Bakterien werden immer gefährlicher, weil sie zunehmend resistent gegen Antibiotika sind. Dies gilt auch für die E. coli-Bakterien. Obwohl E. coli-Bakterien oft völlig harmlos in unserem Darm leben, verursachen bestimmte Stämme schwerwiegende und sehr unterschiedliche medizinische Probleme. Wissenschaftler suchen daher nach Impfstoffen, die uns vor dieser häufigen Bakterienart schützen können. Doch das ist nicht immer einfach.
Seinen schwierigen Namen verdankt Escherichia coli seinem Entdecker, dem bayerischen Arzt Theodor Escherich. Sie isolierten die Bakterien vor fast 140 Jahren aus dem Stuhl von Neugeborenen und Kleinkindern. Mittlerweile gehört E. coli – so sein kürzerer Spitzname – zu den am besten untersuchten Bakterienarten.
E. coli findet man in der Umwelt, aber auch im Darm von Menschen und verschiedenen Tieren. Obwohl E. coli-Bakterien normalerweise harmlos sind, gibt es einige Stämme, die uns krank machen können. E. coli O157:H7 beispielsweise verursacht starke Krämpfe und Durchfall, der teilweise blutig sein kann.
„Kinder und Menschen über 65 sind besonders gefährdet“
Aber auch außerhalb des Darms können bestimmte E. coli-Bakterien Probleme verursachen. Sogenanntes „ExPEC“ – extraintestinal pathogene E. coli (englisch für pathogene Formen außerhalb des Darms) – sind häufig die Auslöser von Harnwegsinfektionen, einer wichtigen Ursache für Meningitis und bakterielle Sepsis, eine extreme Entzündungsreaktion mit schwerwiegenden Folgen.
Sehr kleine Kinder und Menschen über 65 sind besonders anfällig für diese Art von E. coli-Infektionen. Auch Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder Grunderkrankungen sind einem höheren Risiko ausgesetzt, ebenso wie diejenigen, die in Regionen reisen, in denen ein höheres Risiko besteht, kontaminierte Lebensmittel oder Wasser zu essen oder zu trinken.
Zunehmende Antibiotikaresistenzen führen dazu, dass wir zunehmend nach anderen Pestiziden suchen müssen.
Antibiotikaresistenzen nehmen ständig zu
Gegen Harnwegsinfektionen, die beispielsweise durch E. coli verursacht werden, setzen Ärzte üblicherweise Antibiotika ein, doch zunehmende Antibiotikaresistenzen führen dazu, dass wir zunehmend nach anderen Pestiziden suchen müssen.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation sind beispielsweise etwa die Hälfte der E. coli-Stämme, die Harnwegsinfektionen verursachen, gegen die häufigsten Antibiotika (Cotrimoxazol und Coprofloxacin) resistent.
Insgesamt sind antibiotikaresistente Keime für rund 700.000 Todesfälle pro Jahr verantwortlich, doch Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Zahl noch stark ansteigen wird. Bis zum Jahr 2050 rechnen sie mit bis zu 10 Millionen Todesfällen pro Jahr aufgrund zunehmender Resistenzen, eine Zahl, die höher ist als die Gesamtzahl der heutigen Krebsopfer (knapp über 8 Millionen).
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Vorbeugung ist besser als Heilung
Die Forscher setzen sich voll und ganz für neue Impfstoffe zur Vorbeugung von E. coli-Infektionen ein. „Ein wirksamer Impfstoff könnte dazu beitragen, sowohl die derzeitige Ausbreitung als auch die Sterblichkeit zu reduzieren“, schrieben kanadische Wissenschaftler Anfang des Jahres in der Zeitschrift Microorganisms.
In den letzten Jahren wurden zahlreiche Impfstoffe gegen verschiedene Stämme entwickelt und getestet. Daran arbeiten wir auch in unserem Land intensiv. Der Pharmariese Janssen führt klinische Studien mit einem neuen Impfstoff durch und hat nun einen Vertrag mit Sanofi über die weitere Einführung dieses Impfstoffs abgeschlossen.
„Unser Hauptimpfstoffkandidat wird derzeit in Phase 3 evaluiert. Dabei handelt es sich um die E.mbrace-Studie zur Prävention invasiver E. coli-Infektionen bei Erwachsenen ab 60 Jahren“, heißt es in einer Pressemitteilung von Janssen.
Da E. coli auch zur Darmflora der meisten Menschen gehört, ist es nicht so einfach, einen gezielten Impfstoff zu entwickeln.
