„Massenmigration ist nicht das Problem, sondern die Lösung der Klimakatastrophe“

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Gaia Vince.Bild DPA/Getty

Ihr Buch ist ein internationaler Hit, ebenso wie die Autorin Gaia Vince, die kürzlich Amsterdam besuchte, um beim Brainwash Festival Werbung zu machen. Es ist natürlich ein Zufall, dass ihr Vorname Gaia („Mutter Erde“) wie angegossen zu ihrem Engagement für den Planeten passt.

Dass sie mit dem Buch Nomadenjahrhundert schrieb: Eine Klima-Denkaufgabe ist eine bewusste und zielgerichtete Handlung. Denn Vince, ein Wissenschaftsjournalist, der beeindruckende Preise gewonnen und in renommierten Medien wie z Natur, Neuer Wissenschaftler Und Der WächterSie hat eine Mission: Machen Sie sich an die Arbeit, Klimazerstörer in der Welt.

In ihrem Buch, das über Fakten und Zahlen, Politik, Philosophie, eigene Erfahrungen, Forschung in Dutzenden Ländern und feurigen Aktivismus sprudelt, wird die Menschheit aufgefordert, die Klimakatastrophe nicht hinzunehmen. Vince glaubt, dass der Planet auf dem Weg zur Zerstörung ist. Sie glaubt aber auch, dass der Protagonist des Anthropozäns (ein vom niederländischen Nobelpreisträger Paul Crutzen geprägter Begriff, der sich auf das geologische Zeitalter des verheerenden Einflusses des Menschen überall auf der Erde bezieht) wählen kann: dies passiv geschehen lassen oder etwas tun.

Über den Autor

Mirjam Schöttelndreier ist Meinungsredakteur von de Volkskrant.

Und dann steht ihre Botschaft wunderbar im Widerspruch zu den Sorgen der aktuellen niederländischen Politik – Hilfe, Migranten! −, weil Vince sagt: Wir müssen anfangen, eine Massenmigration zu koordinieren. Denn Massenmigration ist nicht das Problem, sondern die Lösung der Klimakatastrophe. Für die Menschheit, die Welt.

Aber dann wünschen wir uns eine Migration mit Politik, mit Hilfe eines globalen UN-Migrationshauptquartiers und praktischen Dingen wie einem UN-Pass, mit dem Menschen anderswo auf dem Planeten ein neues ziviles Leben aufbauen können. Klingt es verrückt? Science-Fiction? Ja, und gleichzeitig auch nein, denn Vince geht auf nichts anderes als die Vorstellung einer steigenden Zahl von Klimaflüchtlingen ein, wenn auch im positiven Sinne.

Millionen Menschen leben bereits in Gebieten mit schlechten Lebensbedingungen und es entstehen immer mehr solcher Orte. Das apokalyptische Bild wird als die „vier Reiter des Anthropozäns“ bezeichnet: Feuer, Hitze, Dürre und Überschwemmung. Sie denken vielleicht an klatschnasse und schwüle Regionen in Bangladesch und Indien, an das ertrinkende Vanuatu oder an knochentrockene Teile Afrikas, aber vergessen Sie nicht Länder der Ersten Welt wie Australien und die USA.

Auch dort sind und bleiben große Teile für den Menschen unbewohnbar. Vince möchte nur sagen: Lassen Sie das Bild des armen Klimaflüchtlings hinter sich, die Bewohner eines wohlhabenden Landes oder einer trendigen Stadt werden sich bald der Armee der Suchenden nach sicherem Land anschließen können.

Der Kern von Vinces Argumentation besteht darin, dass ein Großteil des Klimas, das unter Dürre, Überschwemmungen und Mangel an sauberer Luft leidet – und auch: das Verschwinden landwirtschaftlicher Arbeitskräfte, das viele für selbstverständlich halten –, weitgehend vorhergesagt werden kann. Aber anstatt darauf zu warten, und da kommt der visionäre und optimistische Klimaingenieur ins Spiel, kann man auch nach neuen Lebensräumen suchen, im globalen Norden. Und Sie können sie schaffen, indem Sie Ihr Wohnumfeld anders gestalten. Denn der Mensch, von Natur aus ein Nomade, ist es gewohnt, ständig rund um den Globus unterwegs zu sein, auf der Suche nach grasigeren Wiesen oder trockenen Füßen.

Neben einem erbärmlichen Ausmaß an Klima-Elend bietet Vince einen beeindruckenden Berg an genialen Lösungen für neue Wege der Lebensmittelproduktion und neue Städte für Klimaflüchtlinge. Vielleicht nutzt Putin auch die Chance, einen konstruktiveren Beitrag zur Geschichte zu leisten, indem er Teile Sibiriens für Scharen von Weltbürgern öffnet, die dort bald ein neues Leben aufbauen können – das UN-Hauptquartier wird dabei helfen.

Vince überzeugt mit ihrem Ansatz, dass man ohne Träume und neue Perspektiven – egal wie verrückt sie manchmal klingen – nicht vorankommt. Denken Sie daran, dass das Olivenöl bald aus China kommt und nicht mehr aus dem ausgetrockneten Andalusien, daher sind ihre Gedanken nicht so futuristisch. Gleichzeitig scheint sie eine unbekümmerte Befürworterin der Kernenergie zu sein, und ihre realisierbare Zukunft hängt so sehr von Vernunft, vernünftigem, langfristigem Denken und globalem Wohlwollen ab, dass man auf dem heutigen geopolitischen Schlachtfeld kaum glauben kann, dass aus dieser UN noch viel werden wird Migrationsagentur.

Dass ihre Quellenangabe viel zu wünschen übrig lässt, dixit Die Washington Post, ist wahrscheinlich auch wahr. Dennoch ist es in diesen dunklen Zeiten sehr schön, dass sich jemand an die utopische Aussicht auf ein geniales statt auf ein zum Scheitern verurteiltes Anthropozän wagt.

Nicht aus Naivität, sondern aus Vernunft. Lassen Sie sich den Kopf zerbrechen.

Gaia Vince, Nomad Century, Wie man den Klimaumbruch überlebt, Penguin Random House UK, 260 Seiten.

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