Ein oder zwei Jahre. So lange hatte Gerard van Velde erwartet, dass es dauern würde, bis Jenning de Boo seine Nische als Profi-Skater finden würde. Doch neun Monate nachdem er den jungen Sprinter unter seine Fittiche genommen hatte, hat De Boo bereits seinen ersten internationalen Titel gewonnen. Van Velde: „Er ist einzigartig.“ So etwas habe ich noch nie gesehen.“
Kurz nach seinem Trainer verlässt der 19-jährige De Boo selbst den Zentralplatz von Thialf. Er ist ein lockerer Redner, hat eine Art natürlichen Charme, aber in ihm liegt etwas Gelassenes. Er scheint auch nicht genau zu wissen, was mit ihm passiert. Dass er nach seinen doppelten nationalen Titeln über 500 und 1.000 Meter nun innerhalb von anderthalb Wochen auch Europameister über 500 Meter geworden ist, kommt einem nicht so recht in den Sinn.
„Vor dieser Saison hatte ich noch nicht einmal an die Europameisterschaft gedacht“, sagt der Mann, der in 34,48 den Esten Marten Liiv (34,78) und den Polen Marek Kania (34,86) besiegte und zu seiner eigenen Überraschung die Saw-Banner gewann mit seinem Namen auf den überfüllten Ständen in den letzten Tagen. „Ich hatte auf einen Platz unter den Top 10 bei den nationalen Meisterschaften gehofft.“
Die Kunst des Faltens
Letztes Jahr trainierte De Boo, von seinen Freunden „Jenning de Boeing“ genannt, hauptsächlich als Shorttracker, nahm aber auch an Langstreckenrennen teil. Seine Zeiten auf Clap-Skates waren für einen Teenager ermutigend, aber Van Velde war sich nicht sicher, ob er schnell durchbrechen würde. Und er war diesbezüglich in den Gesprächen mit De Boo ehrlich. „Ich sagte: Junge, du hast ein paar sehr schöne Perlen in deinen Händen, mit denen du sehr schnell loslegen kannst, aber es muss getan werden.“
Eine dieser „Perlen“ ist sein langer Körper. Der Boo ist 1,95 Meter lang und hat passend dazu lange Beine. „Das ist gut für die Höchstgeschwindigkeit.“ „Du hast auf den 1.000 Metern schöne Hebel.“ Der Nachteil besteht darin, dass ein großer Körper etwas schwieriger durch eine Kurve zu manövrieren ist. Aber auch in dieser Hinsicht hat De Boo ein besonderes Talent, denn er kann sich falten wie kein anderer. „Deshalb dachte ich: Dieser Junge könnte etwas sein.“
Doch Van Velde hatte nicht damit gerechnet, dass es so schnell gehen würde, obwohl die Zeichen bereits im Sommer vielversprechend waren. Beim ersten Eislauf-Trainingslager im süddeutschen Inzell konnte De Boo mit erfahrenen Männern wie Kjeld Nuis bemerkenswert gut mithalten. Dann sah Van Velde, wie leicht er technische Anweisungen aufnahm und wie reibungslos er den Übergang von der Kurzstrecke zur Langstrecke verdaute.
Die Konkurrenz behält De Boo im Auge. Ich versuche herauszufinden, was den großen, starken Jungen so schnell macht. Wenn man Van Velde also fragt, welche Anweisungen er brauchte, um sich in den letzten Monaten so stark zu verbessern, hält der Trainer seine Karten offen. „Das sage ich nicht.“