Neuer Tarifvertrag für Kommunen: Beweisen Beamte, dass sich Streiks lohnen?

Neuer Tarifvertrag fuer Kommunen Beweisen Beamte dass sich Streiks lohnen


Müllsammler werden nach der vereinbarten Lohnerhöhung von 13 Prozent wieder in Den Bosch arbeiten.Bild Marcel van den Bergh / de Volkskrant

Was wurde vereinbart?

Der Verband der niederländischen Kommunen (VNG) und die Gewerkschaften einigten sich am Dienstag darauf, dass die 187.000 Kommunalbeamten eine durchschnittliche Lohnerhöhung von 9,1 Prozent erhalten. Die unteren Lohnstufen profitieren stärker als die höheren. So erhalten beispielsweise Müllabfuhr und Stadtreiniger eine Steigerung von 13 Prozent, während sich Bürokaufleute über eine Steigerung von knapp 7 Prozent freuen können.

Die durchschnittliche Lohnerhöhung liegt deutlich über den 5 Prozent, die der VNG Ende letzten Jahres als finales Angebot auf den Tisch legte, aber unter den 12 Prozent, die die Gewerkschaften forderten.

Warum stellen die Gewerkschaften den Wahlkampf ein, wenn ihr Ziel noch nicht erreicht ist?

In den vergangenen Wochen haben Müllsammler, Ermittlungsbeamte und Reinigungsdienste in verschiedenen Städten ihre Arbeit abgewechselt, weil sie einen Inflationsausgleich für ihre Gehälter wollten. Am Mittwochmorgen waren die Müllabfuhren in Den Bosch und Maastricht an der Reihe. Dies kam für diese Kommunen zu einem unglücklichen Zeitpunkt: In den letzten Tagen haben die Karnevalsfeiern in diesen Städten einen Teppich aus Plastikbechern hinterlassen. Es ist daher kein Zufall, dass der VNG am Dienstagabend ein neues Angebot vorgelegt hat.

Die Gewerkschaften seien dann in der Klemme, sagt FNV-Geschäftsführerin Marieke Manschot: „Wenn wir nicht zustimmen würden, würde der VNG das Lohnangebot von 13 Prozent für die Müllabfuhr öffentlich machen. Dann such dir Müllsammler, die streiken wollen.“ Die Handlungsbereitschaft der Büroangestellten, die diese 7 Prozent mehr verdienen, brauchten die Gewerkschaften ohnehin nicht. „Außerdem“, so Manschot, „ist das Wichtigste, dass die unteren Preisklassen gut ankommen, die sind stärker von den gestiegenen Preisen betroffen.“

Ist das der Beweis, dass Streik sich lohnt?

Dafür sei es noch zu früh, sagt der Historiker Sjaak van der Velden vom Institut für Sozialgeschichte in Amsterdam. Er untersuchte 150 Jahre Streiks und kam zu dem Schluss: 60 Prozent der Arbeitsunterbrechungen führen zu einem besseren Tarifvertrag.

Er bemerke allerdings, dass es den Gewerkschaften zunehmend gelänge, mit relativ wenigen Mitgliedern „klug zu streiken“. „Die Gewerkschaften können nicht mehr ganze Branchen oder gar das ganze Land für drei Wochen lahmlegen, wie es beim großen Beamtenstreik 1983 der Fall war Ein kleiner Nadelstich, der sich summiert, kann dem Arbeitgeber erheblichen Schaden zufügen.‘

Kommunen sind von den Streiks zwar finanziell nicht betroffen, da weiterhin Steuereinnahmen einfließen, aber mit jeder Aktion wächst der politische oder gesellschaftliche Druck, ein besseres Angebot zu machen. Vor allem, wenn sich Müll sichtbar auf den Straßen ansammelt.

Darüber hinaus schadeten die kurzen „Staffelaktionen“ laut Van der Velden den Arbeitnehmern und der Gewerkschaft selbst weniger finanziell. Wer streikt, bekommt aus der Streikkasse der Gewerkschaften maximal 80 Euro pro Tag, oft weniger als das Gehalt. Wer streikt, konzentriert sich daher oft darauf. Nicht sehr attraktiv in Zeiten der Rekordinflation. Indem Streikende die Arbeit nur kurzzeitig und abwechselnd unterbrechen, verhindern sie eine übermäßige Belastung des Geldbeutels und den Verlust der Moral. Es übt auch weniger Druck auf die Streikkassen der Gewerkschaften aus. Kein überflüssiger Luxus, jetzt, wo sie aufgrund gesunkener Mitgliederzahlen weniger Beitragseinnahmen haben.

Was bedeutet das Ergebnis dieses Streiks für andere Sektoren?

Lichter anschlagen. Das geht nicht nur aus der Forschung, sondern auch aus Zahlen hervor de Volkskrant von der Gewerkschaft FNV angefordert. Allein in den ersten sechs Wochen dieses Jahres entließ die größte Gewerkschaft des Landes die Arbeit in 15 Unternehmen oder Branchen, verglichen mit durchschnittlich 25 im Jahresdurchschnitt. Große Erfolge hielten sich bisher jedoch in Grenzen. Lediglich in drei Branchen, darunter der Getränkegroßhandel, kam ein besseres Lohnangebot zustande. Aber unter anderem bei Douwe Egberts, Etos und de Bijenkorf kämpfen die Mitarbeiter seit Monaten ohne Erfolg. Gleiches gilt für den Regionalverkehr (jetzt umbenannt in „schlagenTransport‘). In zwei Sektoren, PostNL und Schülerbeförderung, haben die Arbeitgeber den FNV sogar beiseite geschoben und eine Vereinbarung mit den kleineren Gewerkschaften getroffen.

Für die Streikenden in diesen Sektoren können die Ergebnisse der Funktionäre eine Motivation sein, an ihrem Handeln festzuhalten. Darüber hinaus kann es auch auf andere Weise wirken: Arbeitgeber könnten sich jetzt vorgewarnt fühlen, wenn die Gewerkschaft mit Maßnahmen droht. „Und das ist natürlich die klügste Aktion“, sagt Van der Velden. „Den Streik musst du nicht weiterführen, denn nur Drohen bringt dir das, was du willst.“



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