Die Schweizer Wissenschaftler analysierten fast 6.600 Proteine im Blut von Patienten und stellten fest, dass die Konzentrationen einiger Blutproteine anders sind als bei gesunden Menschen. Bisher hat die Forschung an Patienten kaum Ergebnisse gebracht: Blut, Herz und Lunge scheinen einwandfrei zu funktionieren. Dies behindert die Erkennung der Krankheit und die Registrierung von Patienten.
In den Niederlanden gibt es schätzungsweise 90.000 schwerkranke Post-Covid-Patienten. Sie leiden unter verschiedenen Beschwerden, die nicht objektiviert werden können. Bisher fehlten beim Post-Covid-Syndrom sogenannte Biomarker, Substanzen, mit denen sich eine Erkrankung erkennen lässt.
Über den Autor
Ellen de Visser ist medizinische Redakteurin in der Wissenschaftsredaktion von de Volkskrant und Bestsellerautor Dieser eine Patientin dem Gesundheitsdienstleister über einen Patienten sprechen, der seine Sicht auf den Beruf geändert hat.
Dies ändert sich nun, unter anderem dank Entwicklungen in einem neuen Bereich (Proteomik), bei dem alle im Körper aktiven Proteine identifiziert werden. Unser Blutplasma enthält Tausende von Proteinen, von Hormonen und Antikörpern bis hin zu Blutgerinnungsfaktoren. Durch die Bestimmung, wie diese Proteine zusammenarbeiten, können Krankheitsprozesse aufgeklärt werden.
Gestörtes System
Die Schweizer verglichen die Blutproteine von 40 Post-Covid-Patienten mit denen von 39 gesunden Menschen und 73 Patienten, die nach einer Corona-Infektion genesen waren. Sie entdeckten beispielsweise, dass bei Patienten mit Post-Covid das Komplementsystem, ein Teil des angeborenen Immunsystems, gestört ist.
Das Komplementsystem besteht aus fast vierzig Proteinen, die zusammen eine zentrale Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern spielen. Bei Menschen, die eine (Corona-)Infektion überstanden haben, beruhigt sich dieses System, nicht jedoch in der Post-Covid-Gruppe, zeigt die Proteinanalyse.
Der emeritierte Professor für Innere Medizin Jos van der Meer spricht von einer „gründlichen Studie“ und bezeichnet die Ergebnisse als überzeugend. Dies umso mehr, als sie durch bestätigt werden eine britische Studie das kürzlich auf einer sogenannten Preprint-Website erschienen ist (und daher noch nicht begutachtet wurde). Ob die Fehlregulation des Immunsystems die Ursache der Beschwerden sei, könne nicht geklärt werden, sagt Van der Meer.
„Top-Biomarker“
Auch bei Post-Covid-Patienten ist die Blutgerinnung gestört, stellten die Schweizer Wissenschaftler fest: Sie fanden Hinweise auf einen zu schnellen Abbau von Gerinnungshemmern und auf eine Verklumpung von Blutplättchen mit Monozyten, einer Art Entzündungszelle. Dies kann zu Durchblutungsstörungen in den kleinen Blutgefäßen führen, sagt Professor Hugo ten Cate, Thromboseexperte am Maastricht MUMC. „Wenn diese Gefäße verstopfen, kommt es zu Sauerstoffmangel in den Zellen.“ „Wenn die Gerinnung zu aktiv ist, kann es auch Entzündungen im Körper verschlimmern.“
Die Schweizer Forscher fanden im Blut von Post-Covid-Patienten mehr als zehn Proteine, deren Konzentrationen unterschiedlich sind. Das seien „Top-Biomarker“, schreiben sie. Ten Cate glaubt, dass dies die Entwicklung eines Bluttests ermöglichen sollte. Einen Ansatzpunkt dafür las Van der Meer in der britischen Studie: Die Wissenschaftler fanden eine Kombination von Proteinbestimmungen, die die Erkrankung vorhersagen können.
Hoffe auf Behandlung
Auch die umfangreiche Analyse der Blutproteine biete mehr Orientierung bei der Suche nach einer Behandlung, sagen die beiden Professoren. Der Internist Van der Meer weist auf die Existenz von Medikamenten hin, die ein überhitztes Komplementsystem verlangsamen können. Diese Medikamente wurden noch nicht bei Post-Covid-Patienten getestet. Er warnt davor, dass es sich hierbei um schwere Behandlungen handelt, die das Immunsystem unterdrücken.
Der Thrombose-Experte Ten Cate ist der Ansicht, dass es auch sinnvoll sein könnte, bei Post-Covid-Patienten mit Medikamenten zu forschen, die die Aktivität von Blutplättchen beeinflussen können, wie etwa Aspirin.
„Wir kommen näher“, sagt er. „Diese Forschung bietet einen Überblick über die Blutproteine, die bei dieser Krankheit eine Rolle spielen.“ Es gibt Hoffnung, dass wir herausfinden können, was vor sich geht.“