Leser von de Volkskrant alles finden, und so soll es sein. Eine Debatte wird nur besser, wenn es mehrere Stimmen gibt. Diese Meinungen landen oft bei uns in der Redaktion. Über soziale Medien, E-Mail ([email protected]) und sehr selten über Briefpapier.
Im Von Kapitalzinsen Reporter Daan Balleeer vertieft sich in aufregende und bemerkenswerte wirtschaftliche Ereignisse.
Einer der Leser, der sich kürzlich Gehör verschafft hat, ist Marc Lezwijn von Zoetermeer. Er nahm Anstoß an dieser Passage aus einem Artikel über die verschiedenen Arten von Rezessionen:
Rezessionen können dazu beitragen, das Unterholz der Wirtschaft einzudämmen und den Weg für neue Impulse zu ebnen. Wenn Unternehmen verschwinden, werden Personal und Kapital für andere Unternehmen freigesetzt. Wenn dieser Prozess nicht in Gang kommt, weil der Staat zu großzügig unterstützt, wird er das Wirtschaftswachstum der Zukunft untergraben. „Jeder künstlich stimulierte Aufschwung lässt einen Teil der Arbeit einer Rezession ungeschehen“, erklärte einst der legendäre österreichische Ökonom Joseph Schumpeter. „Es lässt nicht nur zu, dass unverdaute Probleme bestehen bleiben, sondern fügt auch neue hinzu, die eine neue Krise auslösen können.“
Das passte nicht gut zu Marc Lezwijn (Hervorhebung von mir):
Schau, da ist wieder das Unterholz. Jetzt in einem Artikel über wirtschaftliche Schrumpfung von Daan Balleeer. Er schafft es ein verstaubter alter Ökonom bei. Menschen sind während der Pandemie „trockenes Holz“ und jetzt „Gestrüpp“ in einer Wirtschaft. […] Kranke Menschen und Kleinunternehmer als nutzlos und schädlich zu bezeichnen, ist ein bisschen entmenschlichend. Oder ist es nur verwerflich? Ich wähle letzteres.
Nun, ich habe nie gesagt, dass Menschen „Gestrüpp“ sind, sondern dass es für Unternehmen eine wirtschaftliche Daseinsberechtigung geben muss (und die Gleichung „trockenes Holz“ ist ausschließlich Marianne Zwagerman zu verdanken). Doch das war nicht der Grund, warum mir dieser Leser mit seiner Antwort ins Herz trat.
Unglaublich farbenfrohe Figur
Natürlich gibt es verstaubte Ökonomen mit verstaubten Gedanken, die sie in verstaubten Büchern niederschreiben, aber Joseph Schumpeter (1883-1950) gehört nicht dazu. Er ist eine unglaublich bunte Figur mit Ideen, die heute so lebendig sind wie damals, als der österreichische Ökonom sie 1942 in seinem berühmtesten Buch niederschrieb Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie.
Das siebte Kapitel darin mit dem Titel „Der Prozess der schöpferischen Zerstörung“ ist nur sechs Seiten lang, fängt aber perfekt die Essenz des Kapitalismus ein. Alte und veraltete Ideen und Techniken müssen Platz machen für Neues und Frisches. Das Abende von Chopin sind immer noch so schön wie damals, als sie zum ersten Mal auf der Partitur erschienen sind. Um sie zu hören, haben wir die Migration auf Vinyl, Kassette, CD und jetzt Streaming-Dienst erlebt. Auf dem Weg dorthin haben Vinyl-, Kassetten- und CD-Hersteller hart geschworen.
Produktivitätssteigerungen erhöhen letztlich das allgemeine Wohlergehen, so die Meinung. Ja, bei der „alten Garde“ gehen Träume und oft Vermögen in Rauch auf, und ja, Arbeitsplätze gehen verloren. Aber die Gesellschaft verbessert sich mit neuen und günstigeren Produkten. Der Staat dürfe dieser Dynamik nicht im Wege stehen, empfand Schumpeter als wahren Innovationspropheten. Sie musste so wenig wie möglich in die Wirtschaft eingreifen und den Markt seine selbstkorrigierende Arbeit tun lassen, um mit Rückschlägen fertig zu werden.
goldene Mitte
Schumpeter war damit das genaue Gegenteil seines Kollegen John Maynard Keynes, der ein starker Befürworter staatlicher Eingriffe in die Wirtschaft war, insbesondere wenn es schlecht läuft. Irgendwo zwischen diesen beiden Visionen liegt die goldene Mitte.
In den Niederlanden ist dies in den letzten Jahren nicht vorgekommen, weil die Regierungspolitik übertrieben keynesianisch war (notwendigerweise, weil keine gezielte Unterstützung möglich war). Trotz der wirtschaftlichen Notlage seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Zahl der Insolvenzen historisch niedrig geblieben. Die Corona-Hilfspakete hielten schätzungsweise zehntausend Unternehmen in der Luft, die nicht mehr lebensfähig waren, Ähnliches kann durch Energieunterstützung für kleine und mittlere Unternehmen passieren.
Das Etikett „staubig“ passt aus einem anderen Grund definitiv nicht zu Schumpeter. Dafür führte er ein zu bemerkenswertes Leben. Unter anderem lieferte er sich ein Schwertduell mit einem Bibliothekar, der sich weigerte, seinen Schülern Bücher zu leihen (der Bibliothekar blieb mit einer ehrenvollen Narbe zurück).
Schumpeter studierte nicht nur Wirtschaftswissenschaften, sondern auch Geschichte, Jura, Literaturwissenschaft, Psychologie und Politikwissenschaft. Mit 36 Jahren wurde er für neun Monate österreichischer Finanzminister, ein Misserfolg, der ihn für den Rest seines Lebens mit Misstrauen gegenüber der Regierung zurückließ.
Peinlich schlechter Unternehmer
Es gab viele Tragödien in seinem Leben, wie das Katastrophenjahr 1924, in dem seine zweite Frau und sein erster Sohn im Kindbett starben, kurz nachdem seine Mutter das Zeitliche gegen das Ewige eingetauscht hatte. Und so sehr Schumpeter das Unternehmertum lobte, war er selbst peinlich schlecht darin.
Der Österreicher dachte viel und gern über Geld nach, konnte aber nicht sehr gut damit umgehen. Er war mit einem Berg Schulden belastet. Schumpeter organisierte gerne üppige Abendessen und gab haufenweise Geld für Geliebte, Pferde und Kleidung aus. Er sagte gern, dass es sein Ehrgeiz sei, der größte Ökonom, Liebhaber und Reiter der Welt zu werden, und dass er mit zwei von drei bereits auf einem guten Weg sei. „Es läuft nicht so gut“, fügte er schmunzelnd hinzu, „mit den Pferden“.
Es muss gesagt werden, dass einige von Schumpeters Ideen den Test der Zeit nicht überstanden haben. Zum Beispiel sagte er voraus, dass der Kapitalismus seinem eigenen Erfolg erliegen würde, der von Intellektuellen, Interessengruppen und der Bürokratie untergraben würde. Dazu ist es nicht gekommen. Dass er aber kein verstaubter Ökonom mit verstaubten Ideen war, ist hier hoffentlich hinreichend bewiesen.