Patrick, heute waren es über 38 Grad in London, morgen wird es wohl wärmer als 40 Grad. Wie gehen die Briten damit um?
„Es wurde gerettet. Was ich hauptsächlich sehe, ist, dass die Leute drinnen bleiben. Seit Wochen arbeiten Bauarbeiter vor meinem Haus, aber heute sind sie nicht aufgetaucht. Der Postbote war bereits um 8.30 Uhr da, zwei Stunden früher als sonst. Ich wollte im Park eine Tasse Kaffee trinken, aber man sah nur leere Tische, bis auf ein paar holländische und deutsche Touristen. Es war ein bisschen wie der Lockdown vor sechs Monaten.’
„Es ist auch schwierig, sich zu bewegen. Auf einigen Straßen schmelzen Teile des Asphalts. Es fahren keine Züge mehr. Der Flughafen Luton ist wegen einer schmelzenden Landebahn geschlossen. Das Land ist auf solche Umstände nicht vorbereitet.“
„Ich habe ein Foto von einer Wache im Königspalast gesehen. Auch jetzt muss er mit einem Bärenfell auf dem Kopf stundenlang in der Hitze stehen. Er tat mir leid. Zum Glück hat er auf dem Foto ein wenig Wasser bekommen.“
Auf der Website von Die Sonne Über den Klimawandel wird heute kein Wort gesprochen. Sie veröffentlichen jedoch einen Meinungsartikel, in dem sie sagen, dass die BBC als Teil des überfürsorglichen „Nanny State“ diese Temperaturen fälschlicherweise als „Krise“ bezeichnet. Was denken die Briten über den Klimawandel?
„Insbesondere in den sozialen Medien tobt ein Kampf zwischen Menschen, die nicht an den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel glauben, und denen, die dies tun. Dazu gehört der Vorwurf des Alarmismus. Die erste Gruppe sagt: Es ist Sommer, natürlich ist das Wetter schön. Dann weisen sie auf frühere trockene, warme Sommer hin, zum Beispiel den Sommer ’76. Aber dann waren es nur noch 36 Grad. Morgen werden Temperaturen von 43 Grad erwartet.‘
Wie positionieren sich die Boulevardzeitungen in dieser Diskussion?
„Diese Art von Zeitungen nutzen jede Gelegenheit, um gute Schlagzeilen zu machen. Wenn es im Winter -4 sind, spricht man schon von einem sibirischen Winter. Jetzt sprechen sie also von einem apokalyptischen Sommer.
„Die Boulevardzeitungen wollen Zeitungen verkaufen, deshalb legen sie tendenziell mehr Gewicht auf ihre Themen. Beispielsweise gab es eine Diskussion über Wetterkarten. Früher wurden hohe Temperaturen von fröhlichen Sonnen begleitet. Jetzt sieht man plötzlich rote und dunkelrote Zeichnungen. Einigen zufolge war das viel zu alarmierend. Jetzt hat sogar das britische KNMI gesagt, dass diese Karten mit dunkelroten Zeichnungen zu stark eingeschaltet worden wären.
Aber ist ein derart apokalyptisches Bild nicht ein Argument für eine härtere Klimapolitik, eine Position, die man von Boulevardzeitungen nicht unbedingt erwarten würde?
„Die Boulevardpresse spielt eine Doppelrolle. In dem Tägliche Post Auf den Nachrichtenseiten herrscht heute viel Panik. Aber etwas weiter hinten in der Zeitung liest man in Kolumnen, dass wir uns alle nicht so verhalten sollten.
„Die Zeitungen sind ziemlich schizophren. Das sieht man auch in anderen Themen. Bei Katastrophen suchen sie sehr stark nach einem Täter und fragen sich, warum die Politik nicht gehandelt hat. Dann kommen diese Maßnahmen und dieselben Zeitungen stellen sie als viel zu viel Patronage dar.‘
„Ich merke, dass das die Leute in Panik versetzt. In der Corona-Krise lasen sie Schlagzeilen von Tausenden Toten auf der Titelseite, aber Kolumnisten schrieben etwas weiter, dass das Virus überhaupt nicht gefährlich sei. Sie müssen nicht einmal die Zeitungen lesen, um davon betroffen zu sein, denn Sie sehen sie überall. Es trägt auch zur risikoaversen Kultur des Vereinigten Königreichs bei.“
Abschließend Patrick, gibt es auch Klimaskepsis in der regierenden Konservativen Partei?
Boris Johnson wird vorgeworfen, beim Klimaschutz viel zu ehrgeizig zu sein. Ein Kommentator der American Fox News sagte sogar, dass Johnson darauf hereingefallen sei, zu sehr wie Greta Thunberg auszusehen. Die grünen Ambitionen werden angegriffen, jetzt wo immer deutlicher wird, dass es nicht alles umsonst gibt.
„Das merkt man auch im Kampf um den neuen Ministerpräsidenten. Alle Kandidaten sind für Klimaneutralität, sagen aber gleich, dass das nicht zu Lasten des Wohlstands gehen dürfe. Das ist schwierig, weil es nicht kostenlos ist. Die Premierministerkandidatin Penny Mordaunt sagte kürzlich, dass wir gehen sollten einfach null sollte, aber dann für eine Halbierung der Mineralölsteuer plädierte. Die Politik spielt also auch eine Doppelrolle.“