Schämen sich die Niederlande jetzt für Agrarexporte?

Schaemen sich die Niederlande jetzt fuer
Peter Wert

Neben Miss Holland und Blumenkönigin der Parade in Noordwijk war es einst der schönste Nebenjob für ein 18-jähriges Mädchen: die Rolle der Frau Antje bei der Grünen Woche in Berlin.

Das Käsemädchen war das Symbol der erfolgreichen niederländischen Landwirtschaft, die die Welt mit Nahrung versorgte und auch Blumen hineinlegte. Da Frau Antje von der Aufgeweckten Bewegung noch nicht zur persona non grata erklärt (bzw. durch Herrn Helmut ersetzt) ​​wurde, war sie letzte Woche wieder in Berlin dabei. Bei der Eröffnung des niederländischen Pavillons überreichte die Blondine Würdenträgern Käsewürfel, darunter der EU-Landwirtschaftskommissarin, dem deutschen Landwirtschaftsminister und dem niederländischen Minister für Natur und Stickstoff. Auch das Wischorchester Kleintje Pils war mit dem „deutschen“ Evergreen dabei Tulpen aus Amsterdam.

Aber eine Tradition wurde gebrochen. Zur Eröffnung wurde in der Regel auch ein neuer Bericht jedes Jahr aufs Neue den phänomenalen Exporterfolg der niederländischen Landwirtschaft unterstrichen. Aber das durfte in Berlin nicht mehr zur Schau gestellt werden. Diese Zahlen kamen diese Woche gerade aus Den Haag und Wageningen.

Und das hatte nichts damit zu tun, dass Landwirtschaftsminister Piet Adema kurz vor Beginn der Party in die Niederlande zurückgerufen worden war. Er habe eine politische Todsünde begangen, indem er das Repräsentantenhaus nicht rechtzeitig informiert habe.

Der Exporterfolg der Landwirtschaft ist in diesen Tagen ein wichtiges Anliegen der Niederlande. Die Niederlande schämen sich jetzt dafür, dass die Welt mit Milchprodukten, Eiern, Fleisch und Blumen aus einem überbevölkerten Land überladen ist. Es ist sogar ein Exporteur von Kakao, Kaffee, Tee, Muskatnuss und anderen Gewürzen.

Die Niederlande sind seit vielen Jahren der zweitgrößte Agrarexporteur der Welt. Nur die 235 Mal größeren USA exportieren noch mehr. Und das hat sich trotz aller politischen Querelen, des Ukrainekrieges und der Aktionen der Bauern nicht geändert. Im Gegenteil, im Jahr 2022 stiegen die niederländischen Agrarexporte im siebten Jahr in Folge. Diesmal stieg er um 17,2 Prozent auf 122,3 Milliarden Euro. Und das liegt nicht daran, dass die Niederlande plötzlich in den schnell wachsenden vegetarischen Markt eingestiegen sind. Milchprodukte und Eier (11,9 Milliarden Euro), Blumenzuchtprodukte (11,5 Milliarden Euro) und Fleisch (11 Milliarden Euro) waren auch 2022 die wichtigsten Exportgüter.

Die Niederlande möchten sich als Vorreiter der Nachhaltigkeit profilieren, als ein Land, das vor allem auf dem Markt für Bio-Produkte glänzt. Nur das Ausland ist davon weniger begeistert. Bewusste Verbraucher in anderen EU-Ländern kaufen lieber Bio-Produkte vor Ort. Jetzt wird die Exportzahl durch die historisch hohen Preise für Milch und Eier geschmeichelt. Aber auch die Importe stiegen aufgrund der gestiegenen Preise.

Dennoch schätzt Statistics Netherlands die Einnahmen aus dem Export niederländischer Agrargüter nach Abzug der anfallenden Kosten (Import von Rohstoffen, Dienstleistungen, Halbfabrikaten und Importe zur Wiederausfuhr) auf 49,6 Milliarden Euro. Die Landwirtschaft ist buchstäblich die Cash-Cow der Wirtschaft. Das Land schwimmt darauf und Rutte kann dank des Erlöses seiner Rolle als politischer Ausgleichskünstler weiter nachgehen.

Nur Frau Antje lacht jetzt wie ein Bauer mit Zahnschmerzen.



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