Es ist ermutigend, dass sich die EU nicht von Orbán erpressen lässt, aber es bedarf weiterer Anstrengungen, um die Niederlage der Ukraine zu verhindern.
Wieder einmal änderte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán nach wochenlangem Theater überraschend schnell den Kurs. Im Dezember stimmte er der Aufnahme von Verhandlungen über den EU-Beitritt der Ukraine zu. Am Donnerstag stimmte er einer Finanzhilfe in Höhe von 50 Milliarden Euro für das Land zu.
Für die EU ist die Einigung eine enorme Erleichterung. In einem entscheidenden Moment ist es Europa gelungen, seine Einheit zu wahren. Durch Orbáns Blockade blieb die Ukraine unnötig lange in Ungewissheit, am Ende erhält das Land aber das Geld, das es so dringend braucht.
Erfreulich ist, dass sich die EU nicht von Ungarn erpressen lässt. Orbán spielte ein zynisches Machtspiel. Die EU hat 20 Milliarden Euro für Ungarn eingefroren, weil sie die Rechtsstaatlichkeit untergraben. Mit der Androhung eines Vetos hoffte Orbán, dieses Geld ganz oder teilweise auf Kosten der Ukraine herauszuholen, die mit dem Rücken zur Wand steht. Die EU behauptete sich und Orbán gab nach, ohne dass die anderen Mitgliedstaaten nennenswerte Zugeständnisse machten. Hoffentlich ist dies ein Modell für die Zukunft: Mitgliedstaaten, die die europäischen Werte der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit verletzen, sollte nicht der Raum eingeräumt werden, der Orbán lange Zeit eingeräumt wurde.
Es wäre katastrophal gewesen, wenn die EU keine Einigung erzielt hätte. Russlands Präsident Wladimir Putin soll das Signal erhalten haben, dass Europa selbst in der größten Sicherheitskrise seit dem Ende des Kalten Krieges keine Einstimmigkeit erreichen kann. Zweifellos hätten 26 Mitgliedstaaten ohne Ungarn Geld an die Ukraine überwiesen, aber dieses Verfahren ist langsamer und umständlicher und birgt ein größeres Risiko politischer Unfälle.
Das Abkommen ist auch ein wichtiges Signal an die USA, wo der Kongress noch immer über die Unterstützung der Ukraine streitet. Die mögliche Wiederwahl von Donald Trump hängt wie ein Schatten über dem Jahr 2024, doch Amerika ist bereits jetzt ein zerrissenes Land, das durch innere Widersprüche immer wieder lahmgelegt werden kann und daher kein stabiler Faktor mehr ist.
Auch aus diesem Grund ist die Einigung vom Donnerstag nur ein Zwischenschritt. Finanzielle Hilfe für die Ukraine ist auf absehbare Zeit gesichert, das Land benötigt aber auch dringend militärische Unterstützung. Um eine Niederlage der Ukraine zu verhindern, muss Europa seine finanziellen und logistischen Anstrengungen deutlich steigern. Derzeit verfügt es nicht über ausreichende Industriekapazitäten, um die Ukraine im erforderlichen Tempo zu beliefern. Das Versprechen, innerhalb eines Jahres eine Million Granaten zu liefern, sei bei weitem nicht eingelöst, gab EU-Außenbeauftragter Josep Borrell diese Woche bekannt.
Europa hat noch einen langen Weg vor sich, und es lauern immer gegenseitige Spaltungen. Aber zumindest wurde am Donnerstag eine Einigung erzielt. Wie so oft geschah dies in letzter Minute, doch unter Druck bewies die EU erneut, dass sie zu drastischen Entscheidungen fähig ist.
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