Der Pilotenverband VNV kämpft gegen Pläne, mit nur einem Piloten im Cockpit zu fliegen. In Wirklichkeit waren Computer die meiste Zeit eines Fluges am Steuer.
Warum weigern sich die Piloten, mit nur einem Piloten im Cockpit zu fliegen?
Der Zuhörer kann es kaum ignorieren. Hin und wieder läuft im Radio ein Werbespot, in dem der Verband niederländischer Linienpiloten (VNV) vor den Risiken warnt, die entstehen, wenn nicht, wie derzeit üblich, zwei Piloten, sondern nur einer im Cockpit sitzen. Mehr als 30.000 Menschen haben in den letzten zwei Wochen eine Online-Petition auf der Website unterzeichnet Ich möchte sicher fliegen fordert die europäische Luftfahrtbehörde EASA auf, die Sicherheit nicht zu gefährden, indem sie den Copiloten durch „unerprobte Technologie“ ersetzt.
Die Steuerung eines großen Flugzeugs sei Teamarbeit, sagt der VNV. Was passiert, wenn es dem verbleibenden Piloten schlecht geht, was in den Niederlanden durchschnittlich zwölfmal im Jahr vorkommt? Was ist, wenn dieser eine Flieger auf der Toilette ist, wenn etwas schief geht? Oder wird er unsanft aus dem Schlaf geweckt? Was passiert, wenn Passagiere Amok laufen? Ob sich offenbar ein Flugzeugentführer an Bord befindet? „Einen Piloten aus dem Cockpit zu entfernen, löst kein Sicherheitsproblem, sondern schafft eines“, verteidigt der Berufsverband, dem fast alle (fünftausend) niederländischen Berufspiloten beigetreten sind.
Ist der Mensch im modernen Cockpit so unverzichtbar?
Die weitgehende Automatisierung hat das Fliegen zu einem der sichersten Transportmittel gemacht. „In den letzten fünf Jahren gab es weltweit durchschnittlich 200 Todesfälle pro Jahr bei Unfällen“, sagt Joris Melkert, Dozent für Luft- und Raumfahrttechnik an der TU Delft. Allein in den Niederlanden sterben jedes Jahr 700 Menschen im Straßenverkehr.
In den letzten Jahrzehnten ist die Besatzung eines Verkehrsflugzeugs nur geschrumpft. „Am Anfang waren fünf Leute im Cockpit. Von dort verschwanden nacheinander der Funker, der Navigator und der Flugingenieur. Und mit jeder Person, die das Cockpit verließ, wurde das Fliegen nur noch sicherer.“ Ein Pilot weniger sei laut Melkert der logische nächste Schritt. Laut VNV ist es gerade die Kombination aus moderner Technologie und dem Faktor Mensch, die das Sicherheitsniveau so hoch macht.
Eine moderne Boeing oder ein Airbus ist ein Flugcomputer. Melkert: „Je nach Flugdauer fliegen Piloten das Flugzeug tatsächlich im Durchschnitt nur 3 bis 6 Minuten.“ Die meisten Flüge werden mit dem Autopiloten durchgeführt, insbesondere die lange, langweilige Überquerung des Ozeans. „Der Start erfolgt immer noch durch Menschen, aber sobald das Flugzeug eine bestimmte Höhe erreicht, übernimmt der Computer die Steuerung.“ Die Landung erfolgt oft fast völlig automatisch. Niederländische Piloten machen immer noch viel manuell.‘
Sind die Bedenken der Piloten völlig unbegründet?
Befürworter von nur einem Piloten im Cockpit – oder dem Fliegen komplett am Computer – verweisen gerne auf Statistiken, die belegen, dass rund 60 Prozent der Flugzeugunfälle durch menschliches Versagen verursacht werden, der größte Teil davon durch die Besatzung (55 Prozent), durch die Verkehrsleiter (5 Prozent) und Wartungstechniker (3 Prozent). Bei 13 Prozent kommt es erneut vor, bei 17 Prozent ist der Absturz auf einen technischen Defekt zurückzuführen.
Dazu gibt es einiges zu sagen, sagt Melkert. Er ist sich des Arguments des VNV bewusst, dass Menschen erfinderischer sind, wenn es darum geht, Lösungen zu finden, wenn etwas schief geht. „Flugunfälle werden stets akribisch untersucht. Aber nicht immer hört man davon, wenn ein Pilot mit einem entscheidenden Eingriff die Lage gerettet hat. Das wird nicht auf dem neuesten Stand gehalten.‘
Ein wichtiges Argument des Pilotenverbandes sei, so der Luftfahrtspezialist, dass bisher der Grundsatz gelte, dass jedes Besatzungsmitglied, das aus dem Cockpit verschwand, das Fliegen sicherer machen müsse. „Jetzt sagt die EASA, dass das Fliegen noch eine Weile sicher bleiben muss.“
Warum werden die Piloten jetzt aktiv?
Über eine weitere Automatisierung von Verkehrsflugzeugen wird seit Jahrzehnten gesprochen. Vor vier Jahren führte Airbus eine erfolgreiche Testreihe mit einem Flugzeug durch, das ohne Menschen am Steuer startete. Eine Landung ohne Besatzung ist seit einiger Zeit möglich, allerdings muss ein Pilot noch alle Systeme „einstellen“, damit der Autopilot seine Arbeit erledigt.
Die EASA hat kürzlich eine Untersuchung der Möglichkeiten zur Abschaffung des Copiloten angeordnet. Das National Aerospace Center (NLR) wird diese Studie durchführen und hofft, diesen Sommer einen Bericht veröffentlichen zu können.
Flugzeughersteller und Fluggesellschaften wollen ab 2027 mit nur einem Piloten an der Spitze experimentieren. Die beiden fliegen immer noch, aber auf den langweiligen Langstrecken legt sich der Kapitän dann schlafen, um ausgeruht zu sein, wenn das Ziel in Sicht kommt. Heutzutage fliegt auf langen Strecken oft ein dritter Pilot, manchmal sogar eine zweite Crew, die einen Teil der Strecke fliegt. In Zukunft könnte die Rolle des Co-Piloten vielleicht von einem Flieger übernommen werden, der vom Boden aus „Co-Pilot“ ist. Dies könnte dann helfen, mehrere Flugzeuge zu bedienen und muss nur dann eingreifen, wenn sich die Person im Cockpit unwohl fühlt oder einschläft.