Den EU-Staaten ist am Donnerstag noch kein vielversprechender Durchbruch bei gemeinsamen Regeln für die Migrationskrisen gelungen. Die völlig neue europäische Migrationspolitik, deren Kernbestandteil diese Regeln sind, ist daher noch nicht umgesetzt. Nach einer Kehrtwende Deutschlands schien eine Einigung in greifbare Nähe zu rücken. Doch nun zögert Italien.
Die EU-Mitgliedstaaten haben sehr unterschiedliche Ansichten darüber, was zu tun ist, wenn plötzlich eine große Zahl von Migranten ankommt. Doch Deutschland, das eine Schlüsselposition innehatte, stellte seinen Widerstand beim Treffen der Migrationsminister in Brüssel ein. Ministerin Nancy Faeser sagte, sie wolle „Verantwortung übernehmen“ und wies auf die Todesfälle hin, die es geben werde, solange Europa nicht in der Lage sei, die Migration richtig zu steuern. Sie behauptete aber auch, Zugeständnisse erzwungen zu haben. Italien, das ganz anders über Migration denkt, wird mit diesen Zugeständnissen möglicherweise nicht leben können. Die Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni arbeitet an einer Verschärfung der Migrationsregeln im eigenen Land. Ein Abkommen ohne das wichtige Ankunftsland Italien ist ebenso undenkbar wie ohne Deutschland.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die sogenannten Frontstaaten am Mittelmeer mehr Solidarität fordern, nördliche Zielländer beklagen, dass Migranten freie Durchreise gewährt wird und östliche Länder überhaupt keine Asylbewerber aufnehmen wollen. Gleichzeitig suchen Mitgliedstaaten und Bürger jedoch weiterhin nach einer Lösung auf europäischer Ebene.
Allerdings werden die EU-Länder sicherlich „in den kommenden Tagen“ zu einer Einigung kommen, versichert EU-Kommissarin Ylva Johansson. Es werde viel diskutiert und geplant, um alle mit ins Boot zu holen, sagen EU-Diplomaten. Man bleibe nicht bei Angelegenheiten großer Wichtigkeit oder unüberwindbaren Einwänden hängen, so ihr vorerst der Eindruck. Doch eine Entschädigung für Italien könnte leicht ein anderes EU-Land verärgern.
Da sich die Mitgliedstaaten nicht einigen können, sind auch die Verhandlungen zu den anderen Teilen der neuen europäischen Migrationspläne ins Stocken geraten. Dabei drängt die Zeit, denn die EU-Mitgliedsstaaten und das Europaparlament müssen sich noch vor Februar einigen. Nach der Europawahl wird alles anders sein und die Arbeit wird höchstwahrscheinlich von vorne beginnen müssen. Die belgische Regierung, die ab Januar den Vorsitz der Europäischen Ministerräte übernimmt und Verhandlungen mit dem Parlament führen muss, schaut daher mit Argwohn zu.
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