Friesland hat ein halbes Fußballfeld aus stickstoffempfindlichem Moos im Magen

Friesland hat ein halbes Fussballfeld aus stickstoffempfindlichem Moos im Magen


Mit der förmlichen Ausweisung von 0,4 Hektar Torfmoosröhricht wurde die südwestfriesische Fûgelhoeke plötzlich für stickstoffempfindlich erklärt. Landwirte, Provinz und Naturschützer möchten pragmatisch mit diesem Status umgehen. Aber Gesetz ist Gesetz. „Das Gefühl bei den Bauern ist: Für ein Briefmarkenmoos müssen wir wieder leiden.“

Jurre van den Berg

Nach dem Nachtfrost fühlt sich der Moosteppich an wie ein knisterndes Wasserbett. Ein Hase huscht davon, eine Schnepfe fliegt über den Schilfkragen, eine einsame graue Weide wacht. Vor dem Hintergrund eines strahlend blauen Himmels an einem stillen Wintertag ist die Fügelhoeke in Südwestfriesland unbestreitbar ein Bild. Auch ein Rastplatz für Arten, die hier im Winter auf Nahrungssuche gehen und im Frühjahr brüten.

Die Fûgelhoeke hatte als Teil des Gebiets Oudegaasterbroken, Fluessen und Umgebung bereits den Status Natura 2000. Es wurden jedoch noch keine stickstoffempfindlichen Lebensraumtypen identifiziert. Das ändert sich jetzt. Zumindest wenn es nach dem Ministerium für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität (LNV) geht.

Der „Täter“ hier in der Fûgelhoeke ist H7140B oder Torfmoosschilfland. Ein Vegetationsexperte torfte davon 0,4 Hektar, ein halbes Fußballfeld. Eine minimale Menge, mit großen Folgen. „Next-sensitiv oder nicht, das macht einen großen Unterschied“, sagt It Fryske Gea-Direktor Henk de Vries. „Die Auswirkungen sind aus sozialer Sicht schwer zu erklären.“

Die Interessenorganisation der Landwirte LTO stimmt zu. „Es kann nicht sein, dass wir einerseits wirklich alle Register ziehen, um die Stickstoffemissionen zu reduzieren, um die Niederlande zu entlasten, und dass andererseits Den Haag beschließt, die Regeln zu verschärfen“, sagte Dirk Bruins, Vorsitzender von LTO Noord in einer Pressemitteilung.

Aber Bezirksvorsteher Germ van den Burg von It Fryske Gea muss heute Morgen genau nach Torf suchen, zwischen den vorherrschenden Frauenhaaren und den wachsenden Gräsern. „Die Qualität des Torfmoosschilflandes hier ist so schlecht und es ist ein so kleiner Teil der Oberfläche, dass man es nicht wirklich Torfmoosschilfland nennen kann.“

‚Was werden wir bekommen‘

It Fryske Gea bewirtschaftet rund 21.000 Hektar friesischen Landes. Die Biodiversität in der Provinz steht sicherlich unter Druck, sagt Direktor De Vries im Verwaltungsschuppen im Rysterbosk. Die Zunahme der Landwirtschaft hat die Landschaft geprägt und neu gestaltet.

Bild –

Als Naturmanager hat It Fryske Gea viel mit den Bauern zu tun, die De Vries immer als „die Nachbarn“ bezeichnet. „Die Grenzen sind hart geworden: ein Graben oder ein Zaun. Die Landwirtschaft ist viel intensiver geworden. Es wird gespritzt, gepflügt und tief entwässert. Sie sehen hauptsächlich große Flächen von eintönig grünem Gras, das bis zu fünf Mal im Jahr gemäht wird. Das ist auch nicht gut für den Artenreichtum in Naturschutzgebieten: weniger Blumen, weniger Heide, mehr Brennnesseln.“

Deshalb sei es gut, dass Naturinteressen gesetzlich verankert und nicht verhandelbar seien, sagt De Vries. „Im Grunde also.“

Denn in Bezug auf die Fûgelhoeke glaubt It Fryske Gea, dass das System über sein Ziel hinausschießt. Auch die Naturschützer warten nicht wirklich auf den neuen stickstoffsensiblen Status. Das überraschte sogar das Ministerium. De Vries: „Was bekommen wir?“, sagten sie.

