Das einzige Tor war eine Co-Produktion von Lidewij Welten, der Spielerin, die den entscheidenden Elfmeter schoss, und Torjägerin Frédérique Matla. Sie erfinden es nicht, aber es ist wirklich wahr: Welten war früher Matlas Babysitter in Valkenswaard.
Eine weitere herausragende Rolle spielte Marloes Keetels, die Spielerin, die in Orange seit 83 Spielen in Folge ungeschlagen ist. Der Spieler aus Den Bosch, der sich nach der WM verabschieden wird, spielte im Mittelfeld wie ein Prinz. Die Niederlande haben ohnehin ihr bestes WM-Spiel abgeliefert.
Marloes Keetels (m.)
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Unmöglich möglich
Eigentlich ist es gar nicht möglich, aber es ist trotzdem passiert. Das Team, das aufgrund aller Wechselfälle um die gefeuerte Nationaltrainerin Alyson Annan die schlechteste Vorbereitung aller Zeiten hatte, erreichte zum dreizehnten Mal in der Geschichte den Endkampf einer Weltmeisterschaft.
Und das im dem Untergang geweihten Estadi Olimpic de Terrassa. Dort, in der unansehnlichen Industriestadt nahe Barcelona, hatte das niederländische Eishockeyland die schlimmsten Olympischen Spiele aller Zeiten. Die Männermannschaft fiel mit einem vierten Platz nur knapp am Podest vorbei, die Orangen-Damen von Roelant Oltmans, gespalten durch Querelen, wurden nur Sechste.
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Orange gab in der Anfangsphase, in der das Tempo nicht sehr hoch war, den Ton an. Auf dem himmelblauen Kunstrasenplatz war es tropisch warm. Die erste Chance des Spiels bot sich nach vier Minuten, als Felice Albers über rechts durch die australische Abwehr schoss und Maria Verschoor im engen Kreis fand. Dem Schuss des Stürmers fehlte die Kraft.
Kurz vor Ende des ersten Viertels bekam Laurien Leurink grünes Licht, doch trotz der zahlenmäßigen Unterzahl hatten die Niederlande weiterhin die offensivsten Absichten. Daraus ergab sich die zweite Chance: Albers hatte es wieder auf der Hüfte und lieferte den Ball nun an Marloes Keetels ab. Ihre Anstrengung ging weit. Bei der dritten Gelegenheit des Titelverteidigers kam die Gefahr von links, doch Lidewij Welten traf auf Jocelyn Bartram.
Freeke Moes im Einsatz gegen Australien.
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Neun Strafecken
Obwohl die Orange-Abwehr alles in Ordnung hatte, gab eine Unachtsamkeit aus heiterem Himmel von Margot van Geffen den „Aussies“ eine Chance, aber Ambrosia Malone schoss mit ihrer Rückhand über das Tor. Die Niederlande dominierten, bekamen nach einer tollen Aktion von Freeke Moes eine Elfmeterecke, die einfach nicht zum verdienten Führungstreffer führte. Bartram hingegen hatte Mühe, den Drag-Push von Yibbi Jansen aus ihrem Tor zu bringen.
Es war klar, dass Orange, das in Schwarz operierte, dominierte. Kurz nach der Pause hätte die Mannschaft punkten und Abstand nehmen müssen, wären da nicht neun (!) Strafecken für die Nummer 1 der Welt gewesen. Eva de Goede hatte dann das 1:0 auf ihrem Stock, sah aber, wie Bartrams Verlängerungsbein einen Strich durch die Rechnung machte. Der Torwart der „Hockeyroos“ spielte eine Heldenrolle.
Frederique Matla.
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Babysitter Welten
Das Orange-Tor war jedoch unvermeidlich. Und das geschah genau dann, als das Team nach dem Bombardement der Strafecke gerade langsamer wurde. Aber Frédérique Matla schickte Welten in die Tiefe und dann passierte allerhand. Zuerst wurde Matla von Bartram zu Boden gefegt, was normalerweise bedeutete, dass der Ball auf den Punkt gebracht werden musste.
Doch Laurine Deforge, die Schiedsrichterin aus Belgien, versäumte dies und gab eine Elfmeterecke. Das Seltsame war, dass kein Orange-Spieler die ‚var‘ konsultieren wollte. Danach ist alles egal, denn Matla schleppte die elfte Strafecke fehlerlos ins Regal. Es war Matlas erster genutzter Eckball, zugleich ihr drittes Turniertor. Witzig: Welten war früher das Kindermädchen des Torschützen.
Geburtstag
Australien spielte alles oder nichts, verschenkte viel Platz, davon profitierten die Orangen aber nicht. In letzter Minute bekamen die „Aussies“ eine zweite Ecke, die aber von Welten überrollt wurde. Das Erreichen des letzten Platzes an ihrem 32. Geburtstag war ein passendes Geschenk.
Die Orange-Mannschaft trifft am Sonntagabend (21:30 Uhr) im Finale auf Argentinien. Die südamerikanische Mannschaft besiegte Deutschland im anderen Halbfinale nach Elfmeterschießen. Die reguläre Spielzeit brachte keinen Sieger hervor und endete 2:2. Der Endkampf bei der WM ist eine Wiederholung des olympischen Finales in Tokio. Damals besiegten die Niederlande im Oi-Hockeystadion Argentinien mit 3:1.