Keine Coffeeshops, sondern Cannabisclubs in Deutschland: „Die beste Form der Legalisierung aller Zeiten“

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Demonstranten für die Legalisierung von Cannabis ziehen bei einer Demonstration am Samstag, 12. August, mit einem riesigen Fake-Joint durch den Reichstag in Berlin.Bild Getty

Nach einjähriger Planung hat die Bundesregierung am Mittwoch ein Gesetz vorgelegt, das den Genusskonsum von Cannabis von Anfang bis Ende legalisiert und regelt. Ziel ist vor allem der Schutz von „Kindern und Jugendlichen“sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach am Mittwoch in Berlin. „Was wir jetzt tun, funktioniert nicht: Der Cannabiskonsum nimmt zu.“ Und was die Niederlande und einige amerikanische Staaten tun, funktioniert auch nicht.“

Deshalb geht Deutschland einen ganz anderen Weg. Das Cannabisgesetz wird voraussichtlich noch in diesem Jahr in Kraft treten und den Verkauf und die Produktion legalisieren. Zuständig dafür sind gemeinnützige Vereine unter der Aufsicht der Regierung. Mitglieder dieser Verbände dürfen 50 Gramm pro Person und Monat kaufen. Für junge Erwachsene bis 21 Jahre gelten besonders strenge Regeln (siehe Kasten). Der Verkauf an Minderjährige bleibt absolut untersagt. Mit der Legalisierung des Konsums formalisiert die Regierung die bestehende Praxis; Schon jetzt ist der Grasgeruch in Berliner Parks unverkennbar und die private Nutzung wird nicht strafrechtlich verfolgt.

Über den Autor
Remco Andersen ist Deutschlandkorrespondent für de Volkskrant. Er lebt in Berlin. Als Nahost-Korrespondent gewann er für seine Arbeit in Syrien und im Irak den Lira-Preis für Auslandsjournalismus.

Laut Lauterbach markiert das Gesetz einen Wendepunkt in der „gescheiterten Drogenpolitik“ Deutschlands. Der Minister hält das deutsche Modell zudem für „die beste Form der Legalisierung, die ein Land bisher versucht hat“.

Laut Lauterbach führt die Kommerzialisierung der Cannabisproduktion und des Cannabisverkaufs, wie es einige US-Bundesstaaten getan haben, zu mehr Konsum. Den Verkauf und Konsum von Cannabis zu erlauben, die Produktion aber dem Schwarzmarkt zu überlassen, wie es die Niederlande seit Jahrzehnten tun, schürt die Kriminalität. Nach Angaben des Ministers bedeutet dies auch, dass dem Cannabis zunehmend gefährliche Substanzen beigemischt werden. „Dieses Gesetz soll die Drogenkriminalität reduzieren, Cannabis vom Schwarzmarkt entfernen und den Konsum reduzieren.“

Warnkampagne

Doch zunächst startet die Bundesregierung eine Warnkampagne gegen die Droge, die sie legalisiert: „Cannabis, legal, aber…“ Der Slogan wird auf lila-rosa Hintergrund über die „digitalen Kanäle der Regierung“ verbreitet, jeweils gefolgt von eine Warnung. „Legal, aber Sie werden der Letzte sein: Regelmäßiger Cannabiskonsum kann die körperliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.“ Legal, aber Angst: Cannabiskonsum kann zu psychischen Problemen führen. Legal, aber lieber Brokkoli: Regelmäßiger Cannabiskonsum passt nicht zu einem gesunden Lebensstil.

Die Kampagne richtet sich an junge Menschen, da Cannabis für Konsumenten, deren Gehirn sich noch in der Entwicklung befindet, zusätzliche Risiken birgt. Damit versucht die Regierung den Einwänden von Wirtschaftsverbänden, darunter Ärzten und Psychologen, entgegenzutreten, die eine Zunahme des Cannabiskonsums junger Menschen befürchten. „Wir holen Cannabis aus der Tabusphäre“, sagte Lauterbach. „Bis das Gesetz in Kraft tritt, wird es keinen jungen Menschen mehr geben, der die Risiken nicht kennt.“ „Wir legalisieren, schaffen aber auch Bewusstsein.“

Auf die Frage, warum er die Altersgrenze nicht auf 21 Jahre und den monatlichen Höchsteinkauf auf weniger als 50 Gramm festgelegt habe, verwies Lauterbach erneut auf den Kern der Strategie. „Wir wollen Produktion und Vertrieb vom Schwarzmarkt verlagern. Dann muss man ein System aufbauen, das damit mithalten kann und das diesen Wettbewerb gewinnen kann. „Ein Mindestalter von 21 Jahren ist dann nicht realistisch.“

Deutschland wird das Gesetz nach vier Jahren evaluieren. Die Regierung prüft auch, wie neben der Vereinsstruktur auch Gewerbebetriebe aufgebaut werden können. Mehr dazu wird im zweiten Halbjahr 2024 bekannt gegeben.

Cannabisverkäufe in Deutschland

Produktion und Vertrieb erfolgen im Rahmen gemeinnütziger Vereine. Die Regierung prüft die Qualität und die Einhaltung der Regeln. Beitreten können nur volljährige Einwohner Deutschlands.

Mitglieder dürfen 50 Gramm Gras oder Haschisch pro Monat kaufen, maximal 25 Gramm pro Tag. Für 18- bis 21-Jährige gilt eine monatliche Höchstmenge von 30 Gramm. Auch diese Altersgruppe darf nur Cannabis kaufen, das maximal 10 Prozent des Wirkstoffs THC enthält.

In den Cannabis-Clubs und im Umkreis von 200 Metern um sie herum ist der Konsum nicht gestattet. Deutschland wird keine Coffeeshops bekommen.

Cannabis sollte im Umkreis von 200 Metern um Schulen, Sportvereine, Kinderspielplätze oder andere Jugendeinrichtungen nicht konsumiert werden.

Ein Cannabisclub kann maximal 500 Mitglieder haben. Diese Größe ermögliche laut Minister Lauterbach einen Preiswettbewerb mit dem Schwarzmarkt, ohne dass die Behörden den Überblick verlieren.



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