Fußball ist auch deshalb so wahnsinnig schön und fesselnd, weil an manchen Tagen alles möglich ist. Denn Ärger, Freude, Bewunderung und Angst greifen ineinander wie Glieder einer Kette. Wo ist die Pause? Oder nicht. Manchmal geht es darum, am Rande des Wahnsinns zu balancieren.
Nur diese wilden Köpfe junger Männer vor den Presseständen nach dem 2: 2 und 3: 2 für Ajax an einem Sonntag gegen Feyenoord im Classic. Die totale Befreiung, während eine Katharsis der Wut in ihren Körpern voller Testosteron brodelte. Die Euphorie der späten Wende, vom 1:2 zum 3:2, als ob nur das Eine zählt, Fußball, Ajax. Als ob alles in ihrem Leben in einem Moment der Sorglosigkeit und des orgasmischen Glücks zusammenkommt. Morgen, morgen kann alles wieder dunkel sein, aber heute, heute scheint die Sonne.
Ajax erlebt faszinierende Zeiten in einer Saison, die auf jeden Fall gut für eine vertiefte Bilanz ist. Was dort im fußballerischen Amsterdam passiert. Wie es zum Beispiel mit der Vereinsführung weitergeht, nachdem ein Direktor unangemessene Nachrichten und Fotos an Frauen im Büro verschickt und unehrenhaft gegangen ist. Wie sich das auf das Selbstbewusstsein der Geschäftsführung auswirkt, auf das Vereinsgefühl, auf Stolz, auf interne Beziehungen. Wie das im Großraumbüro für Spannungen sorgt.
Und dann gibt es da noch eine Mannschaft, die langsam ihre Vormachtstellung verliert, wie es im Sport so ist, wie es sein sollte. Ein Team, das sich nach dem Champions-League-Aus über Benficas Poser ärgert, während es im Kampf gegen den Verfall eine schnöde Form der Simulation in entartete Kunst verwandelt hat, mit Dusan Tadic und Antony als Anführer der Comedian-Company. Manchmal ist es unerträglich, was passiert, mit lebensgefährlichem Feuerwerk und Feuer am Sonntag, als Flirt mit dem Schicksal.
Stewards stehen mit einem Feuerlöscher da, um ein loderndes Feuer zu löschen, von anderen Abteilen mit Angst und Zittern betrachtet. Dass die Führung erlaubt, ein lebensgroßes Banner für Carlo Picornie zu entrollen, der vor 25 Jahren in einem Kampf mit Feyenoord-Anhängern in Beverwijk starb, ein Märtyrer also, komm schon, dafür spricht immer noch etwas. Dann das Feuerwerk. Das Banner fängt Feuer, Gefahr bahnt sich an, Rauch zieht einen Gestankvorhang, das Spiel beginnt mit fünf Minuten Verspätung. Schade, dass es möglich ist, dass es erlaubt ist, mit dieser albernen Fixierung auf Feuerwerk. Anhänger sind offenbar der Chef im Hause Ajax.
Am vergangenen Dienstag, vor dem Spiel gegen Benfica, warfen Anhänger auf dem Vorplatz Feuerwerkskörper auf die Bereitschaftspolizei, die den Knüppel auf runde Rücken knallte. Es verlief ohne große Aufregung, denn anscheinend interessiert sich außer den Beteiligten niemand mehr für diese Art von Exzess. Und doch hat die Saison von Ajax auch ihre einzigartigen, wunderbaren Züge, denn Fußball war vor ein paar Monaten geradezu himmlisch schön.
Alle, die nicht für Ajax sind, hoffen auf den tiefen Fall der Arroganz des fußballerischen Big Business. Aber Ajax kämpft und greift mit allen Mitteln. So gesehen war Ajax – Feyenoord unglaublich faszinierend. Trotz allem.