Parteimitglieder, bleibt nicht in Nostalgie stecken. Wir sind bereit für einen Durchbruch auf der „Linken“

Parteimitglieder bleibt nicht in Nostalgie stecken Wir sind bereit fuer


Lilianne Ploumen (PVDA) und Jesse Klaver (GL) finden bei der Kabinettsbildung zueinander.Statue Freek van den Bergh

Nur wenn Sie wissen, woher Sie kommen, können Sie planen, wohin Sie wollen. Seit 150 Jahren verwirklichen die Sozialdemokraten ihre Ideale von Freiheit, Gleichheit und Solidarität. In dieser Zeit ist viel erreicht worden. Es ist ein Erbe, das in Ehren gehalten werden muss und das in dieser verwirrenden Zeit Orientierung bietet. Wie unsere Nachkommen damals, haben wir heute die Pflicht, neuen Herausforderungen mit neuen Antworten zu begegnen, mit der Vergangenheit als Stütze, mit Blick auf die Zukunft. Der Zweck ändert sich nicht, die Mittel schon. Schließlich sind Ideale wie Laternenpfähle: Sie beleuchten den Weg, den wir gehen sollten. Wer sich aber nostalgietrunken an so eine Stange klammert, kommt nicht weiter.

Wenn wir Freiheit, Gleichheit und Solidarität Inhalte geben wollen, die es uns ermöglichen, Ungerechtigkeit zu beseitigen, Ungleichheit zu bekämpfen und Egoismus und Zynismus durch Solidarität zu ersetzen, müssen wir einen klaren sozialen und grünen Kurs wählen. Sozialdemokraten in einer ganzen Reihe europäischer Länder und Städte haben auf diese Weise das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger zurückgewonnen und den Auftrag erhalten, diesen Kurs in die Politik umzusetzen.

Mit statt dagegen

Die PvdA wurde 1946 von drei verschiedenen politischen Bewegungen gegründet, die die starren Verhältnisse der Vorkriegszeit durchbrechen wollten. Sozialisten, Liberale und fortschrittliche Christen fanden sich in der Idee, dass sie gemeinsam mehr erreichen könnten als allein, dass sie gemeinsam besser funktionieren würden als gegeneinander.

Es dauerte eine Weile, bis es gelingen würde, alte Formen und Gedanken starben einfach einen langsamen Tod, aber in den letzten fast achtzig Jahren hat diese neue Bewegung entscheidend dazu beigetragen, die Niederlande als Wohlfahrts- und Wohlfahrtsstaat aufzubauen. Wir werden nie wissen, was passiert wäre, wenn 1946 Nostalgie und Fortschrittslosigkeit geherrscht hätten, aber eine fortschreitende Spaltung hätte auch damals den Konservativen in die Hände gespielt, so viel steht fest.

Zersplitterung

Die Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, sind nicht weniger groß als die von 1946, auch wenn unsere hochentwickelte Gesellschaft allzu oft etwas anderes suggeriert. Die zunehmende Fragmentierung der politischen Landschaft macht die politische Steuerung für die Menschen langsam, halbherzig, unklar und zunehmend unnachahmlich.

Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind so groß und manchmal so bedrohlich, dass mehr Einigkeit und Konzentration dringend erforderlich sind. Pandemie, Klimakrise, Krieg, zunehmende Ungleichheit und abnehmende Lebensgrundlagen bilden zusammen eine buchstäblich beispiellose Herausforderung für alle Gesellschaften, einschließlich der Reichsten wie unserer.

Von Politik und Regierung wird mehr verlangt werden, als wir seit Generationen erlebt haben. Daher muss die politisch relevanteste Frage jetzt lauten: Wie stellen wir sicher, dass wir als Gesellschaft glaubwürdige und zukunftsweisende Lösungen für die großen Herausforderungen finden, ohne dass das Gesetz des Stärkeren dominiert?

