Vom Zweifelsfall bis zu Dessers Manie oder wie ein Söldner zum Helden der Kuip wurde

Vom Zweifelsfall bis zu Dessers Manie oder wie ein Soeldner


Cyriel Dessers nimmt den Ball aus dem Netz. Er machte den Anschlusstreffer gegen den FC Twente, 1-2.Statue Jiri Büller / de Volkskrant

Zwischen abfallenden Rasenflächen, gelben Rapswiesen und braunen Feldern liegen zwei leere, verblichene grüne Fußballfelder neben einer Pappelreihe und einem leerstehenden Haus. Es gibt eine mannshohe, längliche weiße Scheune, die als Kantine dient. Ein Urinal wurde an eine Außenwand gehämmert, De Zwaluw Vechmaal steht in schwarzen Lettern auf einer weißen Tafel. Nur der Wind ertönt.

Der Kontrast zu einem wirbelnden Kuip im rauen Süd-Rotterdam oder einer feindseligen Atmosphäre in Berlin, Belgrad, Prag oder Marseille ist enorm. Doch hier ist Cyriel Dessers aufgewachsen, der belgische Stürmer, der zum Aushängeschild von Feyenoords erfolgreicher Europameisterschaft wurde. Am Mittwoch steht in Tirana das Endspiel der Conference League gegen AS Roma an. Gerade unter Druck ist Dessers in Bestform, das hat er in dieser Saison unzählige Male bewiesen.

Wie verlief die besondere Karriere des Publikumslieblings, dessen Qualitäten immer und ewig angezweifelt werden? So auch in Vechmaal, einem verschlafenen Bauerndorf im weiten belgischen Limburg, knapp unterhalb von Tongeren, 30 Kilometer westlich von Maastricht. Dessers lebte dort im Alter von 5 bis 16 Jahren, trat endlos gegen eine Wand des Elternhauses und spielte den ganzen Samstag Fußball in einem Sportpark, der den Namen „The Horror“ trägt, aber alles andere als furchteinflößend ist.

Geschossen Cyriel hat das gerne gemacht“, sagt Guy Vanlangenaker, sein erster Trainer, während er über das höher gelegene Hauptfeld geht, auf dem Dessers vor zwanzig Jahren in lila-weißer Uniform Fußball spielte. Vanlangenaker und Dessers verstanden sich trotz des Altersunterschieds von über vierzig Jahren gut. »Beides Fußballtiere«, murmelt Vanlangenaker. Er trägt eine Trainingsjacke von Manchester City, eine knallrote Mütze, eine Trainingshose und Fußballschuhe, obwohl an diesem Dienstagnachmittag sonst niemand da ist.

Zu seinem großen Bedauern hat er gerade mit dem Training aufgehört. „Ich bin vor einem Monat mit einem Sprachfehler aufgewacht. Sie konnten nichts anderes finden. Aber das ist, was es ist.‘

Torkanone

Zum Glück gibt es noch Erinnerungen, auch an den besten Spieler, der je für Vechmaal gespielt hat und doch lange unbemerkt blieb. Bis zu seinem 12. Lebensjahr spielte Dessers im 800-Seelen-Dorf. Dann ging die Torkanone zum 10 Kilometer entfernten Spitzen-Amateurklub KSK Tongeren, mit einem Abstecher zum Profiklub Sint-Truiden, dann zurück nach Tongeren.

Dessers studierte Jura in Leuven. Er schloss sich dem örtlichen Profiklub OHL an, schaffte aber keinen Durchbruch. Er überlegte, niedriger zu spielen und alles in sein Jurastudium zu stecken, aber dann holte Lokeren ihn ab. Auch dort war er nicht unumstritten, aber der Rettungsring kam aus den Niederlanden. Er wurde bei NAC, FC Utrecht und Heracles beliebt. Aber erst bei Feyenoord wurde er zum Publikumsliebling. Er hat bereits zehn Mal im Conference-League-Turnier getroffen, oft von der Bank aus gestartet.

Cyriel Dessers in einem vollständigen Cockpit Image Pro Shots / Toon Dipping

Cyriel Dessers in einem vollen CockpitImage Pro Shots / Show Dipping

In Vechmaal gibt es keine Cyriel-Dessers-Manie, obwohl die Familie Dessers neben dem Versammlungszentrum wohnte. „Junge Leute ziehen immer mehr weg von hier, wir haben nur zwei Seniorenmannschaften und keine Jugendmannschaften“, sagt Vanlangenaker.