Keine leichte Aufgabe
Gerade weil E. coli auch zur Darmflora der meisten Menschen gehört, ist es nicht so einfach, einen gezielten Impfstoff herzustellen. Wissenschaftler müssen sicherstellen, dass die provozierte Immunantwort nur die schädlichen Stämme angreift und verhindert, dass auch die Darmschleimhaut geschädigt wird.
„Die Suche nach den richtigen Zielen zur Vorbeugung spezifischer E. coli-Infektionen wird durch die Vielfalt der Symptome und durch die Unterschiede zwischen und sogar innerhalb bestimmter Stämme erschwert“, sagten die kanadischen Experten. Daher werden wir möglicherweise nie einen „idealen“ Impfstoff finden, der mehrere Arten von E. coli-Infektionen und -Erkrankungen verhindern kann, meinen sie. Dennoch sind sie hinsichtlich der vielversprechenden Entwicklungen in der Impfstofftechnologie optimistisch. Beispielsweise wird viel von neueren Ansätzen wie den mRNA-basierten Impfstoffen erwartet, die wir bereits aus dem Kampf gegen COVID-19 kennen.
Nicht immer eine Lösung
Auch pathogene E. coli-Bakterien können bei Ungeborenen eine Meningitis verursachen. Aus technischen Gründen ist es viel schwieriger, einen Impfstoff gegen diese Erkrankung zu entwickeln. Denn obwohl es Tiermodelle für diese Form der Meningitis gibt, setzt der Schutz, den Impfungen bieten könnten, einfach zu langsam ein. Es dauert zwei bis drei Wochen, bis die nötige Immunität aufgebaut werden kann.
Nach Ansicht der kanadischen Experten könnte die passive Immunisierung in diesem Fall eine Lösung bieten. Anstatt unseren eigenen Körper mithilfe eines Impfstoffs dazu zu bringen, Antikörper gegen das betreffende Ziel zu produzieren, beinhaltet die passive Immunisierung die direkte Verabreichung von Antikörpern als Medikament. Ein teurer und weniger nachhaltiger Ansatz, der aber sofort funktioniert.
Ebenso wie beim Menschen stellt eine erhöhte Antibiotikaresistenz auch bei Tieren ein zunehmendes Problem dar.
Auch für Tiere notwendig
E. coli macht nicht nur Menschen krank. Auch Tiere können durch eine Infektion schwer erkranken. Deshalb gibt es seit 2013 einen Impfstoff für Vögel gegen Infektionen durch bestimmte E. coli-Stämme.
Dieser Impfstoff ist als gefriergetrocknetes Pulver erhältlich und wird Küken in Geflügelfarmen einmalig verabreicht, entweder durch Besprühen, wenn sie einen Tag alt sind, oder durch Zugabe zum Trinkwasser der Küken, wenn sie mindestens fünf Tage alt sind. Leider schützt dieser Impfstoff nicht vor allen Stämmen, die Vögel krank machen können, und bietet daher nur einen teilweisen Schutz vor E. coli-Infektionen.
Neben Vögeln können auch Kühe und Schweine von E. coli befallen werden. Insbesondere junge Ferkel und Kälber, die einige Tage oder Wochen alt sind, können aufgrund einer Infektion starken Durchfall entwickeln. Bei erwachsenen Sauen und Kühen verursacht E. coli Mastitis, eine Entzündung der Milchdrüsen oder des Euters. Mastitis führt zu einer abnormalen und verminderten Milchproduktion und in schweren Fällen sogar zum Tod sowohl der Mutter als auch der neugeborenen Ferkel.
Ebenso wie beim Menschen ist eine erhöhte Antibiotikaresistenz ein zunehmendes Problem. Deshalb beschäftigt sich auch die Veterinärmedizin mit neuen Impfstrategien.
Gute Hygiene
Während man auf gut funktionierende Impfstoffe wartet, empfehlen Experten, andere vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. „Gute Hygiene, Zugang zu sauberem Trinkwasser, ausschließliches Stillen, optimale Ernährung und Impfungen gegen andere Krankheitserreger wie Rotavirus und Masern sind ebenso wichtig, um Infektionen vorzubeugen“, schreiben sie.
„Wir hoffen, dass wirksame Impfstoffe in der Lage sein werden, die Anzahl und Vielfalt der durch E. coli verursachten Infektionskrankheiten sowohl bei Menschen als auch bei Tieren zu reduzieren, denn derzeit sind die globalen wirtschaftlichen und medizinischen Auswirkungen erheblich.“
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