In Ladies First wird deutlich, dass Frauenfeindlichkeit immer noch nicht aus dem Hip-Hop verschwunden ist

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Königin Latifah in „Ladies First“.Bild Netflix

Wenn man sich den enormen Erfolg weiblicher Hip-Hop- und Rap-Künstlerinnen in den letzten Jahren und damit den Status von Megastars wie Megan Thee Stallion, Nicki Minaj und Cardi B ansieht, könnte man fast meinen, dass der Kampf so gut wie vorbei ist . Dieser Hip-Hop ist nach schwierigen Jahren der Ungleichheit endlich zu gleichen Wettbewerbsbedingungen geworden.

Schon um dieses Missverständnis aus dem Kopf zu bekommen, lohnt es sich, sich die Netflix-Serie anzusehen Frauen zuerst eine Dokumentarserie der Regisseurin Hannah Beachler über den erschöpfenden Kampf, den Frauen seit fast fünfzig Jahren führen, um in einer männlichen Musikwelt Fuß zu fassen. Die Frauenfeindlichkeit ist immer noch da.

Über den Autor
Robert van Gijssel ist seit 2012 Musikredakteur de Volkskrantmit besonderem Interesse an elektronischer Musik und Tanz sowie den härteren Musikgenres.

Die Zeugnisse von Frauen, die an der Wiege des Hip-Hop standen, sind allesamt beeindruckend. Bewunderung verdient beispielsweise die Geschichte der gebürtigen New Yorkerin Lolita Shante Gooden. Als Reaktion auf das Lied schrieb der Rapper 1984 einen Track Roxanne, Roxanne von der Hip-Hop-Crew UTFO. In diesem Lied ging es um ein Mädchen namens Roxanne, das sich weigerte, die sexuellen Annäherungsversuche der Rapper zu akzeptieren. Lolita Shante Gooden nahm den Künstlernamen Roxanne Shante an und antwortete: „Du bist ein beschissener Mistkerl, du kleiner Idiot.“ „Mit deinem kleinen Schwanz hast du nichts zu tun.“

Die Nummer Roxannes Rache ging als erster „Diss-Track“ im Hip-Hop in die Geschichte ein. Doch der Rapper hatte es dann schwer. Männliche Rapper wie KRS One akzeptierten ihre Texte nicht und schlugen mit ihren eigenen, diesmal recht humorlosen Diss-Tracks hart zurück. „Shante ist nur für regelmäßiges Ficken gut“, rappte KRS One. Und ganz New York sang dieses Lied mit. Ein Lied über ein Mädchen, das gerade 15 geworden war. „Meine Mutter hat mich durch diese Jahre begleitet“, sagt Shante.

Frauen ausgelöscht

Die Hip-Hop-Geschichte ist voller Frauen und daher auch voller Geschichten wie dieser. Man hört sie selten. Wer hat jemals von Roxanne Shante gehört? Oder von MS Melody, Lady B oder Sweet Tee? In Frauen zuerst wird erzählt, warum diese Namen aus den Chroniken verschwunden sind. Die feministische Autorin und Journalistin Joan Morgan zeigt, wie der Erfolg von Frauen in einer von Männern dominierten Branche immer wieder als „Zufall“ abgetan wird. Auf diese Weise könnten die Frauen nie Teil der Hip-Hop-Kultur werden.

Und sie wurden vor ihren Augen betrogen. Viele Frauen unterschrieben erdrückende Verträge, die ihnen keinen Cent einbrachten. Das TLC-Trio verkaufte in den 1990er Jahren zehn Millionen Alben. Doch nach fünf Jahren als Henker und ununterbrochener Leistung seien sie pleite, sagten sie damals in einer kontroversen Pressekonferenz. Das Geld verschwand in den Taschen der Manager und der Plattenfirma. Es stand natürlich alles im Kleingedruckten.

Das ist in unserer Zeit anders, hoffen Sie. Aber leider. Letztes Jahr reichte Megan Thee Stallion eine Klage gegen ihr Label 1501 ein, weil auch sie nie einen Cent bezahlt bekommen hatte.

Pionierarbeit

In Frauen zuerst Es werden wunderschöne Linien durch die Geschichte gezogen. Das Werk von Lil‘ Kim, die als Pionierin freimütig über weibliche Sexualität rappte, wird neben das Hip-Hop-Denkmal der 1920er-Jahre gestellt: den Song WAP (Wet Ass Pussy) von Megan Thee Stallion und Cardi B. Lil Kim, deren Texte im Vergleich zu denen vieler männlicher Kollegen noch zivilisiert waren, hatte in den 1990er Jahren eine schwere Zeit. Sie wurde als „hypersexuell“ und sogar „schlüpfrig“ abgetan und musste in unzähligen Talkshows von sehr eifrigen Medien Erklärungen abgeben.

Wann WAP und der dazugehörige Clip im Jahr 2020 veröffentlicht wurden, passierte den Machern genau das Gleiche. Das sehr explizite Lied wurde in höchsten politischen Kreisen diskutiert – so weit hatten es männliche explizite Texte noch nie geschafft. Und sogar sein Rapperkollege Snoop Dogg hielt es für nötig, eine moralisierende Ansprache zu halten. „Frauen sollten manche Dinge einfach für sich behalten“, sagte der Rapper, der auch für das Lied bekannt ist Gesetz aus dem Jahr 2010: „Sag mir, Baby, bist du nass?“ Tropf, tropf, tropf, tropf für mich, Mami.‘

Die Serie erhält eine düstere Spannung, wenn es um Aggression und sexuelle Gewalt gegen Frauen geht. Die schwerwiegenden Vorwürfe gegen Def Jam-Labelchef Russell Simmons bleiben unterbelichtet – vielleicht dachten die Macher, dass diese #MeToo-Affäre in der HBO-Dokumentation angemessen behandelt wurde Auf der Akte aus dem Jahr 2020. Doch der Fall von Megan Thee Stallion, die 2020 von der Rapperin Tory Lanez angeschossen wurde, erregt große Aufmerksamkeit. Megan Thee Stallion erlitt nach einer Schießerei in einem Auto Kugelsplitter in beiden Füßen. Sie verklagte den Rapper, erntete dann aber einen Sturm des Online-Hasses, auch aus der Hip-Hop-Community. Sie würde lügen, so tun als ob und eine Verräterin sein.

Vor zwei Wochen wurde Tory Lanez zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Doch die Fans fordern immer noch seine sofortige Freilassung, denn nicht Megan Thee Stallion, sondern er sei das wahre Opfer. Hip-Hop hat noch einen langen Weg vor sich.

Ladies First: Eine Geschichte von Frauen im Hip-Hop, von Regisseurin Hannah Beachler, verfügbar auf Netflix. Vier Episoden.



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