Solarmodule „made in the Netherlands“ müssen der chinesischen Hegemonie ein Ende setzen

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Minister Jetten mit Mitbegründer Huib van den Heuvel von Solarge (rechts) während der Eröffnung in Weert. Vorstandsmitglied Pieter Nijman von der Food Bank Foundation erhält die ersten Panels.Bild Marcel van den Bergh / de Volkskrant

In der Solarge-Fabrikhalle in Weert zeigt Huib van den Heuvel eine etwa zwei Meter lange Platte. „Aufstehen“, sagt er. Das funktioniert problemlos. Der kaufmännische Leiter strahlt. „Dies ist der Beginn einer Wiederbelebung der europäischen Solarmodulindustrie.“

Diese Industrie florierte einst auf dem alten Kontinent, aber als China das Potenzial erkannte und Peking seine eigenen Fabriken massiv unterstützte, war die europäische Hegemonie in fünfzehn Jahren vorbei. Etwa acht von zehn Solarpaneelen sind mittlerweile chinesisch und das Land kontrolliert die gesamte Kette: von den Rohstoffen über die Produktion bis hin zu den Robotern, die zur Herstellung der Paneele benötigt werden. Europa sah, wie seine glänzende Zukunft in Rauch aufging.

Die Eröffnung der Solarge-Fabrik sollte einen Wendepunkt markieren; Europa ist dabei, die verlorene Solarindustrie zurückzugewinnen. Dieser Wunsch bestand schon seit einiger Zeit und wurde zu einer Notwendigkeit, als Russland in die Ukraine einmarschierte.

Über den Autor
Bard van de Weijer ist Wirtschaftsredakteur von de Volkskrant und Spezialist im Bereich der Energiewende. Er konzentriert sich auf die Probleme, mit denen Verbraucher, Unternehmen und Regierungen konfrontiert sind.

Durch die Unterbrechung eines großen Teils der russischen Erdgasversorgung hat Europa eine harte Lektion gelernt: Der Kontinent war zu abhängig von billiger russischer Energie geworden. Und aus billigen chinesischen Produkten.

Auch für Brüssel waren die Trauben sauer: Europa produziert selbst kaum Energie und ist völlig abhängig von anderen Ländern, die nicht immer unsere Freunde sind. Das genau ein Jahr alte REPowerEU-Programm sollte das ändern. Europa muss anfangen, seine eigene nachhaltige Energie mit Wind und Sonne zu erzeugen, um unabhängiger zu werden.

Halb leichter

Die Solarbranche musste also neu aufgebaut werden. Doch wie bekommt man eine verlorene Branche zurück? Indem wir intelligenter produzieren. So wie es Van den Heuvel und seine Mitbegründer von Solarge versuchen.

Solarge stellt Sonnenkollektoren her, aber nicht die, die die Europäer normalerweise auf ihren Dächern platzieren. Dank ihrer Kunststoffkonstruktion sind die Paneele der Firma Weert nur halb so schwer. Das ist wichtig, denn sie können dann auf Dächern liegen, wo das bisher nicht möglich war. Denken Sie an Firmengebäude und Vertriebszentren. Die Dachkonstruktion dieser anonymen Boxen auf Industriegebieten am Stadtrand ist meist nicht dafür ausgelegt, das Gewicht all dieser Solarpaneele zu tragen.

„Wenn man mit einem Hubschrauber über die Niederlande fliegt, sieht man sie dort kaum“, sagt Van den Heuvel. Nur noch 1 Prozent dieser Dächer hätten sie, sagt er. Und das muss besser sein. Auch von Minister Rob Jetten für Klima und Energie, der ab 2025 neue Gebäude mit großer Dachfläche über Solarpaneele verfügen will.

Verfallenes Dach

Es gibt also viele unbebaute Dächer, von denen die Hälfte die Solarge-Module tragen kann: laut Van den Heuvel gerade mal 250 Quadratkilometer, allein in den Niederlanden.

Solarge-Mitarbeiter in der Fabrik, die am Montag eröffnet wurde.  Bild Marcel van den Bergh / de Volkskrant

Solarge-Mitarbeiter in der Fabrik, die am Montag eröffnet wurde.Bild Marcel van den Bergh / de Volkskrant

Das ist eine tolle Idee, aber hat Jetten nicht Angst, dass ihn die ganzen Paneele sofort mit dem nächsten Problem kollidieren lassen? Das Stromnetz knackt bereits aus allen Nähten und viele Unternehmer bekommen keinen größeren Anschluss. Wie soll der ganze zusätzliche Solarstrom in Zukunft absorbiert werden?

„Wir arbeiten intensiv am Ausbau der Infrastruktur“, sagt Jetten, der zur Fabrikeröffnung mit niemand Geringerem als EU-Energiekommissarin Kadri Simson nach Weert reiste. Der Minister verweist auf den Nachbarn von Solarge, der Salzbatterien herstellt, in denen überschüssiger Strom gespeichert werden kann.

Van den Heuvel sieht ein weiteres Plus: Fabriken können bald ihren eigenen Strom direkt nutzen. „Schließlich wird meist tagsüber gearbeitet, also genau dann, wenn die Sonne scheint“, sagt er. Dieser Ökostrom muss daher nicht in das Stromnetz eingespeist werden, sondern kann direkt in die unter den Dächern befindlichen Maschinen eingespeist werden.

Umwelt- und klimafreundlich

Die Solarge-Module sind nicht nur leicht, sondern erfordern auch viel weniger Energie für die Herstellung, wodurch sich der CO2-Ausstoß letztendlich um 80 Prozent verringert, so das Unternehmen. Sie sind frei von dem schädlichen PFAS und zudem recycelbar. „Alle Komponenten können nach einer Lebensdauer von mindestens einem Vierteljahrhundert vollständig wiederverwendet werden“, sagt Jan Vesseur, CEO von Solarge.

Die Lichtausbeute ist etwas geringer als bei den bisherigen Varianten mit Glasplatte, da das Licht durch die Kunststoffdeckschicht stärker gestreut wird. Und zunächst werden sie 20 bis 25 Prozent teurer sein. Sobald die Produktion jedoch auf Hochtouren läuft, werden die Kosten auf ein ähnliches Niveau sinken, verspricht Vesseur.

Auf die heiße Platte geben

Die Kosten werden gesenkt, da die Fertigung weitgehend automatisiert ist. Eine Handvoll Techniker werden demnächst den Prozess zwischen Montagebändern, Backöfen und Roboterarmen steuern. Es besteht kein Bedarf für mehr als fünfzehn Mitarbeiter pro Schicht. Dann rollt alle 90 Sekunden ein Panel vom Band.

Die Jahresproduktion soll zunächst 100 Megawatt betragen, später soll sie auf 400 Megawatt anwachsen. Ein Tropfen auf den heißen Stein: Im vergangenen Jahr kamen in Europa mehr als 40 Gigawatt Solarstrom hinzu, fast das Hundertfache.

Aber es ist ein Anfang und einer der hoffnungsvollen Art, die sie in Weert finden. Die verwendeten Solarzellen stammen noch immer aus China (Vesseur: „Ohne Zwangsarbeit, sagt unser Lieferant“), ebenso wie die Roboterarme und ein Großteil der Gebrauchtmaschinen. „Das zeigt, dass China tatsächlich die gesamte Kette kontrolliert.“ Und genau dem will Solarge ein Ende setzen.



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