Europäische Kommission will Gewinne von Energiegiganten abschöpfen, um Notenergiekrise zu finanzieren

Europaeische Kommission will Gewinne von Energiegiganten abschoepfen um Notenergiekrise zu


Windmühlen und ein Solarpark bei Rapshagen in Brandenburg. Die Europäische Kommission will den Preis für Strom aus Nichtgaskraftwerken auf maximal 180 Euro pro Megawattstunde begrenzen.Bild AP

Präsidentin Ursula von der Leyen von der Europäischen Kommission kündigte diese Vorschläge am Mittwoch in ihrer jährlichen Rede zur Lage der Union, der europäischen Thronrede, an. Gleich im Anschluss werden sie von den EU-Kommissaren Frans Timmermans (Green Deal) und Kadri Simson (Energie) vorgestellt. Die EU-Länder werden die Gesetzentwürfe Ende dieses Monats im Hinblick auf eine sofortige Annahme erörtern. Regierungen wollen soziale Massenunruhen und Insolvenzen aufgrund explodierender Energierechnungen vermeiden.

Der von den Gas- und Ölproduzenten zu leistende „Solidaritätsbeitrag“ basiert auf ihren Gewinnen der vergangenen drei Jahre zuzüglich einer zusätzlichen Gewinnspanne von 20 Prozent. Ab dem 1. Dezember werden 33 Prozent aller Gewinne, die sie obendrein machen, abgesahnt. Die Einnahmen aus dieser Abgabe werden auf 20 bis 30 Milliarden Euro geschätzt. Die Kommission hält die Abgabe für gerechtfertigt, weil Unternehmen wie Shell und BP von den gestiegenen Energiepreisen profitieren.

Gleiches gilt für Solar-, Wind-, Atom- und Wasserkraftwerke: Ihre Produktionskosten sind nicht gestiegen, aber sie erhalten einen Spitzenpreis für ihre Energie, weil das immer teurer werdende Gas den Endstrompreis bestimmt. Die Kommission schlägt vor, diesen Nichtgaskraftwerken maximal 180 Euro pro Megawattstunde zu zahlen. In den letzten Wochen schwankte der Strompreis am Markt zwischen 300-400 Euro pro Megawattstunde.

Die Maximierung des Preises für Strom aus Nicht-Gas-Kraftwerken spart Verbrauchern und Unternehmen letztlich mehrere Milliarden Euro. Obwohl die Solar- und Windstromproduzenten einfach den höheren Marktpreis für Strom erhalten – die Kommission will diesen Marktmechanismus vorerst nicht angehen – müssen sie alles abgeben, was sie über 180 Euro pro Megawattstunde hinaus erhalten. Dieses Geld wird an Bürger und Unternehmen weitergegeben.

Nach Schätzungen der Kommission handelt es sich um eine Umverteilung von 60 (vorsichtig geschätzt) auf 117 Milliarden Euro. Wie bei den Erlösen aus dem Solidaritätsbeitrag für fossile Energieunternehmen bestimmen die Mitgliedstaaten, wie diese Gelder verteilt werden. Die Niederlande wollen einen Sonderfonds einrichten, um insbesondere schutzbedürftigen Gruppen von Bürgern und Unternehmen zu helfen.

Dabei handelt es sich um vorübergehende Notmaßnahmen, betont die Kommission. Gewinnabschöpfung und Preismaximierung gelten grundsätzlich für ein Jahr. Dann wird geprüft, ob eine Ausweitung der Maßnahmen erforderlich ist.

Die Mitgliedstaaten müssen die Stromnachfrage um 10 Prozent senken

Das Notfallpaket beinhaltet auch eine Verpflichtung für die Mitgliedsstaaten, die Spitzenstromnachfrage um 5 Prozent zu reduzieren. Dadurch wird weniger (teures) Gas benötigt, um den benötigten Strom zu erzeugen. Die Mitgliedstaaten werden außerdem aufgefordert, den Gesamtstromverbrauch (einschließlich des Anteils während der Spitzenzeiten) um 10 Prozent zu senken.

Die Kommission wird erst später einen Vorschlag für eine allgemeine Preisobergrenze für Gas vorlegen. Eine große Gruppe von Mitgliedstaaten, hauptsächlich aus dem Süden, drängte auf Dringlichkeit, aber die Kommission befürchtet (wie die Niederlande und Deutschland), dass eine solche Preisobergrenze für Gas in diesem Winter zu Energieknappheit in Europa führen wird. EU-Kommissar Simson (Energie) warnte letzte Woche davor, dass Lieferanten von LNG (Flüssiggas) zu einem gedeckelten EU-Preis zu Kunden in anderen Teilen der Welt umleiten könnten. Die EU braucht jetzt mehr LNG denn je, um den Verlust von russischem Gas auszugleichen.

Zuvor wurde bereits eine Preisobergrenze für russisches Gas, das über Pipelines nach Europa gelangt, ad acta gelegt. Einige Mitgliedstaaten (Ungarn, Slowakei), die stark von Gas aus Russland abhängig sind, befürchten, dass Moskau bei einer solchen Preisobergrenze den Gashahn komplett zudreht. Russlands Präsident Wladimir Putin droht damit. Der Export von russischem Gas nach Europa ist bereits seit dem Einmarsch in die Ukraine stark zurückgegangen: Früher kamen 40 Prozent der europäischen Gasimporte aus Russland, jetzt sind es etwa 9 Prozent. Dieser Gasfluss soll im nächsten Jahr fast vollständig eingestellt werden.



ttn-de-23

Schreibe einen Kommentar