Nennen Sie es Guerillaschwimmen, schlägt die belgische Fotografin Sanne De Wilde (35) vor: Was die Jugendlichen tun, die sie an dem glühenden Sommertag des 22. Juni mit der Kamera verfolgt, ist verboten. Das Schwimmen ohne zertifizierte lebensrettende Aufsicht in öffentlichen Gewässern ist in Belgien wegen der Untergangsgefahr nicht erlaubt und „die Polizei verhängt wirklich Geldstrafen. Also muss jemand Ausschau halten, um zu sehen, ob die Luft rein ist.“
Ein Akt des ins Wanken geratenen Spritzwiderstands dieser Mittzwanziger, um sich im Galgenweel abzukühlen, einem Bracksee auf der linken Seite des Scheldeufers in der Nähe von Antwerpen. Und, verstärkt durch einen Joint und einen Schluck Wein, die Bevormundung der Autorität, wenn nicht bis zum Stiefel, so doch bis zur Badehose. Sie schafft das gut, wie es scheint: Die Possen und Sprünge sind der glücklichste Kampf, den man sich vorstellen kann.
De Wilde kam über ihre beste Freundin mit den Jugendlichen in Kontakt: „Die Schwester dieser Freundin ist wie eine Schwester für mich und Teil eines besonderen Drillings. Es heißt Ferre, mit den gebleichten, kurz geschnittenen Haaren.« Ihre Gruppe von Freunden vermischte sich mit der von Ferres Drillingen, und „sie verschmolzen mit einer aufregenden Dynamik zu dieser eng verbundenen Gruppe junger Menschen in etwa dem gleichen Alter“.
De Wilde ist aufgefallen, wie aufgeschlossen die jungen Leute sind. „Sie gehen sehr geschmeidig mit ihrer Körperlichkeit um.“ Es scheint, so der Fotograf, als hätten sie ihre Identität beschleunigt entwickelt. Sie haben so viel Selbstvertrauen. Sie experimentieren und entwickeln sich, auch beruflich, kompromisslos weiter.
Ferre hat eine Hauptrolle als Schauspielerin in einer Fernsehserie als nicht-binäre Figur. Eine andere Person praktiziert Tätowierungen an sich selbst. Eine der jungen Frauen untersucht, wie es ist, als Domina mit Männern zu arbeiten und zeigt eindrucksvoll ihre Grenzen auf.
De Wilde: „Niemand in dieser Gruppe ist überrascht und so sollte es sein. Es ist schön, wie sie miteinander umgehen. Sie zeichnen und lesen viel, sie sind sehr kreativ. Da ist auch viel Dynamik drin Gender-Fluidität, in Kleidung und Farben. Meine Generation war in dieser Hinsicht weniger mutig und offen.“
Dies ist der dritte Teil einer Fotoserie über die europäische Jugend. Nächste Woche: Paris.