Großteil der Reduzierung muss mithilfe maßgeschneiderter Vereinbarungen erfolgen, die die Regierung mit großen Emittenten abschließt. Hier gilt Ähnliches wie beim Agrarabkommen. Das Kabinett ist bereits mit Diskussionen über diese Vereinbarungen beschäftigt, aber sie sind noch nicht alle abgeschlossen. Es gibt jedoch Anlass zu etwas Optimismus hinsichtlich der Ergebnisse. So unterzeichnete Shell in diesem Monat eine Absichtserklärung, bis 2030 in Pernis 3,9 Megatonnen weniger zu emittieren, also 0,5 Tonnen zusätzlich zu der bereits im Koalitionsvertrag vereinbarten Reduzierung.
Eine weitere sehr wichtige Einsparung sollte durch die (mehr) Kreislaufführung von Kunststoffketten erzielt werden, durch strengere Standards für die Kunststoffproduktion und Subventionen für Unternehmen, die auf (teilweise) recyceltes Material oder Biokunststoffe umsteigen. Und durch strengere Standards für Abfallanlagen, in denen noch zu viele Wertstoffe in die Luft gelangen.
Beabsichtigte zusätzliche CO2-Einsparung im Jahr 2030: 1,4 Megatonnen
Hauptmaßnahmen:
• Zusätzliches Geld, um die am stärksten gefährdeten Viertel nachhaltiger zu gestalten
• Mehr Förderung für Solarpanels im sozialen Mietbereich
• Eine Verschiebung der Energiesteuer von Strom auf Gas
Der Umgang mit der gebauten Umwelt war weniger umstritten. Es handelt sich also hauptsächlich um Maßnahmen, die nicht schmerzhaft sind, Subventionen, die weiter dazu anregen sollen, dass alle Häuser und Gebäude in den Niederlanden so schnell wie möglich nachhaltiger gemacht werden. Über einen Nationalen Wärmefonds und einen Zuschuss für Solarmodule in sozialen Mietwohnungen wird mehr Geld zur Verfügung stehen, insbesondere für Haushalte in den am stärksten gefährdeten Vierteln.
Durch die stärkere und weniger starke Besteuerung von Gas wird auch der Einbau von Wärmepumpen gefördert. Um aber die schwächsten Haushalte zu schonen, wird der Steuersatz für eine Grundmenge Gas niedrig gehalten. Es wird auch Regeln geben, die Eigentümer von Häusern und Gebäuden verpflichten, ihre Immobilien mit schlechten Energielabels nachhaltiger zu gestalten.
Angestrebte CO2-Einsparung 2030: 4,0 Megatonnen
Hauptmaßnahmen:
• Strommix komplett CO2-frei im Jahr 2035
• Fortsetzung der Kernenergiepläne
• Batteriepflicht in großen Solarparks
Strom ist der Motor der Energiewende. Es muss bereits 2035 komplett CO2-frei produziert werden, um den anderen Sektoren eine nachhaltigere Gestaltung zu ermöglichen. Viele der Pläne dafür waren bereits klar, wie die großen Pläne für Offshore-Windparks und den Bau von zwei Kernkraftwerken. Auch die großen Investitionen in das Stromnetz sind nicht neu.
Ein wichtiger zusätzlicher Punkt ist, dass mehr „steuerbare Kapazität“ aus Strom kommen muss. Damit sind Kraftwerke gemeint, die einspringen können, wenn es zu wenig Energie aus Wind und Sonne gibt. Dies kann klimaneutral (oder sogar negativ) geschehen, indem alte Gas- und Kohlekraftwerke mit Biogas und Biokraftstoff betrieben und die Emissionen unterirdisch gespeichert werden. Aber auch hier gilt: Die Wirkung ist noch nicht klar. Eine neue Maßnahme, die konkret ist: Große Solarparks müssen über Batteriekapazität verfügen, damit sie in sonnigen Momenten das Netz nicht überlasten und ihr Solarstrom effizient genutzt wird.
Beabsichtigte zusätzliche CO2-Einsparung im Jahr 2030: 3,2 Megatonnen
Hauptmaßnahmen:
• Grünes Gas
• Verschiebung der Energiesteuer
Bei den sektorübergreifenden Maßnahmen handelt es sich hauptsächlich um Verschiebungen im Steuersystem oder Anpassungen von Förderregelungen. Da wäre zum Beispiel die erwähnte Steuerverschiebung von Strom auf Gas. Großverbraucher werden auch relativ mehr Steuern zahlen. Eine große Reduzierung dürfte durch die Produktion von „grünem Gas“ erzielt werden, das aus Abfällen und Gülle gewonnen wird. Die Regierung wird diese Gasproduktion und deren Nutzung erheblich stimulieren.
Die Maßnahme, die in D66-Kreisen eifrig zur Kenntnis genommen wird, ist die Abschaffung der Steuerbefreiung für die „Dual-Use“-Kohle. Tatsächlich wird hier eine Grenze gezogen durch eine „fossile Subvention“ für Tata Steel. Dabei handelt es sich vor allem um eine symbolische Maßnahme, die Tata „nur“ 25 Millionen Euro pro Jahr kostet.