Der Kompromiss ist ein pragmatischer, erklärt er. Die Qualität des Torfmooses in der Fûgelhoeke ist mäßig, die Menge ist sehr gering. Weiter in De Alde Feanen finden Sie mehr als 50 Hektar Torfmoos-Schilfland: hundertmal mehr und noch schöner.

Vielmehr würde It Fryske Gea Energie und Ressourcen in den Ausbau des dortigen Torfmoos-Lebensraums investieren. Es ist bereits als stickstoffempfindlich bekannt. Auf diese Weise kann die gefährdete Natur geschützt werden, ohne den Landwirten zu schaden. „Der Fûgelhoeke wird es gut gehen“, sagt Bezirksvorsteher Van den Burg.

Stützbasis

Sicherlich spielt die Aufrechterhaltung der Unterstützung des Naturschutzes eine Rolle. „Wir haben kein Interesse daran, mit den Nachbarn zu streiten“, sagt Direktor De Vries.

Die Hinzufügung von stickstoffempfindlichen Lebensraumtypen zu bestehenden Natura 2000-Gebieten kann den kritischen Depositionswert (KDV) beeinflussen. Dadurch können Landwirte noch weniger Stickstoff emittieren.

Die Folgen davon sind groß. Zu groß, sagt der Abgeordnete Douwe Hoogland (PvdA), der sich vom Provinciehuis in Leeuwarden aus mit der Natur befasst. „Wir fangen schon an, darauf zu stoßen.“

Das Naturschutzgebiet Fûgelhoeke ist von Straßen und Bauernhöfen umgeben.  Bild Harry Cock / de Volkskrant

Das Naturschutzgebiet Fûgelhoeke ist von Straßen und Bauernhöfen umgeben.Bild Harry Cock / de Volkskrant

Erstens erfordert die Legalisierung sogenannter PAS-Detektoren in der Region zusätzlichen Stickstoffraum. PAS-Reporter sind Unternehmer, meist Viehzüchter, die von der Regierung lange Zeit nicht verpflichtet waren, eine Stickstoffgenehmigung zu haben, bis der Staatsrat 2019 entschied, dass eine solche Genehmigung tatsächlich erforderlich ist.

Umfrage unter Abgeordneten: „Wir haben zu wenig zu sagen“

Ein großer Teil der Landesverwalter ist der Ansicht, dass sie zu wenig Einfluss auf die Politik haben, die auf nationaler Ebene beschlossen wird, die aber von den Ländern umgesetzt werden muss. Das geht aus einer Umfrage hervor, die de Volkskrant unter allen 68 Abgeordneten in den Niederlanden durchgeführt hat. Etwa die Hälfte von ihnen füllte den Fragebogen aus.

Nur ein Viertel der Provinzverwalter ist der Meinung, dass die Provinzen über genügend Autonomie verfügen, um Entscheidungen in brennenden Fragen wie Energie, Wohnen und Stickstoff zu treffen. Zwei Drittel glauben, dass sich in diesem Bereich etwas im Verhältnis zwischen den Provinzen und der Zentralregierung ändern muss.

„Es gibt noch (viel) zu wenig Kooperation“, erklärt ein Abgeordneter aus Südholland. „Die Regierung denkt in Aufträgen und Aufgaben statt in kollektiven Aufgaben und Herausforderungen. Außerdem sagt die Regierung, sie wolle Aufgaben an die Länder delegieren, bietet den Ländern dann aber nicht den Spielraum, dies auch tatsächlich anzugehen.“

Die Umfrage wurde von Erik Verwiel durchgeführt

Der neue Status der Fûgelhoeke kann auch Hindernisse für Infrastrukturprojekte wie eine Schleuse oder eine zusätzliche Spur darstellen. Sie müssen dann neu berechnet werden.

Vor allem sorgt es für viel Ärger und Unruhe, sagt Hoogland. „In Südwestfriesland waren wir mit dem Bereichsprozess zur Stickstoffreduzierung bereits auf einem guten Weg. Weitreichende Vereinbarungen, viel Engagement. Jetzt mussten wir viel Energie darauf verwenden, die Dinge wieder in die gleiche Richtung zu bringen. Das Gefühl bei den Bauern ist: Für ein Briefmarkenmoos müssen wir wieder leiden.“

Legale Ziegenpfade

Auf dem Papier spielen die Provinzen eine wichtige Rolle bei der Überwachung der europäischen Naturschutzziele und – in diesem Rahmen – bei der Reduzierung der Stickstoffeinträge in und um Schutzgebiete. Aber im Endeffekt, merkt Hoogland an, können sie kaum eigene Entscheidungen treffen. Beispielsweise würde er gerne mehr in andere friesische Torfmoosschilfgebiete investieren, wie von LTO und It Fryske Gea vorgeschlagen. „Ich hätte gerne diese Freiheit, aber ich habe sie nicht.“

Die Ausweisung als stickstoffsensibles Gebiet kann nicht überraschen. Die Fûgelhoeke wurde dafür bereits 2018 nominiert. Doch dann verschob Ministerin Carola Schouten die Entscheidung.

