EU-Gesetz zum Schutz von Kindern beunruhigt Experten über Privatsphäre: „Es ist Wahnsinn“

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Ein Mann hinter seinem Computer mit Webcam (Bild zur Veranschaulichung).Bild Roos Koole / ANP

Der Gesetzentwurf der Europäischen Kommission zielt darauf ab, Kindesmissbrauch im Internet zu bekämpfen, ein Ziel, das jeder Politiker befürworten wird. Dennoch ist der Vorschlag umstritten: bereits zweimal eine Mehrheit des Repräsentantenhauses wandte sich dagegenDenn die nötige Technik würde die Europäer beispielsweise auf WhatsApp ständig überwachen. In beiden Fällen äußerte der Minister für Justiz und Sicherheit Dilan Yeşilgöz-Zegerius (VVD) diese Kritik unten neben ihm. Auch das Child Pornography Reporting Center ist der Ansicht, dass es sich bei dem Gesetzentwurf um einegroßer Verstoß‚ bezieht sich auf die Privatsphäre des Benutzers.

Am Mittwochabend traten Mitglieder des Abgeordnetenhauses des Ausschusses für digitale Angelegenheiten in Gespräche mit Experten aus IT-Recht und Cybersicherheit, um die Position des Abgeordnetenhauses zu untermauern. Der Zeitpunkt ist wichtig: Nächste Woche wird der Europäische Rat der Justizminister, darunter Yeşilgöz-Zegerius, über den Gesetzentwurf zusammenkommen.

Über den Autor
Frank Rensen ist Wissenschaftsjournalist und schreibt für de Volkskrant über Technik. Er studierte Astronomie in Leiden.

Kern des Gesetzentwurfs ist die Umgehung der sogenannten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Diese Form der Verschlüsselung, die beispielsweise WhatsApp und Signal verwenden, stellt sicher, dass nur der Absender und der Empfänger einer Nachricht diese sehen können. Für die Ermittlungsbehörden ist das problematisch, es schließt sie zudem von Ermittlungen wegen Kindesmissbrauchs aus.

Clientseitiges Scannen

Eine andere Technologie, Clientseitiges Scannen ist laut EU-Kommission die Lösung: Sollte der Vorschlag umgesetzt werden, können die Europäer mit einem WhatsApp-Update rechnen, bei dem eine intelligente Scan-Software vollautomatisch prüft, ob versendete Nachrichten Kinderpornografie enthalten. Sobald der Scanner ein Foto als schädlich erkennt, sendet er automatisch eine Kopie des Fotos an Europol, wo sich ein Mensch um die Bearbeitung kümmert. Unabhängig von seinem Urteil verbleibt die Nachricht in einer noch zu erstellenden Europol-Datenbank.

„Es ist, als ob alle Hunderte Millionen Europäer eine Kamera in ihrem Zuhause bekämen, die sich einschaltet, sobald sie glauben, das Geräusch häuslicher Gewalt wahrgenommen zu haben“, sagte Jaap-Henk Hoepman, außerordentlicher Professor für Privatsphäre an der Radboud-Universität Nijmegen. am Mittwochabend. Obwohl die Aufdeckung von Kindesmissbrauch unbestreitbar wichtig ist, hält er den Gesetzentwurf für unverhältnismäßig.

Die Aktivierung automatischer Software ist riskant, weil sie nie perfekt ist: Gelegentlich wird ein Foto eines Enkelkindes in der Badewanne an die Oma als Kinderpornografie gekennzeichnet. „Täglich werden viele Millionen WhatsApp-Nachrichten verschickt.“ „Selbst wenn der Scanner also nur eine von zehntausend Nachrichten fälschlicherweise als schädlich identifiziert, etikettiert er immer noch unzählige Menschen fälschlicherweise als Anbieter von Kinderpornografie“, sagte der IKT-Experte Bert Hubert am Mittwochabend im Digital Affairs Committee.

Alternativen

Laut Hubert könne ein Scanner ohne Kenntnis des Kontextes eines Gesprächs unmöglich abschätzen, ob es sich bei einem Foto überhaupt um Kinderpornografie handele. Dieser Kontext wird fehlen, da nur die vorgesehenen Nachrichten an Europol gehen. Beispielsweise kann ein Foto eines teilweise nackten Minderjährigen tatsächlich Kinderpornografie sein, es könnte sich aber auch um ein Foto des Freundes oder der Freundin einer anderen Person handeln, das mit Erlaubnis weitergegeben wird. „Der Gesetzentwurf sieht sogar vor, einzelne Nachrichten als Kinderpornografie zu kennzeichnen.“ Es ist Wahnsinn“, sagte Hubert.

Nach Ansicht der Experten muss zwar etwas getan werden, um den Online-Kindesmissbrauch zu bekämpfen, aber dieser Gesetzentwurf ist nicht der richtige Weg. „Denken wir über Alternativen nach“, sagte Frederik Zuiderveen Borgesius, Professor für IKT und Recht an der Radboud-Universität. „So soll es zum Beispiel Kindern erleichtert werden, direkt mit Betreuungsanbietern in Kontakt zu treten, sobald sie sich online unsicher fühlen.“



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