Montag und Freitag zu Hause, Dienstag und Donnerstag im Büro: Homeoffice stört NS

Montag und Freitag zu Hause Dienstag und Donnerstag im Buero


NS-Chef Wouter Koolmees im Gespräch mit einem Journalisten in einem Abteil des NS-Leerwerkcentrums nach der Präsentation der Jahreszahlen.Bild Freek van den Bergh / Volkskrant

Viele Branchen haben sich mittlerweile vom Corona-Schlag erholt, doch bei der NS hallt der Schlag noch immer nach. Die Bahn befördert täglich im Schnitt eine Million Fahrgäste, rund 18 Prozent weniger als vor Corona. Das wurde am Donnerstag bei der Vorstellung der Jahreszahlen. Betrachtet man nur die Zahlen für Werktage, sieht man einen noch größeren Unterschied: Unter der Woche zählen die Bahnen im Vergleich zu 2019 nicht weniger als 25 Prozent weniger Reisende.

Laut NS-Chef Wouter Koolmees liegt die Ursache auf der Hand: Homeoffice. „Wir sehen ein ganz anderes Reiseverhalten. Montags, mittwochs und freitags ist es sehr ruhig. Aber dienstags und donnerstags, zwischen 07:45 und 08:45 und zwischen 17:00 und 18:00, ist es voll. Viel geschäftiger als die Rush Hour vor Corona. Das sind bei vielen Organisationen feste Sprechtage, da fahren alle mit der Bahn.“

Rote Zahlen

Das Arbeiten von zu Hause aus ist für die Beschäftigten ein angenehmer Nebeneffekt der Corona-Pandemie, hat aber für die Bahngesellschaft große Konsequenzen. Genau wie in den ersten beiden Corona-Jahren wird die NS auch 2022 wieder rote Zahlen schreiben. Im vergangenen Jahr war es ein operativer Verlust von 304 Millionen Euro. Das liegt laut NS vor allem an den rückständigen Fahrgastzahlen. Weil die Menschen befürchten, dass die Arbeit von zu Hause aus weitergeht, rechnet das Unternehmen auch 2023 und 2024 mit Verlusten.

Darüber hinaus muss auch NS seinen Geschäftsbetrieb anpassen. Koolmees: „Vor Corona wollten wir an jedem Werktag den gleichen Fahrplan fahren. Es scheint jetzt, dass wir auf einigen Strecken mehr Züge einsetzen können und auf anderen weniger. Wir müssen lernen, das sehr genau an die veränderte Nachfrage anzupassen.“ So fährt der Intercity zwischen Eindhoven und Amsterdam am Freitag nicht mehr alle zehn Minuten, sondern alle fünfzehn Minuten. Umgekehrt sieht die NS einen Ausbaubedarf der Züge zwischen Utrecht, Den Haag, Rotterdam und Amsterdam.

Koolmees rechnet damit, dass die Passagierzahlen erst 2026 auf das alte Niveau zurückkehren werden. Er verweist beispielsweise auf die demografische Entwicklung, durch die die Niederlande im Jahr 2035 19 Millionen Einwohner haben werden, eine Million mehr als heute. Diese Prognose sei jedoch noch höchst ungewiss, sagt Finanzvorstand Bert Groenewegen. „Wenn Arbeitgeber verlangen, dass die Mitarbeiter in einem Jahr öfter ins Büro zurückkehren, könnte sich das Bild schnell ändern. Das bringt viel Unsicherheit für NS mit sich.‘

Schlechte Nachrichten

Keine angenehme Aussicht, und die Hiobsbotschaft ist dem NS-Direktor schon über den Kopf gewachsen. Das Unternehmen kämpft mit akutem Personalmangel und muss daher 13 Prozent weniger Züge fahren. Von den verkehrenden Zügen erreichten nur 8,4 Prozent pünktlich ihr Ziel. Das ist eine mittelmäßige Leistung: Das letzte Mal, dass die NS so schlecht abschneidet, war 2017. Koolmees nennt das jetzt eine „Niederlage“.

Im Hintergrund tobt derweil ein Kampf um die Bahnkonzession, die Erlaubnis, den größten Teil der Strecke zu nutzen. Dieser wird konsequent privat an die NS vergeben, was die EU-Kommission und konkurrierende Unternehmen nicht fair finden. In einem ersten Gerichtsverfahren gelang es der NS, die Konkurrenz abzuwehren; der Richter wagte es nicht, eine Entscheidung zu treffen. Am 27. März wird die Angelegenheit erneut behandelt, diesmal in einem Hauptsacheverfahren.



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