Wenn sie gerade rausgekommen sind, wird sie sich einmischen. Die endlose deutsche Debatte darüber, ob und in welchem Umfang Atomkraftwerke weiter betrieben werden sollen, nachdem Europa in einer historischen Energiekrise steckt, hat diese Woche eine neue Wendung genommen. Und zwar in Gestalt der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg, zu Gast die führende deutsche Talkshow Maischberger.
Dort erklärt Thunberg am Mittwochabend, dass aus ihrer Sicht die letzten deutschen Atomkraftwerke länger offen bleiben sollen. Um die Diskussion ein wenig zu beginnen, die Herausgeber von Maischberger Auf Twitter war der Fragment bereits vor der Ausstrahlung am Mittwoch zu sehen – eine PR-Taktik, die deutsche Talkshows regelmäßig und erfolgreich anwenden. Der Jubel, der daraufhin von der rechten Seite des deutschen politischen Spektrums ausbrach, war auf der Twitter-Timeline fast auf den Straßen zu hören.
EIN rekapitulieren: Nach jahrzehntelanger hitziger Diskussion hat Deutschland nach der Katastrophe von Fukushima den Atomausstieg beschlossen. Die letzten drei Kernkraftwerke sollten am 1. Januar abgeschaltet werden. Dann endeten der Ukrainekrieg, die Energiekrise und dann der europäische Druck auf Deutschland Atomausstieg aufschieben. Dann sah jeder deutsche Befürworter der Kernenergie seine Chance, die Debatte wieder so hoch wie möglich zu heben, und so geschah es. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) hat im vergangenen Monat entschieden: Zwei der letzten drei Atomkraftwerke bleiben etwas länger, bis April, und nutzen die vorhandenen Uranvorräte.
Moralisch richtig
Seitdem schmollt das atomenergiebegeisterte Deutschland, hofft auf eine neue Wendung in der Debatte, kann sie aber vorerst nicht erzwingen. Jetzt betritt Thunberg die Arena und erklärt, dass die Abschaltung von laufenden Kernkraftwerken eine schlechte Idee sei, wenn dies bedeutet, die Kohleverbrennung hochzufahren. In Ermangelung eines politischen Sieges beanspruchen Befürworter jetzt immer noch das moralische Recht.
Christian Lindner, Vorsitzender der Mitte-Rechts-Koalitionspartei und Störenfried FDP: ‚Ich begrüße die Unterstützung von Greta Thunberg für die Position der FDP.Alice Weidel, Vorsitzende der rechtsradikalen Anti-Einwanderungspartei Alternative für Deutschland:Greta ist erwachsen geworden.CDU-Chef Friedrich Merz nahm den Kuchen, an Moderatorin Sandra Maischberger selbst: Greta Thunberg will, dass die Atomkraftwerke mindestens bis Ende 2024 geöffnet bleiben, sagte Merz – genau das, was er selbst seit Monaten sagt. Einen Termin hatte Thunberg aber überhaupt nicht genannt, wie Maischberger Merz direkt widersprach, worauf der CDU-Chef korrigierte, Ende 2024 sei sein eigener Wunsch gewesen. Auf die Frage, ob er Thunberg oft zustimme, sagte Merz, das sei nicht üblich, aber er nutze gerne die Gelegenheit.
Thunberg selbst hat derweil zur Beruhigung aufgerufen: Selektiv zuhören und die Dinge aus dem Zusammenhang reißen heizt nur Kulturkriege an, twitterte der Klimaaktivist. Mittwochabend um Maischberger Es bleibt abzuwarten, was genau Thunberg befürwortet. Auf die Frage, ob Kernkraftwerke nach der Energiekrise weiter betrieben werden sollten, antwortete sie, dass die Zukunft wirklich in den erneuerbaren Energien liege. Daher dürfte die plötzliche Liebe des konservativen Deutschlands zu Thunberg nur von kurzer Dauer sein.