Sommergäste bei Raven van Dorst war eine überzeugende Selbstprüfung


Alex Mazereeuw

Als „bahnbrechend, witzig und geradlinig“ kündigte Janine Abbring den Sommergast Raven van Dorst an. Fast unmittelbar danach musste sie sich korrigieren, denn bei diesen Worten fing sie sofort an, in Schubladen zu denken. Und das, während Van Dorst uns von diesen Kisten befreien will.

Es war nicht die Frage ob, sondern vor allem wann das funktionieren würde Gäste im Sommer. Van Dorst steht zu ihren Fernsehprogrammen (Bauernhof des Durstes, nachtaktive Tiere) bekannt als jemand, der niemals nur ausgetretene Pfade einschlagen wird. Trotzdem starteten sie am Sonntagabend ziemlich nervös in die Sendung, und Van Dorst wollte besonders betonen, dass sie auf dem schwimmenden Wohnwagen völlig fehl am Platz waren: ‚Du scheinst verrückt im Kopf zu sein, dass du mich zu einer so renommierten Sendung einlädst.‘

Diese Nervosität war relativ kurzlebig, da Van Dorst immer mehr entzündete, als sich das Gespräch auf ihre Kämpfe mit Identität, Geschlecht und Jugend wandte. Dies betraf hauptsächlich die fehlende Verbindung. Als Kind wollte Van Dorst nie nur zu etwas gehören, denn das wäre „zu einfach“ und man würde dann „nie selbst denken“. „Wenn du in deiner Jugend in ein warmes Bad fällst und zu allem gehörst, wirst du jemals wieder suchen?“

Raven van Dorst im Sommer zu GastBild VPRO

Van Dorst hat lange gesucht, auch wenn ihr Umfeld sie hartnäckig in eine Schublade stecken wollte. Van Dorst erzählte eine bizarre Geschichte aus ihrer Kindheit, in der ein Priester in der Kirche sie als besessenes Satanskind identifizierte, für das gebetet werden musste. Van Dorst war ein satanisches Kind, ein Wildfang, ein mädchenhafter Junge und ein jungenhaftes Mädchen.

Das war für die Außenwelt zu schwierig, denn der Arzt stellt fest, ob man Mann oder Frau ist. Es ist entweder Adam oder Eva, und für jemanden wie Raven war in diesem Bild kein Platz. Erst in seinen Zwanzigern wurde Van Dorst von einem Gynäkologen als Hermaphrodit (jemand mit sowohl weiblichen als auch männlichen Geschlechtsmerkmalen) identifiziert. Selbstmitleid gab es sowieso nie, aber endlich eine Antwort auf die Frage „Wer zum Teufel“ ist Raven wirklich.

Das machte das fesselnd Gäste im Sommer vor allem eine große Selbstprüfung, bei der sich Van Dorst wiederholt (unbewusst) um die Position des Moderators bewarb (eine anregende Idee). Van Dorst stellte Abbring viele Fragen, sodass dieser eher Gesprächspartner als Interviewer wurde. Diese Dynamik war anders, aber entwaffnend, denn sie sorgte dafür, dass diese Sendung eher zu einem angenehmen Gespräch als zu einem steifen Vortrag wurde. Das führt oft zu den besten Folgen von Gäste im Sommer, obwohl Van Dorst nicht das Bedürfnis verspürte, endlos über sich selbst zu reden: „Manchmal hört man Dinge aus dem Mund und denkt: Ich halte ab und zu besser den Mund“. Das war überhaupt nicht nötig, denn auch nach drei Stunden kam mir diese Sendung noch zu kurz vor.



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