Torfmoos in der Fûgelhoeke.  Bild Harry Cock / de Volkskrant

Torfmoos in der Fûgelhoeke.Bild Harry Cock / de Volkskrant

Hoogland hatte kürzlich ein gutes Gespräch mit der derzeitigen Ministerin von LNV, Christianne van der Wal. „Aber sie will aufräumen.“ Allzu oft wurde im Stickstoffdossier die Regierung zurückgerufen, nachdem noch ein weiterer legaler Ziegenweg gesucht wurde.

Dennoch hat die Provinz, ebenso wie die Gemeinden Súdwest-Fryslân und De Fryske Marren, Berufung gegen die Ausweisung der Fûgelhoeke als stickstoffempfindlich eingelegt. Hoogland: „Hier geht es um Angemessenheit, Fairness und Verhältnismäßigkeit.“

Aber: Gesetz ist Gesetz, sagt das Ministerium. Auch wenn es in Europa hergestellt wird. „Nach ständiger Rechtsprechung sind die Niederlande auf der Grundlage von Artikel 6 Absatz 1 der Habitatrichtlinie verpflichtet, alle Lebensraumtypen und Arten auszuweisen, die in einem mehr als vernachlässigbaren Ausmaß vorkommen.“

Oh Fryske grûn

In wohl keiner anderen niederländischen Provinz ist die regionale Identität so eng mit der Landschaft verwoben wie in Friesland. „Dyn âlde eare, o Fryske grûn!“ ist aus gutem Grund die Schlusszeile im Refrain der friesischen Hymne: „Eure alte Ehre, o friesischer Boden!“. Es Fryske Gea hat über 33.000 Mitglieder.

„Wir sind wirklich nicht gegen die Natur, im Gegenteil“, betont der Abgeordnete Hoogland. „Aber als Provinz sind wir nicht nur für die Natur verantwortlich. Etwas mehr Raum für Pragmatismus könnte uns helfen.“

Aber die eiserne Logik des Rechts bietet keinen Raum für die Abwägung anderer Interessen. „Soziale und wirtschaftliche Gründe dürfen nur bei einem Verbesserungs- und/oder Ausbauziel eine Rolle spielen“, so das Ministerium. Das Torfmoosschilfland in Südwestfriesland steht ganz im Zeichen der „Erhaltung“.

Es ist nachvollziehbar, dass die Provinz von der Landesregierung einen Auftrag zum Schutz der Natur und zur Reduzierung der Stickstoffemissionen erhält. „Aber in Den Haag haben sie wenig Erfahrung mit der Bottom-up-Beteiligung. Letztendlich muss es hier in Fryslân passieren. Dafür sind wir verantwortlich. Wir wollen das lösen, aber auf unsere Art.“

In Zusammenarbeit mit Fleur Damen

Die Bundesländer spielen im Natur- und Stickstoffdossier eine entscheidende Rolle

Provinzen spielen eine entscheidende Rolle beim Schutz regionaler Naturgebiete und bei der Reduzierung von Stickstoffniederschlägen. Zuständige Behörde für die Erteilung von Genehmigungen nach dem Naturschutzgesetz sind die Länder. Die Bundesländer sind auch für die Erreichung der europäischen Naturschutzziele in Natura 2000-Gebieten verantwortlich. Dazu erstellen sie Bewirtschaftungspläne. Auch die Bundesregierung sieht eine wichtige Rolle der Bundesländer bei der Halbierung der Stickstoffemissionen bis spätestens 2030. Dies muss in Form sogenannter „Ganzheitlicher Flächenprogramme“ geschehen. Auf lokaler Ebene wird vereinbart, wie die Emissionen reduziert werden, beispielsweise durch Verlagerung oder Aufkauf von Farmen in der Nähe von Naturschutzgebieten.



ttn-de-23

Schreibe einen Kommentar