Europameister Puck Pieterse (21) ist ebenso ein Multitalent wie Mathieu van der Poel

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Puck Pieterse letzten Sonntag im Südwesten Polens beim Kampf der Frauen um den europäischen Mountainbike-Titel.Bild AFP

Das schlammige Gesicht ihres Vaters lockte Puck Pieterse einst zum Radsport. Jeden Sonntag machte er einen Ausritt durch den Wald. Das wollte sie als 10-Jährige auch. Nach außen. Spielen. Schmutzig werden. Voller Bravour auf zwei Rädern über Hindernisse hinweg. Jetzt ist sie 21 und seit Sonntag Mountainbike-Europameisterin. Sie zählt zu den Favoritinnen auf den Olympiatitel im nächsten Jahr in Paris. Und dies ist erst ihr erstes Jahr bei den Profis.

Pieterse sticht nicht nur durch ihre Leistung hervor. Sie ist ein Multitalent. Der erste Niederländer mit einem europäischen Mountainbike-Titel. In den vergangenen anderthalb Monaten gewann sie zwei Weltcuprennen in derselben Radsportdisziplin.

Im März machte sie auf der Straße noch Eindruck. Im Strade Bianche, ihrem Debüt auf höchstem Niveau, belegte sie den sechsten Platz. Und einen Monat zuvor gewann sie Silber bei der Cyclocross-Weltmeisterschaft. Aus Freude fuhr sie eins Wheelie (mit dem Vorderrad vom Boden abgehoben) über die Ziellinie. Sie kann dies auch tun, ohne die Hände am Lenkrad zu lassen.

Rote Locken, unbändige Begeisterung. ‚Dein Lieblings-Ingwer, nennt sie sich auf ihrem YouTube-Kanal, der inzwischen mehr als zwölftausend Follower hat. Mit dem Kopf nach unten lädt sie ihre Betrachter ein, mit ihr auf eine Reise zu gehen. Um dann Balken, sanfte Kurven und schmale Wege zu zeigen.

Vor einem Jahr beschloss Pieterse, auf Erkundungstouren eine kleine Kamera mitzunehmen, um vom Motorrad aus Actionaufnahmen machen zu können. „Dann kann ich sehen, welche Linien ich fahren muss, ohne hundert Runden über die Strecke fahren zu müssen“, sagt sie bei einem Anruf aus Val di Sole, Italien, wo sie am kommenden Wochenende ein Mountainbike-Weltcuprennen fahren wird. Dann dachte sie: Warum teile ich die Trainingsaufnahmen, die ich fotografiere, nicht gleich mit anderen? Vielleicht macht es auch anderen Spaß.

Vlogger

Seitdem ist sie nicht nur Radfahrerin, sondern auch Vloggerin. Regelmäßig mit einer Prise Humor. Während eines Weltcup-Rennens in Maasmechelen trat sie durch den örtlichen McDrive, über einen Balken und durch den schmalen Raum zwischen einem Auto und einem Notruftelefon. Inzwischen stehen links die Angaben zu ihrer Wattzahl und ihrem Tacho. „Oh, hungrig, sagen wir mal“, ruft sie, während sie Rad fährt.

Schön finde sie auch, dass das Mountainbiken auf diese Weise sichtbarer werde. Die Leute reagieren, nachdem sie einen Abstieg gesehen haben: „Na ja, ich wusste nicht, dass es so extrem ist.“

Puck Pieterse letzten Sonntag während der Siegerehrung im polnischen Krynica-Zdroj.  Bild ANP / EPA

Puck Pieterse letzten Sonntag während der Siegerehrung im polnischen Krynica-Zdroj.Bild ANP / EPA

Das ‚Ingwer‚ mit dem sie sich selbst beschreibt, nennt sie ‚einen Witz‘. „Natürlich gibt es nicht viele Leute mit roten Haaren.“ Außer in der Familie Pieterse: Dort hat jeder rote Haare. „Und nicht nur die Familie, sondern fast unsere ganze Familie. „Wenn wir die Straße entlanggehen, merkt man sofort, dass wir zusammengehören.“ Sie ist stolz auf ihre Haarfarbe. Sie wurde nie gemobbt.