Er geht zu zwei Stellen an der Seitenlinie. „Cyriel hat hier getroffen, er hat mit verschiedenen Jugendmannschaften auf einem Viertel- oder Halbfeld gespielt. Er wollte immer den Ball haben. Er musste für mich handeln, weil man später oft gebannt wird. Er erzielte 90 Prozent der Tore. Die anderen fanden es in Ordnung. Cyriel war ein süßes, geselliges, sanftes Kind abseits des Feldes. Aber er war sehr leidenschaftlich dabei und erhielt auch eine technische Ausbildung an einer Fußballschule in Lüttich.

Jeder Schüler von De Zwaluw erhielt einen Ball. ‚Cyriels war nach sechs Monaten völlig verschlissen, die anderen haben in kürzester Zeit drei Jahre gehalten.‘ Regelmäßig durfte er sich bei Profiklubs in der Umgebung wie KRC Genk, Standard Lüttich und MVV ausprobieren, aber nie bleiben. Neben De Zwaluw-Trainer war VanLangenaker lange Zeit Scout für Roda JC. „Aber ich habe nie seinen Namen genannt. Ich weiß nicht wirklich warum. Ich hielt es für besser, wenn er hier bleibt.«

Das Dessers-Team war der Stolz des Vereins. „Wir haben normalerweise auf dem niedrigsten Niveau gespielt“, sagt Hendrik Swerten, der örtliche Bäcker und Jugendtrainer. „Aber nicht Cyriels Trupp. Sie verloren selten gegen Mannschaften, die auf nationaler Ebene spielten. Hauptsächlich wegen Cyriel hat sie einen nach dem anderen erschossen.‘

Das sorgte manchmal für Unmut bei den Gegnern. Dessers, dessen Mutter nigerianische Wurzeln hat, wurde manchmal „Blackie“ genannt. Swerten: „Er konnte damit umgehen, wusste, dass sie ihn aus seinem Spiel nehmen wollten. Er war schlau, hey, gewann einen regionalen Diktatwettbewerb, lernte Latein in der High School. Er hatte ein wunderschönes Lächeln, glaubte auf angenehme Weise an sich. Ja, der Junge hatte alles. Man konnte ihm nie böse sein. Er hat hart gearbeitet, nie ein Training ausgelassen.’

Wie gut ist Dessers jetzt?

Trotzdem ist an den Analysetischen immer noch umstritten, ob Feyenoord 4 Millionen nach Genk überweisen soll, um den Söldner endgültig zu engagieren. Dessers hat gelernt, mit den Zweifeln zu leben. Seine Eltern bestanden immer auf dem Positiven. Dass ein Praktikum bei einem Profiklub im Sande endete, war doch nicht schlimm, denn er hatte wieder etwas dazugelernt, oder? Sie fuhren ihn überall hin, auch seinen sechs Jahre jüngeren Bruder Emile. Cyriel muss erkannt haben, dachten sie, dass Zeit in ihn investiert wurde, dass er sich Mühe gegeben hatte. Also nicht zu lange schmollen, wenn es mal nicht so läuft.

Eltern bemühten sich damals immer mehr, ihr Kind so schnell wie möglich in den Profifußball zu holen, wenn sie Talente darin vermuteten. Wie anders war die Familie Dessers. Sein Vater Herwig gab manchmal einen Tipp (zum Beispiel das linke Bein extra zu trainieren), aber ansonsten ließen ihm seine Eltern immer freie Hand. Sie mischten sich auch nicht in Schiedsrichter oder Trainer ein. Wenn es auf dem Spielfeld eine Beschwerde über Cyriels Temperament gab, sagten sie nur: „Lass diesen Jungen.“

Cyriel Dessers tut alles in seiner Macht Stehende, um den Ball im Spiel Feyenoord - FC Twente zu bekommen.  Bild ANP

Cyriel Dessers tut alles in seiner Macht Stehende, um den Ball im Spiel Feyenoord – FC Twente zu bekommen.Bild ANP

Die spärlichen Bemerkungen über seine Hautfarbe beantwortete ihr Sohn selbst auf seine Weise. Etwas ausgelassener jubelte er direkt vor seinen verbalen Angreifern nach einem Tor, ein anderes Mal sprangen seine Mitspieler für ihn in die Bresche.

