Hauptverkehrszeit beim ANWB, der bereits 440.000 Anrufe erhalten hat

Hauptverkehrszeit beim ANWB der bereits 440000 Anrufe erhalten hat


Das ANWB Notfallzentrum in Aktion.Bild Raymond Rutting / Volkskrant

„Unser Akku ist leer“, tönt es am Montag panisch durch das Headset der ANWB-Helferin Elsbeth Siegers (60). Die Frau am anderen Ende der Leitung mit zwei kleinen Kindern steht still auf einer Autobahn in Italien. Die Familie befindet sich an einem gefährlichen Ort, sieht Siegers über die Street-View-Funktion von Google Maps. Links der Straße ragt ein Felsvorsprung hoch in den Himmel, rechts erstreckt sich ein Abgrund. Einen Standstreifen gibt es nicht, ebenso wenig wie die Möglichkeit, hinter der Leitplanke zu stehen – schon gar nicht mit einem Baby auf dem Arm.

Siegers wählt schnell die Nummer des Schwesterclubs Automobile Club d’Italia (ACI), um einen Abschleppwagen zur Familie zu dirigieren. Minutenlang dröhnt die Nationalhymne der Europäischen Union wie Wartemusik durch ihr Headset. Ungeduldig trommelt Siegers mit den Fingern auf den Schreibtisch. „In Italien“, sagt sie, „nehmen sie es normalerweise locker.“

Und das, während Eile geboten ist. Hinter der Familie stehen 24 Anrufer in der Warteschlange des ANWB-Notrufs. Die seit 1959 in Betrieb befindliche Notrufzentrale verzeichnete in diesem Sommer bislang mehr als 440.000 Anrufe und verzeichnete im Vergleich zu 2019, dem letzten „normalen“ Sommer vor Corona, einen Anstieg der Zahl ausländischer Kfz-Notdienste um 30 Prozent Krise. ANWB-Mitglieder, die eine Mitgliedschaft mit europäischer Abdeckung haben, können +31 70 314 14 14 für Hilfe vom Standstreifen anrufen.

Stress im Voraus

Nachdem die Corona-Beschränkungen in Europa nun komplett aufgegeben wurden, füllen die Niederländer wieder massenhaft den Kofferraum für einen Autourlaub in einen europäischen Urlaubsort. Das Chaos auf Schiphol hat diesen Trend nur verstärkt, sagt Victor Geskes, Direktor des ANWB-Alarmzentrums. „Reisende sind schon im Vorfeld gestresst, wann sie am Flughafen sein müssen und ob ihr Gepäck ankommt. Um das zu verhindern, nehmen sie lieber das Auto.“

Die hohen Temperaturen in Europa tragen sicherlich dazu bei, dass die Hilferufe zunehmen. Die Hitze führt zu Problemen mit dem Kühlsystem des Motors oder der Kupplung, was es zu einem „herausfordernden Jahr“ für Geskes macht. Vor allem, weil aufgrund des Personalmangels, der ganz Europa betrifft, Automechaniker im Ausland Mangelware sind. So stößt die Hilfeleistung des ANWB auf allerlei neue Hürden: Autovermieter in Europa haben in der Corona-Krise ihre Flotte verkleinert. „Die Niederländer wollen ein Auto mit Anhängerkupplung, an dem sie den Wohnwagen anhängen können. Finden Sie es in diesen Tagen in der Nähe von Paris.‘

Um dem Andrang gerecht zu werden, baute der ANWB seine eigene Mietwagenflotte aus, die den ganzen Sommer über bei einer Panne von einem Urlauber zum anderen fährt. Aber auch dieser Vorrat ist endlich. Mitarbeiter der Notrufzentrale bieten deshalb gestrandeten Urlaubern nach Möglichkeit Bahn-, Taxi- oder Uber-Gutscheine an.

grüne Autos

Das Notfallzentrum des ANWB ist heute mit 600 Rettungskräften besetzt, die versuchen, Niederländern mit Autoproblemen zu helfen. Die Urlauber leiden vor allem unter einem platten Reifen, Startproblemen oder unheilvoll blinkenden Kontrollleuchten. „Wo die Wegenwacht in den Niederlanden normalerweise schnell vor Ort ist, müssen Autofahrer im Ausland damit rechnen, dass es nicht innerhalb einer Stunde arrangiert wird“, sagt Geskes.

Auf einem großen Bildschirm in der Mitte des Notfallzentrums ist eine Europakarte zu sehen. Vor allem entlang der Route de Soleil von Paris nach Marseille leuchten grüne Autos ununterbrochen: Alle holländischen Urlauber mit Pannen warten auf Hilfe. In einem Naturschutzgebiet am südlichsten Zipfel Kroatiens blinkt ebenfalls ein Symbol. Retter Erik Eijs (24) nimmt den Anruf der Mitreisenden entgegen. Es handelt sich um das Auto einer Familie mit zwei Teenagern, die 80 Kilometer von ihrem Ferienhaus entfernt mit einem platten Reifen liegengeblieben sind. Eijs ruft den kroatischen Rettungsdienst, der mit etwas Glück in zwei Stunden da ist. Dann wünscht Eijs dem Mann am Telefon einen schönen Abend. Am anderen Ende der Leitung herrscht peinliches Schweigen.

Schauen Sie unter die Haube

Andere Urlauber haben mehr Glück. So wie die Familie auf einem Campingplatz in der französischen Auvergne, mit der Helfer Eijs heute Nachmittag telefoniert hat. Sie parkten ihr kaputtes Auto am Straßenrand und gingen den Weg zum Campingplatz zu Fuß. Dort sahen sie einen gelben Pannenhilfebus direkt auf das Gelände fahren, das in der Hochsaison auch an sechzehn Orten im Ausland stationiert ist. Nachdem der Pannendienst anderen Landsleuten mit Pech geholfen hatte, konnte er den anderen Campern – nach Vermittlung von Eijs – sofort einen Blick unter die Haube werfen.

Drei Stunden nach dem ersten Kontakt wurde die Familie mit dem Baby auf der italienischen Autobahn immer noch nicht in Sicherheit gebracht. Siegers hat der Familie nun geraten, die Polizei zu rufen, und die Hilfe des italienischen Helfers in Anspruch genommen, der im ANWB-Büro anwesend ist, um italienischen Urlaubern in den Niederlanden zu helfen. „Wenn ich später ausstempele und der Abschleppwagen immer noch nicht vor Ort ist, melde ich mich zu Hause“, sagt sie. „Ich kann sonst nicht schlafen.“



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