Künstliche Intelligenz scheint den Menschen in vielen Bereichen zu übertreffen, aber einer der Aspekte, in denen das menschliche Gehirn überlegen ist, ist der Energieverbrauch. Für eine komplexe Berechnung benötigt ein menschliches Gehirn eine Leistung von 20 Watt, während ein Supercomputer für eine vergleichbare Aufgabe rund eine Million Mal so viel Energie benötigt. Dieser Computer läuft mit 20 Megawatt. Geht das nicht besser, fragen sich Forscher schon lange? Können wir nicht Hardware entwerfen, die dem menschlichen biologischen Gehirn viel ähnlicher ist?
Einer von ihnen ist Christian Nijhuis, der an der TU Twente an sogenannten molekularen Schaltern forscht. Sein Team hat kürzlich einen Durchbruch erzielt, nämlich diesen in einer Fachzeitschrift beschrieben Natürliche Materialien. Höchste Zeit, einen Blick in das Labor von Nijhuis zu werfen, wo er am Design und der Messung neuer Moleküle arbeitet.
Nijhuis bezeichnet sich selbst als „Architekten auf molekularer Ebene“. Er zeichnet Moleküle und wenn sie interessant genug erscheinen, können Chemiker ein solches Molekül herstellen. Synthetisieren heißt das. „Wir haben jetzt ein Molekül gefunden, das die Funktion einer Synapse nachahmen kann“, erklärt Nijhuis. Das Gehirn besteht aus etwa hundert Milliarden Neuronen, wobei jedes Neuron mit Tausenden anderer Neuronen verbunden ist. Die Synapsen sind die Kommunikationsoffiziere: Jedes Signal im Gehirn geht durch die Synapsen. Davon gibt es schätzungsweise hundert bis zweihundert Billionendas ist eine 1 mit vierzehn Nullen.
Das Interessante an diesen Synapsen ist für Nijhuis nicht so sehr die unvorstellbare Menge, sondern ihre Effizienz. Deshalb ist die Synapse die große Inspirationsquelle beim Design neuer Computer. Und das ist dringend nötig: „Die Verarbeitung der immer größer werdenden Datenströme läuft aus dem Ruder. Rechenzentren schlürfen Energie und das wird noch zunehmen.“ Nijhuis nennt das bekannte KI-Beispiel: Erkenne die Katze auf dem Foto. KI ist heutzutage ziemlich gut darin, aber es braucht eine enorme Rechenleistung, um Modelle zu trainieren und dann die Vorhersage zu treffen: „Ist das eine Katze?“. ausgetragen werden.
Nijhuis: „Unser Gehirn kann das viel besser. Sie verbrauchen nur dann Energie, wenn ein Informationsimpuls die Synapse passiert, und können dadurch viele Daten gleichzeitig verarbeiten.“ Und nicht nur das, sie sind auch flexibel und dynamisch: „Die Synapsen fungieren als Schalter, aber das Besondere ist, dass sie sich ständig ändern können. Sie wollen also molekulare Hardware, die auch diese dynamischen Eigenschaften hat.“ Also ein Computer, der genau wie ein menschliches Gehirn jedes Mal, wenn er etwas Neues lernt, neue Verbindungen herstellt, bestehende verstärkt oder schwächt, genau das, was nötig ist.
Sorgfältiges Herstellungs- und Messverfahren
Diese Simulation einer einzelnen Synapse ist nun gelungen. Der erste Schritt wurde vor zwei Jahren mit der Einführung eines molekularen Ein-/Ausschalters getan. Und jetzt gibt es den Schalter, der auch noch aus der Vergangenheit lernt. Nijhuis sagt mit Feuer: „Es war fantastisch, als wir sahen, dass sich unsere Moleküle so verhielten, wie wir es uns erhofft hatten.“
Diesem Jubelmoment ging ein akribischer Herstellungs- und Messprozess voraus. Auf eine Goldplatte wird eine sehr dünne Schicht von genau einem Molekül Dicke aufgetragen, danach werden sie wieder voneinander getrennt. Nijhuis geht auf Mikrokanäle, Legierungen, Mono- und Oxidschichten und stabile Elektroden ein. Monter: „Das ist es, eine sehr einfache Herstellungsmethode.“ Im Labor zeigt ein Student die glitschige Monoschicht mit Elektroden auf beiden Seiten. Mit einem Multimeter demonstriert er, dass die Molekularschicht tatsächlich leitet.
Der Keller des Labors ist als erschütterungsfreier Faraday-Käfig aufgebaut, in dem mit speziellen Geräten das Verhalten der Moleküle gemessen werden kann. Ein Molekül öffnet die Türen zu einer ganzen Familie neuer Moleküle und Materialien, hofft Nijhuis. Und schließlich zu einem künstlichen neuronalen Netz, in dem die künstlichen Synapsen keine binären Informationsflüsse (mit Nullen und Einsen) mehr verarbeiten, sondern analog arbeiten.
„Das ist beispiellos“
Bis dahin sei es noch ein weiter Weg, räumt Nijhuis ein. Das findet auch Johan Mentink, der an der Radboud University eine ähnliche Forschung betreibt. Mentink, der nicht an der Forschung von Nijhuis beteiligt war, nennt die Entdeckung der TU Twente einen wissenschaftlichen Durchbruch: „Es ist ihnen gelungen, eine Synapse im molekularen Maßstab herzustellen. Das ist beispiellos.“
Mentink selbst arbeitet unter anderem an optomagnetischen Synapsen, die auf Lichtbasis schalten. Der große Vorteil dabei ist, dass sie deutlich sparsamer sind. Ein wichtiger Nachteil besteht darin, dass sie nicht organisch sind und daher für medizinische Anwendungen weniger geeignet sind.
Und genau in diese letzte Richtung denkt Nijhuis mit seiner organischen Erfindung, zusätzlich zu allen Anwendungen, bei denen nicht im Überfluss Energie zur Verfügung steht, etwa in selbstfahrenden Autos oder Drohnen. Wäre es nicht toll, wenn der Körper einen superstarken und sparsamen Computer aus weichen Materialien anstelle von harten Siliziumchips nutzen könnte, träumt Nijhuis laut.
Als Beispiel nennt er ein Implantat, das auf der Sehrinde platziert wird und die Informationen der Augen verarbeiten kann, als Hilfsmittel für Blinde. Es werden bereits sorgfältige Experimente mit Implantaten durchgeführt, aber dies sind grobe, harte Chips mit (in diesem speziellen Beispiel) begrenzten Ergebnissen: Der blinde Träger sieht ein Bild von nur einigen zehn Pixeln.
Andere nützliche, aber weniger spektakuläre Anwendungen werden früher in Reichweite kommen, hofft Nijhuis, wie zum Beispiel Geräte, die Insulin basierend auf dem Essverhalten und dem Essverhalten eines Diabetikers verabreichen können.
Laufen Sie jetzt nicht direkt zum Gesundheitsladen, warnt Nijhuis: „Es werden Jahre und Jahre der Grundlagenforschung benötigt, bevor wir für praktische Anwendungen reif sind.“