Cyriel wurde bewusst zum Mitglied einer Jugendbewegung gemacht. Raus aus der Show, Spaß haben, malen, scouten, Karneval feiern, laut lachen.

Cyriel glaubte trotz aller Absagen weiterhin an eine Karriere als Profi. Nicht schnell genug, nicht stark genug, nicht raffiniert genug, war immer der Kommentar. Seine Tore wurden oft als Glückstreffer oder als Fehler des Gegners abgetan. „Er hat schon damals Tore geschossen wie zuletzt gegen Marseille, als er einen zu kurzen Rückpass bestraft hat“, sagt der frühere Teamkollege von Tongeren, Lennert Vandecaetsbeek. „Er riecht es, wenn ein Verteidiger einen Fehler machen wird, dann ist er da. Auch das ist eine Qualität.“

In der Jugendanlage des KSK Tongeren in Het Kleinveldje, wo sich Dessers im Alter von 12 Jahren niederließ, fallen die vielen Warnschilder, alles in Ordnung zu halten, besonders auf. „Hier werden deine Fußballschuhe wieder wie neu … eine saubere Umkleidekabine für dich und viel weniger Schlammschlachten für unsere Putzkolonne“, steht auf einem Schild neben einem gezeichneten braunen Monster.

„Wir mussten Cyriel nicht hervorheben“, sagt Jef Byloos, Sportmanager von KSK Tongeren. „Er war gut.“ Byloos versteht nicht, dass die belgischen Profiklubs so wenig Vertrauen in Dessers hatten. „Wir haben ihn zum ersten Mal bekommen, als er 16 war. Auch dort hat er sich behauptet.‘ Tongeren arbeitet jetzt mit der Jugendakademie von Anderlecht zusammen, heißt es auf einem anderen Schild. Byloos: „Anderlecht hätte sein Talent vielleicht zu schätzen gewusst. Aber diese Zusammenarbeit hat es erst in den letzten Jahren gegeben.“

Studentenleben

Dessers profitiert noch heute von seiner Studienzeit in Leuven, wo er als 16-Jähriger in Zimmern lebte. Er genoss das Studentenleben, unternahm lange Reisen und viele Freunde, lernte den Wert des Geldes kennen. In einem seiner ersten Monate rief er panisch zu Hause an. Er hatte eine Schüssel Krabbensalat gekauft und jetzt war sein monatliches Geld fast aufgebraucht.

Dort entwickelte er sein Verantwortungsbewusstsein, obwohl er später auch mit einem Mentaltrainer sprach. Unter Druck in vollen Stadien sieht man oft die besten Dessers. Ein wichtiger Elfmeter kurz vor Schluss, wie zuletzt gegen den PSV? Geben Sie Dessers den Ball. Auch bei NAC, FC Utrecht und KRC Genk war er in Bestform, wenn der Druck am größten war.

Dessers ist ein öffentlicher Spieler pur sang, der sogar den Chef eines Feyenoord-Anhängers anruft, um um eine Auszeit zu bitten, damit dieser Anhänger das Halbfinale in Marseille erreichen kann. Das alles wurde von der Medienabteilung von Feyenoord gefilmt. Dessers hatte ihn schon als Junge, diesen sozialen Aspekt, sagen die ehemaligen Jugendtrainer Vanlangenaker und Swerten. Swerten erhält dennoch innerhalb von fünf Minuten eine Nachricht, wenn er Dessers zu einem Tor oder Sieg gratuliert.

Der Zwaluw-Direktor Patrick Bons sagt, dass die Familie Dessers am sogenannten „Dinner Day“ von Cyriels erstem Club immer anwesend war. „Dann haben wir zusammen Spaghetti gegessen, für die alle bezahlt haben. Der Erlös ging an den Verein.“

Vechmaal ist leer. Junge Leute gehen. Es gibt keine Brasserie, kein Café, keinen Metzger, keinen Bäcker mehr. Der Fußballverein droht von einer Fusion geschluckt zu werden. Vorstandsmitglied Bons und der frühere Jugendtrainer Vanlangenaker hoffen auf einen erneuten Besuch Dessers. Aber sie werden sich nicht aufdrängen, das liegt nicht in der Natur von Vechmaal. Auch das gemeinsame Conference-League-Finale auf einer großen Leinwand zu sehen, wird es nicht geben. VanLangenaker: „Wir sind stolz hier drin.“



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