Der Fall dreht sich im Wesentlichen um eine Immobilieninvestition des Vatikans im Londoner Stadtteil Chelsea. Dabei handelt es sich um 350 Millionen Euro aus Spenden von Gläubigen. Unter Beccius Führung wurden Millionenbeträge für Vermittler oder für ungeklärte Ausgaben ausgegeben. Im vergangenen Jahr sei das Gebäude mit einem geschätzten Verlust von 140 Millionen Euro verkauft worden, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
Um in diesem für den Vatikan beispiellosen Fall ein Urteil zu fällen, waren 85 Anhörungen nötig. Die Recherche dauerte zweieinhalb Jahre. Am Samstagmorgen sprach Gerichtspräsident Giuseppe Pignatone nach Abschluss der Ermittlungen zu einem für den Vatikan „außerordentlich komplexen“ Strafverfahren.
Möglicher Nachfolger Franziskus
Becciu hat stets seine Unschuld beteuert. Von 2011 bis 2018 war der Kardinal Teil der vatikanischen Regierung. Damit wurde er zu einem der mächtigsten Menschen im Vatikan und galt lange Zeit sogar als möglicher Nachfolger von Papst Franziskus.
Beccius Ambitionen fanden ein Ende, nachdem die Polizei des Vatikans im Jahr 2019 Razzien beim Finanzinformationsdienst der Vatikanstadt und im Staatssekretariat durchgeführt hatte. Becciu wurde mit Geldwäsche, Betrug und Korruption in Verbindung gebracht, woraufhin der Papst ihn zum Rücktritt aufforderte, was unter Kardinälen eine Seltenheit ist. Bei einem anschließenden Konklave verlor er sein Wahlrecht, durfte aber seine Titel und seine sogenannte Würde behalten.
Die Verteidigung war der Ansicht, dass der Papst seinen Rücktrittsantrag vor der Verurteilung verfrüht gestellt hatte. Die Machtdemonstration von Franziskus hätte einen fairen Prozess erschwert. Das Londoner Immobiliendebakel wurde vom Papst übrigens nicht angeführt, als Becciu zurücktrat. Becciu soll 125.000 Euro aus den Kassen des Vatikans an eine Wohltätigkeitsorganisation gespendet haben, die sein Bruder leitete.