Truss bleibt Premierminister, bis ein Nachfolger gefunden ist. Die Konservativen wollen wie beim letzten Machtwechsel selbst einen neuen Ministerpräsidenten wählen. Kandidaten sind Penny Mordaunt, Rishi Sunak und Boris Johnson. Letzterer ist der Favorit unter den Parteimitgliedern, bekommt aber nach dem Truss-Debakel keine Stimme mehr.
Für die Labour-Opposition ist die Zeit für Neuwahlen gekommen. Die Tories liegen in den Umfragen mehr als 30 Prozentpunkte zurück und vertrauen ihr Schicksal daher nur ungern dem britischen Volk an.
Truss stand am Donnerstagnachmittag vor der schwarzen Tür der Downing Street 10 und neben ihrem Ehemann Hugh und gab ihren Rücktritt bekannt. Sie tat dies nach langwierigen Beratungen mit Sir Graham Brady, dem Führer der konservativen Fraktion.
Seit der neue Finanzminister Jeremy Hunt am Montag fast ihr gesamtes Budget geschreddert hat, ist Truss‘ Position als Premierministerin bereits unhaltbar geworden. Sie war dann gezwungen, einer Politik zuzustimmen, die mehr oder weniger von dem Mann entworfen worden war, den sie im Kampf um die Parteiführung besiegt hatte: Rishi Sunak.
Chaos
Am Dienstag behauptete Partystar Michael Gove, es gehe nicht darum, ob sie zurücktrete, sondern wann. Während der wöchentlichen Fragestunde sagte Truss am Mittwoch, sie werde weiter kämpfen. „Ich bin eine Kämpferin, keine Aufsteigerin“, stellte sie fest.
Später an diesem Tag trat Innenministerin Suella Braverman nach einem Streit mit Truss zurück. Am Abend verschärfte sich das Chaos, als die Konservativen sogar physisch gezwungen waren, im Einklang mit der Regierung zu stimmen. Dieser hartnäckige Ansatz brachte vielen Abgeordneten das Fass zum Überlaufen. Die Wut in der Gruppe war groß.
Truss ging nach seinem Amtsantritt mit der Ankündigung von Steuersenkungen im Wert von 50 Milliarden Euro ohne handfeste Begründung aufs Ganze. Dies führte zu Unruhen an den Finanzmärkten und sie war schließlich gezwungen, ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng zu entlassen. Sie hat auch ihre eigene Position sehr wackelig gemacht.
Truss präsentierte sich als neuer Thatcher, war es aber nicht. Ihre Ministerpräsidentenschaft war, mit einem Wort, katastrophal.