So blutrünstig und denkwürdig ihre Duelle in den vergangenen Wochen auch waren, für Wout van Aert (28) und Mathieu van der Poel (28) waren sie nicht mehr als Auftakt zu einer Apotheose. Beide machten keinen Hehl daraus, dass sie im Cyclocross nur ein Ziel haben: Weltmeistertitel. Am Sonntagnachmittag in Hoogerheide kann der Belgier bei der Verteilung der vielen Regenbogentrikots mitziehen. Steht es 4:4 oder läuft der Niederländer auf 5:3 aus?
Niemand zweifelt daran, dass sie es untereinander ausfechten werden. Ihre Überlegenheit bei den Wettkämpfen, an denen sie teilnahmen, war groß. Ein, zwei Gänge reichten aus, um sich von den anderen Gegnern abzugrenzen. Der einzige, der sich übrigens in den Kampf einmischen konnte, ist nicht dabei: Der Brite Tom Pidcock, der Weltmeister von 2021, bereitet sich bereits auf die Straßensaison vor.
Betrachtet man die Ergebnisse in den zehn Rennen, die sie in dieser Saison gegeneinander bestritten, hat Van Aert die besten Papiere: Er gewann sechs, Van der Poel vier. Die Jahre hinter seinem Rivalen sind überbrückt. Er beeindruckte dadurch, dass er seine Angriffe mit großer Wucht und Auftreten völlig ruhig parierte und dann selbst abhob. Van der Poel kämpft mit einem körperlichen Rückschlag. Bei zwei Hereingaben im Sand, Anfang Januar in Koksijde und Zonhoven, spielte sein Rücken mit und er musste bald aussteigen.
Gewinn- und Verluststatistiken sind bei diesen beiden Vorhersagen von begrenztem Wert. Basierend auf seiner vorherigen Regentschaft im Schlamm hätte Van der Poel mehr als viermal Weltmeister werden können, aber von 2016 bis 2018 hat Van Aert ihn dreimal übertrumpft. Erst dann verlieh Van der Poel seiner mehrjährigen Vorherrschaft mit drei Siegen in Folge goldenen Glanz.
Zu Hause in Hoogerheide
In diesem Jahr zu seinen Gunsten: Er fühlt sich in Hoogerheide zu Hause. Vater Adrie kommt von dort, das Elternhaus liegt gleich hinter der Grenze und – nur einige – am Scheldeweg hat er bereits fünf Elite-Cyclocross-Rennen gewonnen. Es gab auch eine deutliche Niederlage: Beim Weltcup 2014 schlug Van Aert ihn in der Kategorie der Reiter unter 23 – sein einziger Sieg beim Brabantse Wal. Der Niederländer fuhr dann mit Halsschmerzen zu Bronze.
Adrie van der Poel, der ständige Kursbauer in Hoogerheide, hat einige Änderungen gegenüber den vorherigen Ausgaben vorgenommen, wie z. B. zusätzliche Schleifen durch den Wald und für das VIP-Zelt. Ein neuer Platz für die Balken, seitlich platzierte Bretter mit einer Höhe von wenigen Dezimetern, fällt ins Auge. Sie befinden sich nun auf einem leicht ansteigenden Hang und nähern sich dem Ziel. Es hat in den letzten Tagen zu Verdächtigungen geführt: Das kommt vor allem seinem Sohn zugute. Er springt normalerweise mit einer etwas höheren Geschwindigkeit darüber als der Fleming. Pater Adrie zuckt mit den Schultern. Er verweist auf sein Engagement auf anderen Weltcup-Strecken, in Bieles und Valkenburg: Genau dort triumphierte Van Aert.
Der Belgier hat noch Zeit, eine mögliche Lücke zu schließen; zu Fuß auf der steilen Treppe, die den Spitznamen trägt Treppe zum Himmel, und ansonsten auf den letzten hundert Metern auf Asphalt bis ins Ziel. Wenn sie zusammenbleiben, wird er versuchen, einen langen Sprint zu machen, während Van der Poel mit seiner Explosivität von einem kurzen Showdown profitiert. Das alles kann zu einer weiteren spannenden Auflösung beitragen. Dass der Belgier von Belgium Cycling bei einem Sieg 20.000 Euro Prämie bekommt und der Niederländer von der KNWU keinen Cent bekommt, weil die Kasse leer ist, wird keine entscheidende Rolle spielen: Ehrgeiz ist die treibende Kraft in ihrem unerbittlichen Kampf .
EINFÜGUNG
Auch bei den Frauen deutet alles auf ein Duell hin, doch hier kommen die beiden haushohen Favoritinnen aus den Niederlanden. Fem van Empel und Puck Pieterse, beide erst 20 Jahre alt, teilten sich in dieser Saison fast alle Podestplätze zusammen mit der ebenso alten Shirin van Anrooij. Er entschied sich jedoch, an den Zusagen teilzunehmen.
Der Unterschied in der Stärke ist gering, aber es gibt einen gewissen Unterschied. Europameister Van Empel ist eher ein Stylist, der niederländische Meister Pieterse eher ein Draufgänger. Auch Außenseiter kommen aus dem eigenen Land: die Ex-Weltmeisterinnen Ceylin del Carmen Alvarado (24) und Lucinda Brand (33). Die achtmalige Siegerin Marianne Vos fehlt wegen einer Leistenverletzung.