Auch der sportliche Aspekt verbindet die vierköpfige Familie Pieterse. Ihre zwei Jahre ältere Schwester Isa nahm am Samstag am NK-Straßenradfahren teil. Ihre Mutter fährt fast jeden Tag mit dem Rennrad zur Arbeit: eine Stunde hin und eine Stunde zurück. Ihr Vater nahm seine Töchter schon in jungen Jahren mit auf eine Radtour, woraufhin sie so begeistert waren, dass sie dem Radsportverein in Amersfoort, wo sie leben, beitraten. Puck Pieterse: „Wir waren als Familie noch nie ohne Fahrrad im Urlaub.“

Trainingswissenschaft

Sie studiert Human Movement Sciences an der VU in Amsterdam. Es gelingt ihr, obwohl ihre Radsportkarriere viel schneller voranschreitet als erwartet und immer einen Vorsprung hat. Sie hofft, nächstes Jahr ihren Bachelor-Abschluss zu machen. Dann tat sie es vier Jahre lang. Manchmal kann sie ihr Studium auch auf dem Fahrrad nutzen: Sie muss viele Studien lesen, zum Beispiel über die Entstehung von Verletzungen oder über den Einfluss von Koffein auf die sportliche Leistung. „Das kann mir bei der Entscheidungsfindung helfen.“

Sie ist bei einer Abfahrt sicher nicht die Langsamste im Feld, aber sie ist auch nicht die Schnellste. Das ist der Nachteil, wenn man auf dem Utrechtse Heuvelrug trainiert und dann gegen Konkurrenten antritt, die „Berge im Hinterhof“ haben. Sie haben einen technischen Vorsprung. „Dare bringt mich weit, aber Geschwindigkeit mitzunehmen ist eine andere Geschichte.“ Je mehr sie mit hoher Geschwindigkeit hinabsteige, desto agiler werde sie, denkt sie.

Sie mag die wechselnden Kurse und die Zeit in den Bergen. ‚Es ist herausfordernd. Dein Puls geht auf Maximum und gleichzeitig musst du sicher absteigen. „Diese Art von Einsatz passt auch zu mir.“ Beim Mountainbiken geht es darum, ein paar Minuten zu klettern, sich dann bei einer Abfahrt kurz zu erholen und dann wieder in die Pedale zu treten. Ihr Körper kommt mit diesen intensiven Intervallen gut zurecht.

Kein Risiko kein Spaß

Pieterse mag auch Aufregung. ‚Kein Risiko kein Spaß„, lautet ein geflügeltes Statement in ihrem Freundeskreis voller Radfahrer. Natürlich ist es nicht immer sicher. Denn manchmal fährt man durch die Stadt, aber auch, wenn es mit 100 Stundenkilometern bergab geht. Es ist ein bisschen typisch für den Radfahrer.“

Sie wird regelmäßig mit Mathieu van der Poel verglichen. Zudem vereint er mehrere Radsportdisziplinen und ist auch auf dem Rad technisch äußerst begabt. Sie fahren auch für dasselbe Team, Alpecin-Deceuninck. Aber bei Pieterse gibt es keine wirkliche Wahl. Sie mag die Straße, aber Mountainbiken und Cyclocross stehen immer an erster Stelle. Ihr Ausflug in die Strade Bianche auf der Straße passte zufällig genau in ihren Rennplan. Ihr großes Ziel ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen, nächstes Jahr in Paris, mit dem Mountainbike.

Darüber hinaus denkt sie: „Wir haben bereits so viele gute niederländische Fahrer auf der Straße, es wird bereits so viel gewonnen.“ Ich bin sicher, dass sie mich dort nicht vermissen werden.‘



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