Bereits 2006 wurden Gespräche über linke Kooperationen geführt.  Aber GroenLinks-Führerin Femke Halsema und PvdA-Führer Wouter Bos gingen weniger weit als Ploumen und Klaver.  Statue Martijn Beekman

Bereits 2006 wurden Gespräche über linke Kooperationen geführt. Aber GroenLinks-Führerin Femke Halsema und PvdA-Führer Wouter Bos gingen weniger weit als Ploumen und Klaver.Statue Martijn Beekman

Farben mischen

Dem steht die politische Zersplitterung in den Niederlanden entgegen. Um regieren zu können, müssen so viele Farben gemischt werden, dass nur noch ein grauer Brei übrig bleibt, von dem sich die Bürger immer weniger repräsentiert fühlen. Das spielt konservativen Kräften, amoralischem „Managerialismus“ und radikalen Stimmen in die Hände.

Erstens, weil der Glaube an Veränderung schwindet, weil echte Lösungen ausbleiben. Zweitens, weil der Glaube an den Wert von Fortschrittsidealen verfliegt, weil sie zu wenig und zu schwach proklamiert werden. Drittens, weil zunehmende Unzufriedenheit ohne Fortschritt den Protest zum Mittel zum Zweck macht. Dadurch steigt die Attraktivität extremer Personen und Parteien, nicht weil sie echte Lösungen anbieten, sondern weil sie auf die zunehmende Verzweiflung reagieren.

Durchbruch

Wir brauchen einen Durchbruch, um das Land voranzubringen. Und ein solcher Durchbruch kann nur von vereinten Kräften erzwungen werden, die an Fortschritt und Solidarität glauben. Indem Sie Ihre Schultern darunter legen.

Wir glauben, dass eine weitreichende Zusammenarbeit und sogar die Verbindung mit GroenLinks dieser Durchbruch sein kann. Einfach weil man gemeinsam stärker ist. Uns ist bewusst, dass ein solcher Schritt Mut erfordert, weil man gewohnte Formen loslässt und allerlei praktische Einwände und Hindernisse im Weg stehen. Aber unser tiefer Glaube an unsere Ideale und die Notwendigkeit, sie heute zu verwirklichen, lässt uns erkennen, dass unser Land unsere vereinten Kräfte braucht.

Gemeinsam zeigen, dass eine Gesellschaft möglich ist, die Wohlbefinden für alle zugänglich macht, ohne die Erde unbewohnbar zu machen. Damit rückt die gerechte Umverteilung wieder in den Mittelpunkt politischen und gesellschaftlichen Handelns. Was den Menschen eine klare Wahl für fortschrittliche Politik stellt und damit auch dazu beiträgt, das implizite und leider manchmal explizite Teile-und-Herrsche-Ansatz der Konservativen zu entlarven. Menschen, die in Not sind oder Angst haben, in Not zu geraten, müssen eine Perspektive bekommen, damit sie nicht länger mit denen ausgespielt werden können, denen es noch schlechter geht als ihnen. Gemeinsame Interessen müssen wieder klar vorgezeichnet werden, damit das Schüren von Spaltungen nach Hautfarbe, Herkunft und Religion viel weniger Chancen hat.

Nostalgie

All das ist möglich, aber dafür ist es notwendig, dass sich die progressiven Niederlande nicht von Nostalgie auseinanderdriften lassen, sondern sich zusammenschließen. Lassen Sie uns deshalb die Zusammenarbeit beschleunigen, nur so können wir den Durchbruch schaffen, der notwendig ist, um einer freien, gerechten, offenen, demokratischen Gesellschaft die nötige Kraft zu geben, allen Herausforderungen selbstbewusst zu begegnen und sie in Chancen für alle zu verwandeln.

Marjolein Moormann ist Beigeordneter in Amsterdam und hat als PvdA-Parteivorsitzender bei den Kommunalwahlen einen durchschlagenden Sieg errungen.

Frans Timmermans ist Vizepräsident der Europäischen Kommission und gewann die Europawahlen 2019 als PvdA-Parteivorsitzender.



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