Fotomuseum erhält eine Spende von 38 Millionen Euro und kauft ein Nationaldenkmal in Rotterdam

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Eindruck des Santos-Lagerhauses mit zwei zusätzlichen Etagen und einer „Krone“ auf dem Dach.Bild Renner Hainke Wirth Zirn Architekten und WDJArchitecten

„Das ist unser langgehegter Traum: ein markantes, eigenes Gebäude zur Feier der Fotografie, von der Amateur- bis zur Kunstfotografie und allem, was damit zusammenhängt“, sagt Birgit Donker. Mit Bauhelm und Sicherheitsschuhen bekleidet steht der Direktor des Nederlands Fotomuseum auf dem Dach von Santos, einem Lagerhaus in Katendrecht, am Rijnhaven im Süden Rotterdams. „Wer hätte das gedacht?“

Niemand, denn Anfang Juni steht noch außer Frage, dass das Nederlands Fotomuseum in dieses Nationaldenkmal aus dem Jahr 1903 umziehen könnte. Ganz zu schweigen davon, dass es dank einer Spende von 38 Millionen Euro gekauft und eingerichtet werden kann. Das Schenkungs- und Immobiliengeschäft ist innerhalb von anderthalb Monaten eine Tatsache. Der Verkauf endet am Donnerstag.

Über den Autor
Bart Dirks verschreibt de Volkskrant über Kunst und Kultur. Zuvor war er Reporter in Den Haag und Rotterdam sowie Korrespondent in Brüssel.

Allerdings ist Donker seit über zwei Jahren auf der Suche nach einem neuen Standort. Am aktuellen Standort, im Las Palmas-Gebäude am Kop van Zuid, werden die Wohnkosten allmählich unerschwinglich. „Unsere Miete ist im Januar um 14,5 Prozent gestiegen. Mittlerweile geben wir jährlich 1,7 Millionen Euro für den Wohnungsbau aus. In ein paar Jahren würde es ein Drittel unseres Gesamtbudgets verschlingen. Das Gebäude wechselt alle paar Jahre den Besitzer. Sie sind alle auf maximalen Profit aus.‘

Neubau oder andere Stadt

Der Umzug des Museums in eine andere Stadt war eine ernsthafte Option und es wurde über einen Neubau im Merwe-Vierhavens (M4H) in Rotterdam-West nachgedacht. Es gibt sogar eine Skizze eines „gestapelten“ Gebäudes mit etwa sechs Stockwerken. Ein Layout, das viele Ähnlichkeiten mit Santos aufweist. „Blöder Zufall, das kann man sich nicht ausdenken“, sagt Donker.

Seit 1903 werden Kaffee und andere Gewürze in Santos, einem Lagerhaus der ehemaligen NV Blaauwhoedenveem, gelagert und von der brasilianischen Hafenstadt Santos aus verschifft. Seit den 1950er Jahren steht das Gebäude leer, obwohl es zwischenzeitlich als Munitionsdepot der Armee gedient hätte. „Ein Passant erzählte mir, dass sein Vater in den 1970er-Jahren hier Wache gestanden habe.“

2021 kündigt das deutsche Unternehmen Stilwerk an, das markante Gebäude in ein industriell anmutendes Design-Kaufhaus umwandeln zu wollen. Die Denkmalpflege stimmt zu, Stilwerk beginnt mit der umfangreichen Restaurierung und Sanierung.

Santos in Rotterdam, vor ein paar Jahren.  Das Lager ist nun von einem Neubau umgeben und es wurden zwei zusätzliche Stockwerke gebaut.  Skulptur Luc Büthker

Santos in Rotterdam, vor ein paar Jahren. Das Lager ist nun von einem Neubau umgeben und es wurden zwei zusätzliche Stockwerke gebaut.Skulptur Luc Büthker

Santos besteht aus großen offenen Räumen mit Stahlsäulen, die mit jeder Etage schlanker werden. Die Böden mit diagonalen Holzbalken und roten Stahlsäulen bleiben offen. Allerdings ist nun in der Mitte ein Hohlraum entstanden, der Tageslicht durch das gesamte Gebäude eindringen lässt.

Am auffälligsten sind die zwei zusätzlichen Stockwerke, die auf der Lagerhalle errichtet wurden. Sie sind für ein Restaurant, Arbeitsplätze und Kurzzeitwohnungen vorgesehen. Diese zusätzliche Bauschicht wird demnächst mit einer champagnerfarbenen „Krone“ aus Aluminium umrahmt.

Traum und Tat

In sechs Monaten, im Januar 2024, werden alle von Stilwerk geplanten Aktivitäten abgeschlossen sein. Doch vor einem Monat entschied sich das deutsche Unternehmen schweren Herzens, die Pläne für das Design-Kaufhaus abzusagen. Kosten und Nutzen geraten in ein Ungleichgewicht.

Droom en Daad wird darauf aufmerksam und plant bereits, einen Teil des Lagers für kulturelle Aktivitäten zu mieten. Die gemeinnützige Stiftung gibt jährlich viele Millionen Euro für Kunst und Kultur in Rotterdam aus. Beispielsweise beteiligte sich die Stiftung am Bau des Depots von Boijmans Van Beuningen und arbeitet an Fenix, einem Migrationsmuseum im Fenixloods II. Die viel diskutierte 4 Meter hohe Skulptur einer jungen Frau vor dem Hauptbahnhof ist ein Geschenk von Droom en Daad.

Birgit Donker, Direktorin des Nederlands Fotomuseum.  Skulptur Vincent Metzel

Birgit Donker, Direktorin des Nederlands Fotomuseum.Skulptur Vincent Metzel

„Droom en Daad hat die Erweiterung unseres Museums im Jahr 2021 mitfinanziert und unterstützt unsere Hall of Fame für niederländische Fotografie“, sagt Birgit Donker. „Wir haben schon seit einiger Zeit mit ihnen über einen Neubau gesprochen.“

Durch die abgesagten Pläne des Design-Kaufhauses Stilwerk ergibt sich plötzlich eine neue Chance. Und so steht Birgit Donker vor knapp einem Monat mit der stellvertretenden Direktorin Laura Dufour von Droom en Daad und blickt auf die in rote Gerüstnetze gehüllte Lagerhalle. „Mit Sonnenbrille, um nicht aufzufallen“, grinst Donker. Ein paar Tage später bekommt sie eine Führung, vom trockengelegten Keller bis zum brandneuen First.

38 Millionen Euro

Das Lagerhaus erweist sich als perfekter Ort für das Museum. Dann geht es schnell. Droom en Daad spendet 38 Millionen Euro an das Nederlands Fotomuseum für den Kauf von Santos und die weitere Ausstattung. In den Jahren 2024 und 2025 wird das Museum eingerichtet: insgesamt neun Stockwerke (einschließlich Keller und neue Stockwerke) für Ausstellungen, ein Depot mit mehr als 6 Millionen Objekten, ein Fotobuchshop und eine Bibliothek sowie ein Restaurant Dach mit Panoramablick auf Rotterdam.

Aber was verlangt Dream and Deed als Gegenleistung für dieses enorme Geschenk? Im Jahr 2019 forderte die Stiftung einen „Sitz am Tisch“ im Museum Boijmans Van Beuningen als Gegenleistung für einen Beitrag von mehreren zehn Millionen Euro für die Renovierung und Erweiterung. Boijmans und die Stadt Rotterdam weigerten sich jedoch, diese Bedingung zu akzeptieren, da sie ihrer Ansicht nach im Widerspruch zu den Regeln für gute Regierungsführung und Aufsicht im Kultursektor steht: Ein Großmäzen darf sich keinen Platz im Aufsichtsrat „kaufen“, was nicht der Fall ist bestimmt die Museumspolitik mit. Das Geschenk an Boijmans scheiterte.

Im Nederlands Fotomuseum gebe es solche Bedingungen nicht, betont Donker. „38 Millionen Euro sind wirklich sehr großzügig, aber dieses Projekt ist viel klarer als die Renovierung von Boijmans.“ Schließlich ist Santos bereits weitgehend fertig, wir können im September 2025 eröffnen. Die einzige Bedingung von Droom en Daad ist, dass wir in Rotterdam bleiben.‘

Spende nach Spende

Nach seinem Tod hinterließ der Amateurfotograf Hein Wertheimer (1913-1997) sein Vermögen von 22 Millionen Gulden (10 Millionen Euro) für die Einrichtung und Unterhaltung eines Fotomuseums. Es war die größte Spende, die jemals eine niederländische Privatperson für einen kulturellen Zweck getätigt hat. Die Schenkung kam überraschend, denn Wertheimer war in der Fotowelt völlig unbekannt. Mehrere Städte wollten das Museum einbauen, und es kam zu einem Kampf zwischen Amsterdam und Rotterdam. Das Museum ist seit 2003 in Rotterdam geöffnet.



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